Im Einkommensteuerrecht vortragsfähige Verlustabzüge aus früheren Jahren (§ 10d EStG) mindern nicht die Einkünfte im Sinne des § 53a Abs. 6 BeamtVG 1998 (bzw. § 53 Abs. 7 BeamtVG).

Einer versorgungsrechtlichen Berücksichtigung des steuerlich nach § 10d Abs. 4 EStG ermittelten Verlustvortrags im Rahmen des § 53a BeamtVG a. F. stehen Strukturprinzipien des Versorgungsrechts entgegen.
Der Vorschrift des § 53a BeamtVG a. F. (bzw. § 53 BeamtVG) liegt der Grundsatz des Zuflussprinzips zugrunde. Grundsätzlich ist für die Frage, welche Beträge wann als Erwerbseinkommen berücksichtigt werden können, der Zeitpunkt entscheidend, zu dem dem Berechtigten das entsprechende Einkommen zugeflossen ist [1]. Anzusetzen ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit das monatliche Erwerbseinkommen, bei den anderen Einkunftsarten das Erwerbseinkommen des Kalenderjahres geteilt durch 12 Kalendermonate (§ 53a Abs. 6 Satz 2 BeamtVG a. F.; vgl. auch § 53 Abs. 7 Sätze 4 und 5 BeamtVG). Der Wortlaut des § 53a BeamtVG a. F. stellt demnach eine inhaltliche und zeitliche Verknüpfung her zwischen dem Beziehen von Erwerbs- oder Ersatzeinkommen und dem dadurch bewirkten Ruhen von Versorgungsbezügen [2].
Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die typischerweise nicht monatsbezogen erzielt, sondern im jährlichen Steuerbescheid als Jahreseinkünfte festgesetzt werden, ist demnach kraft Gesetzes vorgesehen, dass diese Einkünfte jahresbezogen ermittelt werden und im Rahmen der Ruhensberechnung verteilt auf die zwölf Kalendermonate des jeweiligen Jahres in Ansatz zu bringen sind. Es sind demnach die Jahreseinkünfte zugrunde zulegen, die aus den jahresbezogenen Gewinnen und Verlusten ermittelt werden. Dies schließt eine den Gewinn eines bestimmten Geschäftsjahres mindernde Berücksichtigung von Verlusten aus vorangegangenen Jahren aus [3].
Das Zuflussprinzip steht im vorliegenden Fall einer gewinnmindernden Berücksichtigung des Verlustabzugs entgegen. Denn der von der Wehrbereichsverwaltung West in der Ruhensberechnung abgezogene Verlustvortrag für die Einkünfte der Beamtin (einer Medizinaldirektorin bei der Bundeswehr) aus Gewerbebetrieb beruht auf Verlusten in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen. Demnach sind in dem hier streitigen Jahr nicht tatsächlich Verluste in dieser Höhe entstanden. Vielmehr beruht der vom Finanzamt ermittelte Verlustvortrag auf Verlusten, die bereits in früheren Geschäftsjahren angefallen und gewinnmindernd berücksichtigt worden sind.
Gegen eine Berücksichtigung des Verlustvortrags spricht auch das dem Alimentationsprinzip zugrunde liegende Bruttoprinzip. Maßgeblich für die Anrechnung von Einkommen des Versorgungsempfängers sind die Bruttoeinkünfte [4]. Hiermit steht es nicht im Einklang, wenn das Erwerbseinkommen durch die steuerliche Gestaltungsmöglichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG gemindert wird. Die Möglichkeit des Verlustabzugs verfolgt rein steuerliche Zielsetzungen [5].
Einer Minderung des Erwerbseinkommens durch Abzug eines Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG steht auch der § 53 BeamtVG a. F. bzw. § 53 BeamtVG zugrunde liegende Gesetzeszweck des Vorteilsausgleichs entgegen. Danach ist der Gesetzgeber berechtigt, die Anrechnung desjenigen Einkommens auf die grundsätzlich ohne Rücksicht auf das Vermögen und sonstiges Einkommen des Beamten zu zahlenden Versorgungsbezüge anzuordnen, das ein Ruhestandsbeamter nur deshalb durch den Einsatz seiner Arbeitskraft erzielen kann, weil seine Dienstleistungspflicht vorzeitig weggefallen ist [6].
