Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Formunwirksamkeit von Vergütungsvereinbarungen zu Lasten der Rechtsanwälte geändert: Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG oder die Voraussetzungen für den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung nach § 4a Abs. 1 und 2 RVG verstößt, ist wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden.

Will sagen: Aus einer formunwirksamen (hier: mündlichen) Vergütungsvereinbarung kann der Rechtsanwalt zwar keine höhere Vergütung als die gesetzliche Verlangen, wohl aber gilt die Vergütungsvereinbarung zugunsten des Mandanten, wenn sie eine geringere Vergütung als die gesetzliche vorsieht.
Der Anwaltsvertrag zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten war rechtswirksam, selbst wenn die Honorarvereinbarung nichtig gewesen wäre. Dies war schon nach dem vor dem 1. Juli 2008 geltenden Recht in ständiger Rechtsprechung anerkannt, nach dem Erfolgshonorarvereinbarungen nach § 49b Abs. 2 BRAO generell verboten waren, was gemäß § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit führte1.
Nach dem seit 1.07.2008 geltenden § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO sind Erfolgshonorarvereinbarungen nur noch unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. An der fortdauernden Wirksamkeit des Anwaltsvertrages selbst hat sich dadurch nichts geändert. Die Einschränkung des Verbotes von Erfolgshonoraren sollte nicht zu einer weitergehenden Nichtigkeitsfolge bezüglich des Anwaltsvertrages führen. Dessen Rechtswirksamkeit sollte unberührt bleiben2. Demgemäß kann der Rechtsanwalt Anwaltshonorar verlangen.
Allerdings3 führt der unstreitige Verstoß gegen § 4a Abs. 1 und 2 RVG bei Vereinbarung des Erfolgshonorars jedoch nicht zur Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung, sondern zur Deckelung der vereinbarten Vergütung auf die gesetzliche Vergütung.
Ob ein Verstoß gegen § 4a Abs. 1 oder 2 RVG die Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung zur Folge hat, ist allerdings umstritten. Nach einer Auffassung sind Erfolgshonorarvereinbarungen, die die Voraussetzungen des § 4a RVG nicht erfüllen, nichtig4. Nach anderer Auffassung sind sie rechtswirksam, begrenzen aber im Erfolgsfall die Vergütung des Rechtsanwalts auf die gesetzliche Vergütung5. Andere lassen die Frage offen, wenden aber § 242 BGB an6.
Die Frage ist dahin zu beantworten, dass eine Erfolgshonorarvereinbarung, die gegen § 4a Abs. 1 oder 2 RVG verstößt, nicht nichtig ist, sondern die vertragliche vereinbarte Vergütung – auch im Erfolgsfall – auf die gesetzliche Gebühr beschränkt. Ist die gesetzliche Gebühr höher, kann nur die vereinbarte Vergütung verlangt werden.
Nach § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO sind Erfolgshonorarvereinbarungen unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hat in §§ 4a, 4b eine Sonderregelung getroffen, in § 4a RVG hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen ein Erfolgshonorar vereinbart werden darf und in § 4b RVG hinsichtlich der Folgen, die sich aus einem Verstoß gegen § 4a Abs. 1 und 2 RVG ergeben. Insoweit handelt es sich auch in § 4b RVG um eine Sonderregelung. Danach kann der Rechtsanwalt aus einer Vergütungsvereinbarung, die § 4a Abs. 1 und 2 RVG nicht entspricht, keine höheren als die gesetzlichen Gebühren fordern. Bis zu dieser Grenze kann dagegen aus der Honorarvereinbarung Erfüllung verlangt werden. Dies spricht dagegen, dass die Vereinbarung nach dem Willen des Gesetzgebers nichtig sein soll. Denn dann hätte es der Regelung des § 4b RVG nicht bedurft. Die Nichtigkeit hätte sich, wie nach früherem Recht, aus § 134 BGB ergeben.
