Wird ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes Zahlungsbegehren durch Beschluss abgelehnt, besteht regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage. Im Rahmen der Begründetheit einer solchen Klage ist lediglich zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung allein die freiwillige Erfüllung des Anspruchs ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte; dies ist nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet war.

Im Grundsatz kann die Rechtmäßigkeit eines sogenannten Negativbeschlusses im Wege der gerichtlichen Anfechtung überprüft werden (§ 46 WEG). Das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich im Regelfall daraus, dass der Antragsteller durch die Ablehnung gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt wird1; dies gilt auch dann, wenn der Beschluss bereits vollzogen worden ist2. Es entfällt nur ausnahmsweise, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann. Das kann beispielsweise bei Eintritt der Bestandskraft eines inhaltsgleichen Zweitbeschlusses anzunehmen sein3.
Wird ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes Zahlungsbegehren durch Beschluss abgelehnt, besteht nach verbreiteter Ansicht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage4. Der Kläger könne sein Ziel durch eine Zahlungsklage erreichen; zudem handele es sich nicht um einen Gegenstand der ordnungsmäßigen Verwaltung5. Nach anderer Ansicht soll das Rechtsschutzbedürfnis nur dann bestehen, wenn allein eine positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte6.
Diesen Auffassungen kann, so der Bundesgerichtshof, nicht zugestimmt werden. Für eine solche Klage besteht wie für jede Anfechtungsklage regelmäßig – und auch hier – ein Rechtsschutzbedürfnis.
Ein Negativbeschluss der genannten Art muss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist weit zu verstehen. Er umfasst (unter anderem) Maßnahmen der Geschäftsführung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums ebenso wie die hierauf bezogene Willensbildung7. Um letzteres geht es hier, nämlich um das freiwillige Anerkenntnis einer behaupteten, aus dem gemeinschaftlichen Eigentum herrührenden Verpflichtung zur Vermeidung einer Auseinandersetzung vor Gericht; der Verwalter dürfte eine Auszahlung erst nach Herbeiführung einer positiven Beschlussfassung vornehmen.
Richtig ist allerdings, dass der Beschluss auf das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs keinen Einfluss hat, sondern sich in der Versagung des freiwilligen Anerkenntnisses erschöpft. Ebenso wenig wie die Wohnungseigentümer die Kompetenz haben, im Beschlusswege Leistungspflichten zu begründen8, können sie einem anderen Wohnungseigentümer einen bestehenden Anspruch durch Beschluss nehmen. Die Berechtigung des Anspruchs ist im Rahmen der Zahlungsklage zu prüfen; einer Entscheidung über die Anfechtungsklage kommt insoweit keine Bindungswirkung zu. Richtig ist ferner, dass die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein weites Ermessen haben und es ihnen infolgedessen im Grundsatz freisteht, es auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen, wenn gegen den Verband Zahlungsansprüche einzelner Wohnungseigentümer (oder Dritter) geltend gemacht werden.
Gleichwohl kann es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, eine positive Beschlussfassung im Sinne einer freiwilligen Erfüllung des Anspruchs abzulehnen. Dies ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet ist, so dass ein unnötiger Rechtsstreit mit entsprechendem Kostenrisiko in Kauf genommen würde. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann jeder Wohnungseigentümer nach entsprechender Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der Beschlussersetzungsklage gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG prüfen lassen, da der Negativbeschluss keine Sperrwirkung entfaltet. Daneben gewährleistet aber auch das Anfechtungsrecht eine gerichtliche Prüfung9, die sich darauf bezieht, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung allein die freiwillige Erfüllung des Anspruchs ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte. Diese Frage ist nicht bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage, sondern durch eine Sachentscheidung zu klären. Die Wohnungseigentümer, die nicht zugleich Anspruchssteller sind, könnten ohnehin nicht auf die Zahlungsklage verwiesen werden. Aber auch dem Anspruchssteller selbst kann eine Entscheidung in der Sache über sein Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung nicht verwehrt werden.
Das Gericht muss, soweit die Anfechtungsklage zulässig ist, lediglich darüber entscheiden, ob das den Wohnungseigentümern zustehende Ermessen derart reduziert war, dass sie sich für ein Anerkenntnis aussprechen mussten. Dies ist – wie ausgeführt – nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch im Zeitpunkt der Beschlussfassung offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet war. Davon kann angesichts der Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Klägerin ihre Terrasse auf eigene Kosten instandzusetzen hat, keine Rede sein10. Die Klärung der Frage, ob (und ggf. inwieweit) daneben die Bestimmung des § 14 Nr. 4 WEG eingreifen kann, durften die Wohnungseigentümer ohne weiteres dem Gericht überlassen und eine Zahlungsklage in Kauf nehmen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Oktober 2015 – V ZR 5/15
- vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 13[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2011 – V ZR 202/10, ZfIR 2011, 567 Rn. 12 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 13.05.2011 – V ZR 202/10, ZfIR 2011, 567 Rn. 16; Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 51 mwN[↩]
- LG Hamburg, ZMR 2011, 319 f.; AG Charlottenburg, ZMR 2014, 241 f.; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 46 Rn. 7; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 43 Rn. 101; Suilmann in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 46 Rn. 134[↩]
- LG Hamburg, ZMR 2011, 319 f.[↩]
- allgemein Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 46 Rn. 10c[↩]
- näher Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 37 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2010 – V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 10 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 26/14, ZWE 2015, 91 Rn.19[↩]
- zur umfassenden Reichweite einer solchen Vereinbarung BGH, Urteil vom 16.11.2012 – V ZR 9/12, NJW 2013, 681 Rn. 9[↩]