Dieser Gesetzeszweck des Vorteilsausgleichs würde nicht erreicht, wenn Verluste aus vorangegangenen Veranlagungsjahren auf das Veranlagungsjahr umgelegt würden, in dem sie tatsächlich nicht entstanden sind. Die Tatsache, dass die Klägerin in den vorangegangenen Jahren aus ihrem Gewerbebetrieb Verluste erlitten hat, kann ihrem Dienstherrn nicht in dem Sinne angelastet werden, dass er im hier maßgeblichen Jahr 2003 tatsächlich erwirtschaftete Gewinne der Klägerin nicht abschöpfen kann. Diese Verluste sind bereits in früheren Geschäftsjahren gewinnmindernd berücksichtigt worden. Der Dienstherr ist nicht verpflichtet, den Versorgungsempfänger im Rahmen der Ruhensberechnung durch Verminderung aktueller Gewinne um die Verluste früherer Geschäftsjahre zu entlasten und sich damit letztendlich an dem unternehmerischen Risiko zu beteiligen [7]. Dieses dem unternehmerischen Risiko entgegenkommende steuerrechtliche Instrument des Verlustabzugs nach § 10d EStG hat ersichtlich keinen Einfluss auf die der Klägerin in 2003 zugeflossenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 41.713, – EUR, die der Anrechnung zugrunde gelegt wurden [8].
Für diese Einschätzung spricht schließlich auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.2012 [9], wonach eine Einmalzahlung (Kapitalabfindung), die anstelle monatlicher Gehaltszahlungen mehrere Jahre nach Beginn der Erwerbstätigkeit ausbezahlt wird, für die Anrechnung nach § 53 Abs. 1 SVG (= § 53 Abs. 1 BeamtVG) anteilig auf den Zeitraum bis zur Auszahlung umzulegen ist. Der Gesetzeszweck des Vorteilsausgleichs – so das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung – würde nicht erreicht, wenn verdeckte Gehaltszahlungen nicht auf den Zeitraum umgelegt würden, den sie erfassen sollen. Versorgungsempfänger könnten durch die Vereinbarung von Einmalzahlungen anstelle monatlicher Gehaltszahlungen die Anrechnung verringern oder ganz vermeiden. Es hat deshalb verdeckte Gehaltszahlungen als schon vor ihrem tatsächlichen Zufluss bezogene Einkünfte auf die Jahre angerechnet, in denen jener Kläger die tatsächlichen Arbeitsleistungen erbracht hatte [10].
Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage der versorgungsrechtlichen Berücksichtigung negativer Einkünfte, kommt es für die Ruhensberechnung nicht auf in früheren Geschäftsjahren entstandenen Verluste an.
Ist der nach § 10d EStG ermittelte Verlustvortrag hier demnach nicht zu berücksichtigen, weil er vergangene Jahre betrifft, ist das Vorbringen der Klägerin, es müsse ein höherer Verlustvortrag abgezogen werden, unbeachtlich. Ihre Einwände, der nach § 10d EStG ermittelte Verlustvortrag beruhe auf einer Zusammenveranlagung mit ihrem Ehemann gemäß §§ 26, 26b EStG und auf Verrechnungen mit positiven Einkünften, die nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 EStG fielen, gehen nach alledem ins Leere. Dasselbe gilt für den Vortrag der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht auf die Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide und eine „Doppelsubventionierung“ im Hinblick auf die steuerrechtliche Zusammenveranlagung der Ehegatten hingewiesen und einen kaum zu bewältigenden Mehraufwand angenommen, wenn die Dienstherrin eine eigene Berechnung des Verlustvortrags vornehmen müsse.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juli 2014 – 5 LB 199/13
- vgl. auch Hess. VGH, Beschluss vom 20.04.2009 – 1 A 2606/08 5; Nds. OVG, Urteil vom 08.07.2014 – 5 LB 68/13[↩]
- vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – BVerwG 2 C 18.10 21[↩]
- so auch OVG Saarl., Beschluss vom 16.09.2009, a. a. O., Rnrn. 16 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2010 – 23 K 7988/08 18; VG Frankfurt, Urteil vom 12.04.2010 – 9 K 114/10.Fn. 26, 33[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 31.05.2012, a. a. O., Rn. 27[↩]
- Plog/Wiedow, BBG, Bd. 2 BeamtVG, Stand: Mai 2014, § 53 BeamtVG Rnrn. 141, 144, 147; vgl. auch VG Regensburg, Urteil vom 12.12.2001 – RO 1 K 01.1355n. 15, 17; VG München, Urteil vom 30.01.2007 – M 5 K 05.272819[↩]
- BVerwG, Urteil vom 28.06.2012, a. a. O., Rn. 21; Urteil vom 31.05.2012, a.a.O., Rn. 23 zu § 53 SVG; Nds. OVG, Urteil vom 08.07.2014, a. a. O.[↩]
- VG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2010, a. a. O., Rn. 18[↩]
- vgl. zum Ganzen auch VG Regensburg, Urteil vom 12.12.2001, a. a. O., Rn. 17; VG Kassel, Urteil vom 20.05.2008 – 1 E 1159/0720; VG Würzburg, Urteil vom 22.11.2005 – W 1 K 05.174 24[↩]
- BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – 2 C 18.10[↩]
- BVerwG, a. a. O., Rn. 24[↩]