Ehrenamtliche Richter – und ihre Mitwirkung am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren

„Mitgewirkt“ an dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren im Sinne des § 54 Abs. 2 VwGO hat nicht nur derjenige, der die angefochtene Entscheidung getroffen hat; es kann, je nach den Umständen, etwa auch eine beratende Tätigkeit oder eine Beteiligung als Verhandlungsführer genügen.

Ehrenamtliche Richter – und ihre Mitwirkung am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren

Maßgebend für das Vorliegen einer „Mitwirkung“ im Sinne von § 54 Abs. 2 VwGO ist vor allem das Maß des Einflusses, den der (ehrenamtliche) Richter schon während des Verwaltungsverfahrens in amtlicher Eigenschaft auf die angefochtene Entscheidung genommen hat1.

Zwar ist danach im Rahmen des § 54 Abs. 2 VwGO eine weite Auslegung des Gesetzes geboten. Denn die Vorschrift will ganz allgemein das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Verwaltungsgerichte schützen. Es soll deshalb kraft Gesetzes ausgeschlossen sein, dass ein Richter den Rechtsstreit entscheidet, dessen Mitwirkung dem Einwand ausgesetzt sein könnte, er habe sich bereits in der Sache festgelegt und könne seine richterliche Entscheidung nicht mehr mit der gebotenen Objektivität treffen, weil er vor der Übernahme des Richteramts an der im Verwaltungsverfahren getroffenen Entscheidung mitgewirkt bzw. auf sie bestimmenden Einfluss genommen hat2.

Andererseits ist der Anwendungsbereich des § 54 Abs. 2 VwGO dadurch beschränkt, dass eine Einflussnahme oder Mitwirkung im konkreten Verfahren des betroffenen Antragstellers stattgefunden haben muss. Maßgeblich ist insoweit, ob der in Rede stehende (ehrenamtliche) Richter auf Art und/oder Umfang oder auf den Inhalt der im konkreten Verfahren ergangenen Entscheidung Einfluss genommen hat3.

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Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines (ehrenamtlichen) Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Grundes sind erfüllt, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis haben kann, der Richter werde in seiner Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt; insoweit genügt schon der „böse Schein“4.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. Januar 2018 – 1 WB 13.17

  1. BVerwG, Beschlüsse vom 11.08.2008 – 1 WB 39.08, 1 WB 40.08, 1 WB 41.08, 1 WB 44.08 und 1 WB 45.08, Rn. 6; und vom 21.06.2012 – 1 WB 42.11, Rn. 7 jeweils m.w.N.[]
  2. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 08.02.1977 – 5 C 71.75, BVerwGE 52, 47, 48; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl.2017, § 54 Rn. 8[]
  3. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2012 – 1 WB 42.11, Rn. 8 m.w.N.[]
  4. BVerwG, Beschlüsse vom 06.03.2008 – 1 WB 41.07; und vom 21.06.2012 – 1 WB 42.11, Rn. 11[]