Ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Luftfahrtunternehmen ihre Preisangebote im Internet veröffentlicht, sind auf Inlandsflüge die Mehrwertsteuer und für Kreditkartenzahlungen die Gebühren anzugeben. Im Falle eines fehlenden kostenfreien Check-in-Angebots sind außerdem die Check-in-Gebühren anzugeben.

So hat der Gerichtshof der Europäischen Union in dem hier vorliegenden Fall eines Vorabentscheidungsersuchens des Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) entschieden, dem eine Klage der Ryanair gegen eine Entscheidung der italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde zugrunde lag. Ryanair wurde im Jahr 2011 von der Autorità Garante dellaConcorrenza e del Mercato – Antitrust (italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde)(im Folgenden: Autorità) vorgeworfen, auf ihrer Website Flugpreise veröffentlicht zu haben, in deren erstmaliger Angabe folgende Bestandteile fehlten:
- die Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge,
- die Gebühren für den Online-Check-In und
- die Gebühren für die Zahlung mit einer anderen als der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte.
Nach Auffassung der Autorità sind diese Preisbestandteile für unvermeidbar und vorhersehbar. Deshalb seien sie dem Verbraucher auch ab der erstmaligen Angabe des Preises, also noch bevor mit einem Buchungsvorgang begonnen werde, mitzuteilen. Da Ryanair dies nicht tat, verhängte die Autoritài Geldbußen gegen Ryanair wegen unlauterer Geschäftspraktiken.
Von Ryanair wurde dagegen vor den italienischen Verwaltungsgerichten auf Aufhebung der Entscheidung der Autorità geklagt. Nachdem die Klage im ersten Rechtszug abgewiesen wurde, legte Ryanair beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) ein Rechtsmittel ein. Nun möchte dieser vom Gerichtshof der Europäischen Union wissen, ob die betreffenden Preisbestandteile unvermeidbar und vorhersehbar im Sinne der Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten1) sind und daher in der erstmaligen Veröffentlichung des Angebots ausgewiesen werden müssen.
In seiner Urteilsbegründung verweist der Gerichtshof der Europäischen Union auf seine Rechtsprechung2, wonach ein Luftfahrtunternehmen wie Ryanair verpflichtet ist, in seinen Online-Angeboten bereits bei der erstmaligen Angabe des Preises (also im ursprünglichen Angebot) den Flugpreis sowie – gesondert – die unvermeidbaren und vorhersehbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte auszuweisen. Hingegen hat es die fakultativen Zusatzkosten erst zu Beginn des Buchungsverfahrens klar und transparent mitzuteilen.
Außerdem stellt der Gerichtshof der Europäische Gerichtshof bezüglich der Gebühren für den Online-Check-in fest, dass, wenn es mindestens eine kostenfreie Art des Check-ins gibt (wie ein Check-in vor Ort am Flughafen), diese Gebühren fakultative Zusatzkosten sind und daher im ursprünglichen Angebot nicht notwendigerweise ausgewiesen zu werden brauchen. Bietet das Luftfahrtunternehmen hingegen unter Ausschluss jeder Art kostenfreien Eincheckens (eine oder mehrere) kostenpflichtige Arten des Check-ins an, sind die Gebühren für den Online-Check-in als unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile einzustufen, die im ursprünglichen Angebot auszuweisen sind.
Weiterhin hat der Gerichtshof der Europäischen Union in Bezug auf die Mehrwertsteuer auf fakultative Zusatzleistungen für Inlandsflüge erklärt, dass es sich hierbei um fakultative Zusatzkosten handelt, im Gegensatz zur Mehrwertsteuer auf die Flugpreise für Inlandsflüge, die im ursprünglichen Angebot auszuweisen ist.
Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Gebühren, die für die Zahlung mit einer anderen als der vom Luftfahrtunternehmen bevorzugten Kreditkarte erhoben werden, unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile, die daher im ursprünglichen Angebot ausgewiesen werden müssen. Während sie vorhersehbar sind, weil sie auf der Politik des Luftfahrtunternehmens im Hinblick auf die Zahlungsweise beruhen, erklärt sich ihre Unvermeidbarkeit damit, weil die dem Verbraucher ersichtlich überlassene Wahl (nämlich die vom Luftfahrtunternehmen bevorzugte Kreditkarte zu benutzen oder nicht) in Wirklichkeit von einer vom Luftfahrtunternehmen vorgegebenen Bedingung abhängt, wonach die Leistung nur für einen beschränkten Kreis privilegierter Verbraucher kostenlos ist, während alle anderen Verbraucher entweder auf die Unentgeltlichkeit dieser Leistung oder auf den sofortigen Abschluss der Buchung verzichten und potenziell teure Schritte unternehmen müssen, um die Bedingung zu erfüllen, wobei sie Gefahr laufen, das Angebot nicht mehr oder nicht mehr zum ursprünglich angegebenen Preis wahrnehmen zu können, wenn diese Schritte abgeschlossen sind.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 23. April 2020 – Rechtssache C-28/19, Ryanair Ltd u.a./Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato – Antitrust u.a.
- Verordnung (EG) Nr.1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl.2008, L293, S.3[↩]
- Urteile vom 6. Juli 2017 in der Rechtssache C-290/16, Air Berlin; vom 18. September 2014 in der Rechtssache C-487/12, Vueling Airlines und vom 19. Juli 2012 in der Rechtssache C-112/11, ebookers.com Deutschland[↩]