Stuttgarter Erschließungsbeiträge

Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart wollte mit einer Änderung Ihrer Erschießungsbeitragssatzung ihren Eigenanteil auf 5% der jeweils anfallenden Erschließungskosten absenken. Zu Unrecht, wie jetzt das Verwaltungsgericht Stuttgart entschied, dass jetzt die Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 07.12.2006 auf Grund einer fehlenden Abwägungsentscheidung des Gemeinderates zur Festlegung des gemeindlichen Eigenanteils insgesamt als nichtig einstufte. Damit gaben die Stuttgarter Verwaltungsrichter der Klage eines Stuttgarter Grundstückseigentümers gegen einen Bescheid der Landeshauptstadt vom 16.04.2007 statt, mit dem diese von ihm eine Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag in Höhe von ca. 8.700 € gefordert hatte.

Stuttgarter Erschließungsbeiträge

Die Erschließungsbeitragssatzung der Landeshauptstadt Stuttgart sieht vor, dass die Stadt einen Anteil von 5% der Erschließungskosten trägt (bzw. 15% bei Treppenwegen). Die Stadt vertrat hierzu die Auffassung, dass nach neuem landesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht ein lediglich 5%-iger Anteil an den Erschließungskosten durch die Gemeinde zulässig und sogar vorgesehen sei. Eine Differenzierung nach Straßenarten und -typen sei nicht erforderlich. Dieser Auffassung ist das Stuttgarter Verwaltungsgericht nicht gefolgt.

Die landesgesetzliche Regelung des § 23 Abs. 1 KAG in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gültigen Fassung vom 17.03.2005, wonach der Beitragsberechtige mindestens 5% der beitragsfähigen Kosten selbst zu tragen habe, gebe nur eine von mehreren Rahmenbedingungen für die Ausübung des ortsgesetzgeberischen Ermessens vor, so das Verwaltungsgericht. Der Satzungsgeber müsse außer dieser weitere Gesichtspunkte in seine Abwägung einbeziehen. § 23 Abs. 1 KAG ermächtige die Gemeinde jedenfalls nicht, ohne nähere Begründung und Abwägung den Eigenanteil auf den Mindestanteil von 5% festzusetzen. Die entsprechende satzungsrechtliche Regelung der Beklagten, wonach die Stadt 5%, bei Treppenwegen 15% der beitragsfähigen Kosten trage, verletze höherrangiges Recht. Gerade bei der Höhe des Gemeindeanteils sei in besonderer Weise das Äquivalenzprinzip zu beachten, wonach eine öffentliche Abgabe nicht in einem Missverhältnis zu der von der öffentlichen Hand gebotenen Leistung stehen dürfe. Dem entsprechend sei der Gemeindeanteil nach dem jeweiligen Vorteil der Erschließungsanlagen für die Allgemeinheit zu bemessen. Dies ziehe die Verpflichtung des Ortsgesetzgebers nach sich, die Notwendigkeit einer Differenzierung nach Straßentypen zu prüfen.

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart habe jedoch beim Satzungsbeschluss am 07.12.2006 keine auf das gesamte Gemeindegebiet bezogene Abwägungsentscheidung getroffen, in welchem Umfang eine Inanspruchnahme der Erschließungsanlage durch die Allgemeinheit einerseits und durch Beitragsschuldner andererseits zu erwarten sei. Eine Auseinandersetzung mit der Frage des Vorteils für die Allgemeinheit finde sich im Gemeinderatsprotokoll nicht. Dies, obwohl es bei der Landeshauptstadt Stuttgart auf der Hand liege, dass es Straßen sehr unterschiedlicher Verkehrsbedeutung gebe und auch schon bisher (wenigstens) für Treppenwege die Notwendigkeit einer Differenzierung erkannt worden sei.

Die fehlende Abwägungsentscheidung zur Festlegung des gemeindlichen Eigenanteils führe zu einer Gesamtnichtigkeit der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt, denn sie habe zur Folge, das sich der umlagefähige Aufwand nicht ermitteln und verteilen lasse.

Die Ungültigkeit der Satzung führt dazu, dass durch die Landeshauptstadt Stuttgart vorläufig – bis zum Beschluss einer gültigen Erschließungsbeitragssatzung – weder Beiträge noch Vorausleistungen erhoben werden können.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 24 Juni 2009 – 2 K 2964/08