Die Tötung zweier Wölfe kann zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden für den betroffenen Schäfer erforderlich sein, wodurch die Ausnahmegenehmigung zur Tötung gerechtfertigt ist. Fehlt es im Bescheid am engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang, innerhalb dessen nach einem Rissereignis Wölfe ohne konkrete Identifizierung getötet werden dürfen, handelt es sich um einen rechtswidrigen Bescheid.

Mit dieser Begründung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in den hier vorliegenden Fällen den Beschwerden von zwei staatlich anerkannten Naturschutzvereinigungen hinsichtlich einer vom Landkreis Uelzen erteilten Ausnahmegenehmigung zur Tötung von Wölfen teilweise stattgegeben. Gleichzeitig sind die erstinstanzlichen Beschlüsse geändert worden.
Gegenstand des Streits sind Wölfe, denen mehrere Schafsrisse nachgewiesen werden konnten: Einem Wolfsrüden aus dem Rudel Ebstorf und einer Wölfin aus dem Rudel Eschede/Rheinmetall.
Mit Bescheid vom 4. April 2020 erteilte der Landkreis Uelzen daraufhin eine befristete Ausnahmegenehmigung für die zielgerichtete Tötung der zwei genannten Wölfe. Zugleich regelte er, dass unter bestimmten Voraussetzungen noch weitere Wölfe getötet werden dürfen. Das Verwaltungsgericht Lüneburg1 hat die dagegen gerichteten Eilanträge der Naturschutzvereinigungen mit der Begründung abgelehnt, dass den Antragstellern die Antragsbefugnis fehle. Gegen diese Entscheidungen haben sich die Naturschutzvereinigungen mit der Beschwerde gewehrt.
Nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts fehle den Antragstellern als anerkannten Naturschutzvereinigungen nicht bereits die Antragsbefugnis, da die maßgebliche Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) als weiter Auffangtatbestand zu verstehen sei.
Darüber hinaus wird ausgeführt, dass die Genehmigung zur Tötung der beiden genannten Wölfe bei summarischer Prüfung rechtmäßig sei. Die vom Landkreis Uelzen getroffene Prognose, dass die Tötung der beiden Wölfe zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden für den betroffenen Schäfer erforderlich sei, sei gerechtfertigt. Es könne davon ausgegangen werden, dass diese Wölfe weiterhin in mit zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen gesicherte Schafsherden eindringen und diese Jagdtechnik möglicherweise auch an andere Wölfe weitergeben würden. Dadurch sei das Risiko eines erheblichen Eigentumsschadens für den betroffenen Schäfer begründet. Zumutbare Alternativen zur Tötung der beiden Wölfe bestünden nicht.
Soweit der Landkreis ergänzend auch geregelt hat, dass unter bestimmten Voraussetzungen noch weitere Wölfe getötet werden dürfen, sei der Bescheid nach Meinung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts rechtswidrig. Das Bundesnaturschutzgesetz erlaube eine Tötung von Wölfen ohne konkrete Identifizierung als schadensverursachendes Tier nur in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit bisherigen Rissereignissen. Der Landkreis habe aber in dem Bescheid nicht den engen zeitlichen Zusammenhang bestimmt, innerhalb dessen nach einem Rissereignis Wölfe ohne konkrete Identifizierung getötet werden dürfen.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 26. Juni 2020 – 4 ME 57/20 und 4 ME 116/20
- VG Lüneburg, Beschlüsse vom 18.05.2020 – 2 B 31/20, 2 B 32/20 und vom 11.06.2020 – 2 B 56/20, 2 B 57/20[↩]
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