Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG sind geschützte Werke auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind (§ 2 Abs. 2 UrhG). Dabei sind Werke der Baukunst bereits als Entwürfe geschützt. Voraussetzung ist allerdings, dass die individuellen Züge, die das Bauwerk als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren, bereits im Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben[1]

Maßgeblich ist die Schutzfähigkeit des im Plan dargestellten Bauwerks. Ist das auf den Plänen wiedergegebene und danach auszuführende Bauwerk schutzfähig, dann dürfen die Pläne nur mit Zustimmung des Urhebers ausgeführt werden[2]. Denn die Ausführung eines Baus durch einen Anderen nach den Entwürfen des Urhebers ist urheberrechtlich als Vervielfältigung i.S. des § 16 UrhG zu werten und bedarf daher dessen Zustimmung[3].
Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass das Bauwerk nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt[4]. Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt[5]. Werke der Baukunst können beispielsweise geprägt sein durch ihre Proportionen, Größe, Einbindung in das Gelände, die Umgebungsbebauung, Verteilung der Baumasse, konsequente Durchführung eines Motivs und Gliederung einzelner Bauteile wie der Fassade oder des Daches sowie dadurch, dass alle einzelnen Teile des Bauwerks so aufeinander bezogen sind, dass sie zu einer Einheit verschmelzen[6]. Bei der Beurteilung dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Bejahung einer persönlichen geistigen Schöpfung und der dafür notwendigen Individualität setzt aber voraus, dass die Lösung über die Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgeht[7]. Gestaltungen, die durch den Gebrauchszweck vorgegeben sind, können die Schutzfähigkeit nicht begründen; in der Verwendung allgemein bekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann nur dann eine schutzfähige Leistung liegen, wenn durch sie eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird[8]. Dabei wird eine aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragende und damit urheberrechtlich schutzfähige Gestaltung bei Repräsentativbauten wie etwa Schlössern, Museen, Theatern, Regierungsgebäuden, Unternehmenszentralen oder Denkmälern eher zu finden seien, als bei reinen Zweckbauten[9]. Übliche Wohnhäuser und vergleichbare Zweckbauten sind daher regelmäßig nicht schutzfähig[10]. Etwas anderes gilt nur, wenn besondere gestalterische Elemente vorliegen, die über das vom Technisch-Konstruktiven oder vom Gebrauchszweck her Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen[11].
Der Vergleich der als schutzfähig beanspruchten Gestaltung mit Gebäuden, die in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg und bis in die fünfziger und sechziger Jahren hinein geplant und errichtet worden sind rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Dass ein im Jahr 2003 geplantes Gebäude sich in der Tat erheblich von Bauten unterscheidet, die unter weitgehendem Verzicht auf individuelle Gestaltung zur zügigen Befriedigung des Bedarfs nach bezahlbarem Wohnraum geschaffen worden sind, macht es nicht zu einem Werk der Baukunst.
Bei einem Bauwerk sind auch einzelne Teile, welche die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllen, geschützt[12]. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass das betreffende Teil für sich genommen das Ergebnis einer persönlich geistigen Schöpfung ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es bei Werken der Baukunst für das Bejahen eines Urheberschutzes, dass sich das Werk von den Ergebnissen durchschnittlichen Architektenschaffens abhebt, es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt[13].
Die Frage, ob von einem Werk der Baukunst gesprochen werden kann, ist vom Standpunkt eines für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen zu beurteilen[14]. Zu diesem Kreis zählen auch Richter, die ständig mit Urheberrechtsfragen befasst sind.
- BGH GRUR 1979, 464, 465 – Flughafenpläne; GRUR 1982, 369, 379 – Allwetterbad; GRUR 1980, 853, 854 – Architektenwechsel; GRUR 1988, 533, 534 f. – Vorentwurf II[↩]
- OLG Frankfurt ZUM 2007, 306, 307[↩]
- BGH GRUR 1999, 230, 231 – Treppenhausgestaltung; BGHZ 24, 55, 69 – Ledigenheim; BGH GRUR 1985, 129, 131 – Elektrodenfabrik[↩]
- BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Oldenburg GRUR-RR 2009, 6 – Blockhausbauweise; OLG Hamm ZUM 2006, 641, 644[↩]
- BGH GRUR 2008, 984, 986 – St. Gottfried; GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; GRUR 1974, 675, 677 – Schulerweiterung[↩]
- vergl. die weiterführenden Hinweise auf Beispiele in der Rechtsprechung in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage § 2 Rn. 154[↩]
- OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 – Architektenplanung[↩]
- BGH GRUR 1989, 416, 417 – Bauaußenkante; GRUR 1988, 690, 692 – Kristallfiguren[↩]
- vgl. Schricker/Loewenheim aaO Rn. 155[↩]
- vergleiche OLG Oldenburg GRUR 1999, 6 – Blockhausbauweise; OLG München GRUR 1987, 290 – Wohnanlage; OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 ‑Architektenplan[↩]
- OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 – Architektenplan[↩]
- BGHZ 24, 55, 63 – Ledigenheim; BGHZ 61, 88, 94 – Wählamt[↩]
- BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH GRUR 1988, 533, 535 – Vorentwurf II[↩]
- BGHZ 62, 331, 336 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1980, 853, 854 – Architektenwechsel[↩]