Zur Feststellung eines Abschiebungsverbots ist eine Extremgefahr erforderlich. Diese ist bei Kleinkindern, die aus Europa nach Nigeria zurückkehren, allein aufgrund der Malariagefahr nicht gegeben.

Mit dieser Begründung hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem hier vorliegenden Fall ein Abschiebeverbot verneint und damit gleichzeitig das anderslautende Urteil des Verwaltungsgerichts Münster abgeändert. 2018 reiste die im Juni 2017 in Italien geborene Klägerin mit ihrer Mutter nach Deutschland ein. Den für sie gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ab und stellte dabei fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Das Verwaltungsgericht Münster [1] hat der hiergegen erhobenen Klage teilweise stattgegeben und die Bundesrepublik verpflichtet, zugunsten der Klägerin ein Abschiebungsverbot wegen der drohenden Malariagefahr festzustellen. Dagegen hat das Bundesamt Berufung eingelegt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen habe die im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung mehr als zweieinhalbjährige Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Die allgemein drohende Gefahr einer Malaria-Erkrankung sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Zwar sei Nigeria ganzjährig und flächendeckend ein Hochrisikogebiet für Erkrankungen an Malaria, die unbehandelt einen schweren bis tödlichen Verlauf nehmen könne. Kinder bis zu fünf Jahren seien wegen der noch nicht vollständigen Ausbildung ihres Immunsystems besonders gefährdet. Auch verfügten in Europa geborene und aufgewachsene Kinder nicht über eine Teilimmunität, die ansonsten in der Kindheit erworben werde und einen gewissen Schutz gegen einen schweren, gegebenenfalls zum Tode führenden Verlauf der Malaria bewirke. Dies führe für aus Europa nach Nigeria zurückkehrende Kleinkinder jedoch nicht zur Annahme einer Extremgefahr, die für die Feststellung eines Abschiebungsverbots hier erforderlich sei.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Gefahr, sich mit Malaria zu infizieren und daran zu sterben oder einen schweren Gesundheitsschaden davonzutragen, auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse nach Art, Ausmaß und Intensität bewertet. Schon die Sterblichkeitsrate von Kleinst- und Kleinkindern weise danach nicht auf eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende extreme Gefahrenlage. Zudem seien verschiedene risikosenkende Faktoren zu berücksichtigen. So stünden nach Nigeria zurückkehrenden Familien generell Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung, wie etwa die Verwendung von imprägnierten Moskitonetzen. Im Alter der Klägerin gehe die Sterblichkeitsrate bei Kleinkindern signifikant zurück.
Auch sei es ihrer Mutter zuzumuten, die Klägerin noch in Deutschland gegen verbreitete Infektionskrankheiten impfen zu lassen, sich mit ihr in den urbanen Zentren im Süden Nigerias anzusiedeln und sie durch Vorsorgemaßnahmen vor einer Malariainfektion zu schützen.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. März 2020 – 19 A 4470/19.A
- VG Münster – 5 K 1171/19.A[↩]
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