Ein Umzug – auch über große Entfernungen – rechtfertigt in der Regel nicht die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mitgliedschaftsvertrages mit einem Fitnesscenter [1].

Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 314 BGB ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt werden, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen.
Danach hat der Nutzer eines Fitnessstudios, der das Trainingsangebot infolge eines Wohnsitzwechsels wegen der Entfernung nicht mehr in Anspruch nehmen kann, zwar ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr entrichten zu müssen. Nach Ansicht des Amtsgerichts ist aber der Umstand, dass der Beklagte aufgrund seines Umzugs die Leistung der Klägerin nicht mehr in Anspruch nehmen kann, allein dem Risikobereich des Beklagten zuzuordnen. Denn derjenige, der bewusst einen längerfristigen Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios abschließt und sich dafür im Gegenzug einen günstigeren Monatsbeitrag erkauft, trägt grundsätzlich das Risiko, den Vertrag aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse während der dann längeren Laufzeit nicht mehr nutzen zu können. Dieses Risiko kann durch den Abschluss von Verträgen mit einem mutmaßlich höheren Entgelt, aber dafür mit einer geringeren Laufzeit ausgeschlossen oder jedenfalls minimiert werden. Die Gründe für den Wohnsitzwechsel nach Bremen – sei er auch mittelbar beruflich veranlasst – liegen allein in der Sphäre des Beklagten und sind allein von diesem und sind nicht auch von der Klägerin beeinflussbar (…). Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen können, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Nach dieser Zuordnung des Wohnsitzwechsels zum Risikobereich des Kunden ergibt sich ein Kündigungsrecht für den Kunden auch nicht aus § 313 Abs. 3 S. 2 BGB.
Für das Amtsgericht Bergen ind keine durchgreifenden Gesichtspunkte bzw. Wertungen erkennbar, warum demjenigen, der sich bewusst und willentlich an eine feste Vertragsmindestlaufzeit bindet, um die damit typischerweise verbundenen Vorzüge zu erzielen, nicht konsequenterweise – gewissermaßen kehrseitig – auch abzuverlangen sein sollte, gleichzeitig auch die damit verbundenen Nachteile, konkret ein geringeres Maß an Flexibilität, zu tragen.
Daher muss der Kunde den offenen Betrag auch für die Zeit nach seinem Umzug ausgleichen.
Amtsgericht Bergen (Rügen), Beschluss vom 19. Februar 2015 – 25 C 1/15
- vgl. AG Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14[↩]