Die Erfüllung eines Konsignationslagervertrages kann dadurch gewählt werden, dass der Verwalter dem Lager im Eigentum des Vertragspartners stehendes Material entnehmen und im Betrieb des Schuldners verarbeiten lässt. Können die durch die Entnahmen geschlossenen Einzelverträge nicht vollständig aus der Masse erfüllt werden, haftet der Verwalter nach Maßgabe des § 61 InsO.

Mit der Entnahme von Material nach Insolvenzeröffnung kommen jeweils Kaufverträge über die entnommenen Mengen zustande. Die so begründeten Kaufpreisansprüche sind Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Ein Wahlrecht nach § 103 Abs. 1 InsO steht dem Insolvenzverwalter hinsichtlich dieser erst nach der Eröffnung begründeten Verträge nicht zu.
Ob der Konsignationslagervertrag einen gegenseitigen Vertrag im Sinne von § 103 InsO darstellt, bedarf hierbei keiner näheren Prüfung. Der Insolvenzverwalter hat die Erfüllung dieses Vertrages gewählt, indem er in Kenntnis des Vertrages weiterhin Material entnommen und verarbeitet hat.
Das Wahlrecht nach § 103 Abs. 1 InsO wird durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Eine bestimmte Form schreibt das Gesetz nicht vor, so dass der Verwalter auch durch schlüssiges Verhalten die Erfüllung des Vertrages wählen kann. Für die Auslegung seines Verhaltens ist maßgebend, welche Bedeutung ihm der Vertragsgegner nach der Verkehrssitte und den Gesamtumständen beimessen musste1. Der Bundesgerichtshof hat in einzelnen Fällen, insbesondere im Urteil vom 08.01.19982 hohe Anforderungen an ein konkludentes Erfüllungsverlangen gestellt. Die Veräußerung von Vorbehaltsware bedeutet nach diesem Urteil nicht zwingend, dass der Verwalter die Erfüllung des Kaufvertrages mit dem Vorbehaltslieferanten wählt. Der Verwalter habe verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, so dass der Weiterveräußerung kein typischer Erklärungswert beigemessen werden könne. Nur im Einzelfall könne die Verwertung von unter Eigentumsvorbehalt gelieferter Ware als Erfüllungsverlangen ausgelegt werden3.
Mit der Entnahme von Material kam jeweils ein Kaufvertrag über dieses zustande, unabhängig davon, ob die entnommenen Mengen dann der Lieferantin zutreffend gemeldet wurden oder nicht. Die Frage danach, ob durch eine mögliche zweckwidrige Verwendung des Materials Sekundäransprüche entstanden seien und ob diese Ansprüche Masseverbindlichkeiten darstellen könnten, stellt sich nicht.
Um den Entlastungsbeweis nach § 61 Satz 2 InsO zu führe, muss der Insolvenzverwalter entweder darlegen, dass im Zeitpunkt der jeweiligen Entnahme objektiv von einer zur Erfüllung des hierdurch entstehenden Kaufpreisanspruchs ausreichenden Masse auszugehen war, oder, dass für ihn das Fehlen einer ausreichenden Masse nicht erkennbar war4.
Ein Ausfallschaden im Sinne von § 61 InsO ist bereits dann entstanden, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat und keine ohne weiteres durchsetzbaren Ansprüche bestehen, aus denen die Massegläubiger befriedigt werden können5.
Jedoch kann die Lieferantin nicht die Bezahlung der Kaufpreisforderungen verlangen. § 61 InsO gewährt (nur) einen Anspruch auf das negative Interesse6. Die Lieferantin ist so zu stellen, wie sie stünde, wenn das Material im Konsignationslager verblieben wären.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Februar 2014 – IX ZR 313/12
- BGH, Urteil vom 08.01.1998 – IX ZR 131/97, WM 1998, 358 zu § 17 KO[↩]
- aaO; ähnlich MünchKomm-InsO/Huber, 3. Aufl. § 103 Rn. 157[↩]
- BGH, Urteil vom 08.01.1998, aaO, S. 359[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.05.2004 – IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104, 115 f[↩]
- BGH, Urteil vom 06.05.2004, aaO S. 108; K. Schmidt/Thole, InsO, 18. Aufl., § 61 Rn. 12[↩]
- BGH, Urteil vom 06.05.2004, aaO S. 117 ff; Jaeger/Gerhardt, InsO, § 61 Rn. 25; K. Schmidt/Thole, aaO § 61 Rn. 11[↩]
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