Die Festsetzung der Kosten der Tätigkeit des Rechtsanwalts setzt eine Tätigkeit als Bevollmächtigter im Verfassungsbeschwerdeverfahren voraus.

Ohne eine wirksame Bevollmächtigung besteht kein Anspruch auf die Erstattung von Anwaltskosten gegen den Kostenschuldner.
Die Verfahrensvollmacht, durch die rechtsgeschäftlich die Vertretungsmacht für das verfassungsgerichtliche Verfahren begründet wird, muss, um wirksam zu sein, den Anforderungen des § 22 Abs. 2 BVerfGG genügen. Der das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beherrschende Grundsatz der Offizialmaxime erfordert, dass das Gericht das Vorliegen einer Vollmacht von Amts wegen nachprüft1. Das Vorliegen der Vollmacht ist zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung für die beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemachten Anträge2. Sie muss bis spätestens in der mündlichen Verhandlung vorliegen3. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bedarf die Vollmacht zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Sie muss dem Gericht vom Beteiligten unterzeichnet im Original übersandt werden4. Erforderlich ist ferner, dass die Vollmacht nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG erkennen lässt, dass sie sich konkret auf das betriebene verfassungsgerichtliche Verfahren bezieht. Prozesshandlungen, die durch einen nicht wirksam bevollmächtigten Vertreter vorgenommen wurden, sind unwirksam5.
Die Verfassungsbeschwerde wurde vom Zweiten Bundesverfassungsgericht – in Ermangelung einer durch den Betroffenen der Fixierungsmaßnahme ausgestellten Vollmacht – dahingehend ausgelegt, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Verfahrenspfleger im eigenen Namen Rechte des von der Fixierung Betroffenen geltend macht, obgleich er in der Verfassungsbeschwerde ausführte, diese auch „für den Betroffenen“ zu erheben, was ohne Vollmacht unzulässig gewesen wäre. Dass auch der demnach als Beschwerdeführer geführte Verfahrenspfleger sich einer anwaltlichen Vertretung bedienen wollte, ging aus der Verfassungsbeschwerde nicht hervor.
Eine Vollmachtsurkunde, mit der Rechtsanwalt … bevollmächtigt wurde, ist nicht aktenkundig. Eine konkludente Vollmacht, etwa durch Dulden des Auftretens während der mündlichen Verhandlung, genügt nicht den Anforderungen des § 22 Abs. 2 BVerfGG. Über diese gesetzlichen Anforderungen kann sich das Bundesverfassungsgericht nicht hinwegsetzen. Dass Rechtsanwalt … im Verhandlungsprotokoll als Bevollmächtigter genannt wurde und sich in der mündlichen Verhandlung zu Wort meldete, reicht angesichts der strikten Formerfordernisse des § 22 Abs. 2 BVerfGG nicht für den Nachweis der Bevollmächtigung aus.
Hieran ändert auch das Schreiben des Beschwerdeführers, in dem auf die Ladung des Bundesverfassungsgerichts hin mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer sowie Rechtsanwalt … an der Verhandlung teilnehmen würden, letzterer aber ohne weitere Erklärung neben dem Beschwerdeführer im Rubrum des Schriftsatzes als „Verfahrensbevollmächtigter“ bezeichnet wurde, nichts. Denn dieses Schreiben genügt nicht den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 BVerfGG. Schon die äußere Form spricht dagegen, das Schreiben als Vollmachtsurkunde anzusehen, weil es ersichtlich nur dem Zweck diente, dem Bundesverfassungsgericht mitzuteilen, wer an der Verhandlung teilnehmen werde, ohne dass ein darüberhinausgehender Erklärungswert zweifelsfrei aus ihm hervortrat. Zudem wird durch die bloße Nennung des Namens des Rechtsanwalts … neben dem Namen des Beschwerdeführers in der Rubrik „Verfahrensbevollmächtigte“ ohne weitere Ausführung dazu, ob und wen Rechtsanwalt … im Verfahren vertreten solle – den Beschwerdeführer oder den Betroffenen der Maßnahme, keine wirksame Bevollmächtigung dokumentiert.
Weil demnach bis zur mündlichen Verhandlung keine Vollmacht vorgelegt wurde, ist Rechtsanwalt … in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht als Bevollmächtigter aufgetreten. Dementsprechend wurde er auch nicht im Rubrum des Urteils und des Gegenstandswertfestsetzungsbeschlusses als Bevollmächtigter aufgeführt.
Ein vorheriger Hinweis auf das Fehlen der Vollmacht unter Setzung einer Frist für die Vorlage6 war in dem Verfahren nicht angezeigt. Zwar entspricht es der Praxis des Gerichts, für die Nachreichung einer Vollmacht eine Frist zu setzen und erst wenn dem Mangel der Vollmacht nicht abgeholfen wird, einen Antrag als unzulässig anzusehen beziehungsweise eine Verfassungsbeschwerde als nicht wirksam erhoben nicht zur Entscheidung anzunehmen. Dies galt vorliegend indes nicht, denn der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde selbst wirksam erhoben. Von der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts … hing der Ausgang des Verfahrens demnach nicht ab. Dieser ist im schriftlichen Verfahren nie aufgetreten. Auch bei der mündlichen Verhandlung konnte die wirksame Bevollmächtigung des Rechtsanwalts … dahinstehen, denn der Beschwerdeführer konnte sich als Rechtsanwalt gemäß § 22 Abs. 1 BVerfGG selbst vertreten. Dass Rechtsanwalt … sich mit Wortbeiträgen meldete, legt zwar eine verfahrensrechtliche Stellung nahe, bedingt sie aber nicht.
Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer und Rechtsanwalt … zugelassene Rechtsanwälte sind, ist es auch nicht unbillig, sie auf die strikten Wirksamkeitsanforderungen des § 22 Abs. 2 BVerfGG, deren Kenntnis ihnen zugemutet werden kann, zu verweisen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. September 2019 – 2 BvR 309/15
- vgl. BVerfGE 1, 433, 436[↩]
- vgl. BVerfGE 62, 194, 200[↩]
- vgl. BVerfGE 3, 19, 22[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.05.2016 – 2 BvR 890/16, Rn. 15; Beschluss vom 06.08.2014 – 2 BvR 1340/14, Rn. 9; Lenz/Hansel, BVerfGG, § 22, Rn. 16, 2. Aufl.2015; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 22, Rn. 8, 8. Aufl.2019[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.12 2012 – 1 BvR 2620/11; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 22, Rn. 11, 8. Aufl.2019[↩]
- vgl. dazu BVerfGE 62, 194, 200[↩]
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