§ 4b Satz 1 RVG entfaltet demnach nicht nur Wirkung für den Fall, dass die vereinbarte Vergütung höher ist als die gesetzliche Vergütung, sondern auch dann, wenn sie niedriger ist. Da § 4b Satz 1 RVG als Folge nur eine Deckelung nach oben anordnet, kann der Verstoß gegen § 4a Abs. 1 und 2 RVG bei vereinbarter niedrigerer Vergütung nicht dazu führen, dass in Abweichung von der Vereinbarung mehr als vereinbart verlangt werden könnte, etwa die höheren gesetzlichen Gebühren.
Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 4b RVG ist allerdings unklar und widersprüchlich. Dort7 wird ausgeführt, dass die Neuregelung dem bis dahin geltenden Recht entspreche. Formfehler der Vergütungsvereinbarung führten nicht zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages, sondern begrenzten den Vergütungsanspruch auf die gesetzliche Vergütung. Im Übrigen würden die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen gelten, was dazu führen könne, dass im Falle des Misserfolgs keinerlei Vergütung geschuldet sei, weil ein Vergütungsverlangen eine unzulässige Rechtsausübung darstelle (§ 242 BGB).
Dass bei unzulässiger Erfolgshonorarvereinbarung der Anwaltsvertrag selbst nichtig sei, war schon zum alten Recht nicht angenommen worden. Zur Wirksamkeit der Erfolgshonorarvereinbarung selbst sagt die Gesetzesbegründung nichts. Soweit dort ausgeführt wird, dass Formfehler der Vergütungsvereinbarung den Vergütungsanspruch begrenzen, wird der Vereinbarung eine Rechtswirkung zuerkannt, die ihr bei Nichtigkeit nicht zukommen könnte.
Die Regelung des § 4b RVG ist in ihrer Formulierung allerdings an Vorgängerregelungen in § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG in seiner bis zum 30.06.2008 geltenden Fassung sowie an die zuvor geltende Regelung in § 3 BRAGO angelehnt. In § 4b RVG aF hieß es, dass aus einer Vereinbarung eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur gefordert werden könne, wenn die Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben und nicht in der Vollmacht enthalten sei. Auch in § 3 BRAGO hieß es, dass aus einer Vereinbarung ein Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur fordern könne, wenn die Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben und nicht in der Vollmacht oder in einem Vordruck enthalten sei, der auch andere Erklärungen umfasse.
Der Bundesgerichtshof hat Honorarvereinbarungen, die gegen diese Vorschriften verstießen, bislang als unwirksam angesehen8. Er hat dies auch auf § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG nF übertragen9, ohne sich allerdings mit der Neufassung des § 4b RVG näher zu befassen.
Hieran hält der Bundesgerichtshof jedoch nicht fest.
Auf die bisherige Rechtslage kann bei Erfolgshonoraren nicht zurückgegriffen werden. Die nach § 46b Abs. 2 BRAO aF ausnahmslos unzulässige Erfolgshonorarvereinbarung war nichtig. Aufgrund dieser Vorschrift hatte der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht worden ist, als unzulässig angesehen. Jede solche Vereinbarung stellte eine gemäß § 134 BGB nichtige Erfolgshonorarvereinbarung dar10.
Der Rechtsanwalt konnte in solchen Fällen der Nichtigkeit der Gebührenvereinbarung die gesetzlichen Gebühren verlangen11. Es handelte sich dabei aber nicht um verschiedene Ansprüche, weil es jeweils um die vertragliche Vergütung für ein und dieselbe anwaltliche Tätigkeit geht12. Die Höhe konnte jedoch nach § 242 BGB beschränkt sein13.
Führt aber der Rechtsfehler der Vergütungsvereinbarung nicht zu deren Nichtigkeit, sondern zu einer Begrenzung der hiernach geschuldeten Vergütung auf die gesetzlichen Gebühren, bedarf es der zusätzlichen Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben nicht.
