Die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft – und die Beschlussanfechtung

Gegenstand der Beschlussanfechtungsklage ist stets der Beschluss über die Jahresrechnung einschließlich aller Einzelabrechnungen; es ist ausgeschlossen, nur eine Einzelabrechnung anzufechten.

Die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft – und die Beschlussanfechtung

Bei einem Erfolg der Klage wären zwangsläufig alle Einzelabrechnungen insoweit für ungültig zu erklären, weil sich ein Fehler bei einem Eigentümer auch auf die Abrechnungen der anderen auswirkte1.

Dieser Gesichtspunkt führt aber nicht zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage. Vielmehr bedarf der Klageantrag der Auslegung.

Die Auslegung des Klageantrags darf – wie allgemein im Prozessrecht – nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Nur wenn sich das Rechtsschutzziel des Klägers auch durch die gebotene Auslegung nicht eindeutig ermitteln lässt, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten2.

Daran gemessen ergibt die Auslegung des Antrags, dass die Genehmigung der Jahresabrechnung – bezogen auf die angegriffenen Positionen – jeweils in der Gesamtabrechnung und in den Einzelabrechnungen angegriffen werden soll.

Die Beschränkung auf die eigene Einzelabrechnung machte den Klageantrag bei einer dem Wortlaut verhafteten Auslegung ebenfalls sinnlos; notwendigerweise sind daher alle Einzelabrechnungen als Verfahrensgegenstand anzusehen3.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Juni 2016 – V ZR 166/15

  1. vgl. Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl., Rn. 979[]
  2. näher BGH, Urteil vom 12.12 2014 – V ZR 53/14, NZM 2015, 218 Rn. 8 f. mwN[]
  3. in diesem Sinne auch KG, WuM 1996, 364, 365 f.; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 135[]
Weiterlesen:
Gaststätte statt Ladenlokal - und die anderen Wohnungseigentümer