Ehegatten-Bürgschaft für die Aktiengesellschaft

Eine für das Darlehen einer Aktiengesellschaft aufgrund Bürgschaftsvertrags mithaftende, mittellose Ehefrau kann sich nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz auch dann auf die Sittenwidrigkeit dieses Vertrages berufen, wenn sie zwar Mitglied des Verwaltungsrates der AG, selbst aber nicht Aktionärin der AG ist.

Ehegatten-Bürgschaft für die Aktiengesellschaft

Der Entscheidung liegt die Klage einer Leasinggesellschaft zugrunde, die nach der Kündigung von Betriebsmitteldarlehen für eine Aktiengesellschaft neben einem mit 50 Prozent beteiligten Aktionär auch dessen für die Darlehensrückzahlung bürgende mittellose Ehefrau in Anspruch nimmt. Die Ehefrau hatte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme ihren vormals 20%igen Aktienanteil bereits an Dritte veräußert, war aber noch Mitglied des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft. Das Landgericht Bad Kreuznach hat die Ehefrau und ihren Ehemann zur Zahlung verurteilt1. Die Berufung der Ehefrau hatte Erfolg.

Aufgrund der Mittellosigkeit der Ehefrau sei, so der 6. Zivilsenat, davon auszugehen, dass sie bei der Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung im Sinne des § 138 BGB krass überfordert gewesen sei. Der Bürgschaftsvertrag sei deshalb sittenwidrig. Es bestehe die tatsächliche Vermutung, dass sich die Ehefrau bei der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung allein von der emotionalen Verbundenheit zu ihrem Ehemann habe leiten lassen und die klagende Gesellschaft dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt habe. Für Letzteres sei bereits ausreichend, dass sie davon abgesehen habe, sich über die maßgeblichen finanziellen Umstände der Ehefrau zu informieren.

Der für die Widerlegung der Vermutung erforderliche Nachweis eines eigenen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses der Ehefrau sei der Gesellschaft nicht gelungen. Die Tatsache, dass sie noch Mitglied des Verwaltungsrates der AG war, sei hierfür nicht ausreichend. Der Rechtsstreit sei mit den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen sich der mittellose Geschäftsführer einer Gesellschaft, an der ein Angehöriger als Gesellschafter beteiligt ist, für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft verbürgt habe. Ein Geschäftsführer habe nämlich kein wesentlich höheres finanzielles Interesse an der Tätigkeit der Gesellschaft, als beispielsweise ein Angestellter der Gesellschaft, dessen Arbeitsplatz seine Existenzgrundlage darstelle. Entsprechendes gelte im vorliegenden Fall der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat, der überwiegend nur eine beratende oder beaufsichtigende Funktion habe. Die Revision gegen das Urteil hat der Senat nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 28.02.2008 – 6 U 1553/06

  1. LG Bad Kreuznach, Urteil vom 27.10.2006 – 2 O 121/06[]