Soweit in der Gesetzesbegründung bei der Begrenzungswirkung des § 4b RVG von Folgen der Formfehler die Rede ist, schöpft dies den Gesetzeswortlaut nicht aus. Jedenfalls § 4a Abs. 1 RVG enthält keine formalen, sondern materielle Voraussetzungen. Die Gesetzesbegründung zu § 4b RVG differenziert eingangs auch zwischen den Formerfordernissen des § 3a RVG und den Anforderungen für Erfolgshonorare nach § 4a Abs. 1 und 2 RVG. Die Rechtsfolgen sind jedoch in § 4b RVG einheitlich für beide Fälle geregelt. Im Umfang der Regelung kann deshalb für die Rechtsfolgen nicht nach formellen und materiellen Fehlern unterschieden werden; die Ausführungen in der Gesetzesbegründung sind insoweit allgemein und beispielhaft zu verstehen.
Soweit in § 4b Satz 2 RVG nF auf das Bereicherungsrecht verwiesen wird, entspricht dies der Regelung in § 3a Abs. 3 Satz 2 RVG nF. Wegen dieser Parallele wurde die Vorschrift auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages eingefügt14. Die Verweisung betrifft das Bereicherungsrecht insgesamt, also vor allem die Voraussetzungen der Rückforderung bereits bezahlter Erfolgshonorare. Aus der in diesem Zusammenhang möglicherweise anwendbaren Vorschrift des § 814 BGB kann nicht rückgeschlossen werden, dass die Vergütungsvereinbarung insgesamt nichtig sein sollte15.
Nach § 49b Abs. 1 BRAO dürfen geringere Gebühren und Auslagen, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, nicht vereinbart werden, soweit dieses nichts anderes bestimmt. Gemäß § 4 Abs. 1 RVG sind geringere Gebühren in außergerichtlichen Angelegenheiten zulässig.
Der Rechtsanwalt und der Beklagte sind allerdings durch mündliche Vereinbarung dahin übereingekommen, dass auch die Gebühren für das gerichtliche Verfahren erster Instanz durch die Erfolgshonorarvereinbarung abgegolten sein sollten. In Erfolgshonorarvereinbarungen sind derartige Regelungen unter den Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Satz 2 RVG zulässig, die hier nicht eingehalten wurden. Diesen Fall erfasst jedoch § 4b Satz 1 RVG ausdrücklich und in gleicher Weise wie die sonstigen Fälle des § 4a Abs. 1 und 2 sowie die Fälle des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG. Ein Rückschluss, dass aus diesem Grund Erfolgshonorarvereinbarungen generell gerade im Hinblick auf den Fall gerichtlicher Gebühren nichtig sein sollten, kann daraus folglich nicht abgeleitet werden. Auch hier greift, bezogen auf das vereinbarte Gesamthonorar, die Deckelungsregelung ein.
Die mündlich vereinbarte Honorarabrede verstieß zudem allerdings gegen § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG. Sie war jedoch auch aus diesem Grund nicht unwirksam. Vielmehr gilt auch insoweit § 4b Satz 1 RVG und die dort festgelegte Deckelung.
Das hier angenommene Verständnis von § 4b RVG schafft klare Regelungen für die Folgen von Honorarvereinbarungen, welche die gesetzlichen Voraussetzungen nicht einhalten. Sie führen ohne Rückgriff auf Billigkeitserwägungen nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu praktikablen Ergebnissen, zu denen auch die Rechtsprechung zum alten Recht in der Regel über § 242 BGB gelangt ist: Überstieg nach altem Recht eine nichtige Erfolgshonorarvereinbarung die gesetzlichen Gebühren, konnten ohnehin nur Letztere verlangt werden. War das vereinbarte Erfolgshonorar selbst bei Erfolg geringer als die gesetzlichen Gebühren, begrenzte im Regelfall § 242 BGB die Höhe des Honorars auf die vereinbarte Höhe.
Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der rechtskundige Anwalt, dem insbesondere – anders als dem Mandanten – die materiellen Voraussetzungen und formalen Anforderungen für Gebührenvereinbarungen bekannt sein müssen, trotz – von ihm zumindest erkennbarer – unwirksamer Honorarvereinbarung, in denen er auf Gebühren in gesetzlicher Höhe gerade verzichtet, die deutlich höheren gesetzlichen Gebühren verlangen könnte.
Der Umstand, dass der Beklagte um den Abschluss der Gebührenvereinbarung gebeten hatte, ist unerheblich. Der Beklagte wollte seine Ausgaben planbar begrenzen und Rechtssicherheit erreichen. Über die Voraussetzungen, unter denen dies möglich war, hatte ihn der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Beratungspflicht zu unterrichten.
Schließlich ist es ohne Belang, dass sich zuerst der Beklagte durch seinen Rechtsanwalt auf die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung berufen hat. Die von diesem geltend gemachte Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung liegt zwar tatsächlich nicht vor. Dem Mandanten war es aber unbenommen, seine Rechte in Anlehnung an eine verbreitete Auffassung in der Literatur und der Rechtsprechung zum früheren Recht geltend zu machen. Er kann sich jedenfalls jetzt noch auf die tatsächlichen Wirkungen des § 4b RVG berufen. Treuwidrig ist dies jedenfalls so lange nicht, als der Mandant seinen Rechtsanwalt nicht über tatsächliche Umstände täuscht oder solche Umstände in Kenntnis ihrer Bedeutung verschweigt, die für die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung von Bedeutung sind. Dürfte der Mandant sich nicht auf Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Erfolgshonorarvereinbarung berufen ohne befürchten zu müssen, sodann eine noch höhere Vergütung zu schulden, würde der Zweck des § 4a RVG verfehlt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Juni 2014 – IX ZR 137/12
- BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169, 1171; vom 23.04.2009 – IX ZR 167/07, WM 2009, 1249 Rn. 11, 15 ff[↩]
- vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren, BT-Drs. 16/8384 S. 12 zu § 4b; Schneider/Wolf/Onderka, RVG, 7. Aufl., § 4b Rn. 9; Baumgärtel in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl., § 4b Rn. 2; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 4b Rn. 3, Foerster, JR 2012, 93[↩]
- so zuletzt noch OLG München, Urteil vom 02.05.2012 – 15 U 2929/11Rae[↩]
- Foerster, JR 2012, 93; Onderka in Schneider/Wolf, aaO § 4b Rn. 7[↩]
- Göttlich/Mümmler, RVG, 4. Aufl., E 3 S. 323; Schons in Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Aufl., § 4b Rn. 1, 9; Baumgärtel in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, aaO; § 4b Rn. 2; Mayer in Gerold/Schmidt, aaO, § 4b Rn. 3[↩]
- Teubel in Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 4b Rn. 1, 3; Bischof in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Klipstein/Klüsener/Uher, RVG, 6. Aufl. § 4b Rn. 2[↩]
- BT-Drs. 16/8384 S. 12[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2009 – IX ZR 174/06, WM 2009, 1379 Rn. 6 ff zu § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO[↩]
- BGH, Urteil vom 03.11.2011 – IX ZR 47/11, WM 2012, 760 Rn. 15[↩]
- BGH, Urteil vom 23.04.2009 – IX ZR 167/07, WM 2009, 1249 Rn. 14 ff[↩]
- BGH, Urteil vom 08.06.2004 – IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2819 20] mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 04.07.2002 – IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2776; vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169, 1171 36][↩]
- BGH, Urteil vom 26.10.1955 – VI ZR 145/54, BGHZ 18, 340, 347; vom 19.06.1980 – III ZR 91/79, NJW 1980, 2407, 2408; OLG Düsseldorf, GI aktuell 2012, 116, 118; BT-Drs. 16/8384 S. 12[↩]
- vgl. Ausschussbericht, BT-Drs. 16/8916 S. 14 zu § 4b[↩]
- aA Schneider/Wolf/Onderka, aaO[↩]