Fehlt bei der Fixierung eines Patienten die Möglichkeit einer persönlichen Ansprache, so ist diese unzulässig. Weder mangelndes Personal noch herausforderndes Verhalten rechtfertigen ein Unterlassen des ständigen Sicht- und Sprechkontaktes zum Schutze des Betroffenen.

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht Frankfurt am Main in dem hier vorliegenden Fall entschieden, dass ein Patient nicht länger fixiert bleiben darf. Ein vorläufig in einer Klinik für Psychiatrie untergebrachter Patient wurde kurz nach Beginn seines stationären Aufenthalts auf Anordnung eines bestellten Arztes fixiert und die Fortdauer der Fixierung bis zur Entscheidung des Gerichts angeordnet.
Nach Auffassung des Amtsgerichts Frankfurt am Main ist die Erforderlichkeit der weiteren Fixierung aus zweierlei Gründen abzulehnen: So sei zum einen die Fixierung von vorneherein unverhältnismäßig, da nicht fachgerecht gewesen. Es genüge nicht, dass ein bloßer Sichtkontakt zum Betroffenen durch eine ansonsten verschlossene Tür gewährleistet sei. Vielmehr bedürfe es einer tatsächlichen Möglichkeit des Patienten zu einer persönlichen Ansprache. Dabei verkannte das Amtsgericht Frankfurt nicht die große Belastung des Pflegepersonals durch das Erfordernis einer solch engmaschigen Überwachung. Jedoch rechtfertige weder mangelndes Personal noch herausforderndes Verhalten ein Unterlassen des ständigen Sicht- und Sprechkontaktes zum Schutze des Betroffenen.
Darüber hinaus sei die Fixierung auch deshalb unzulässig gewesen, weil im konkreten Fall keine ausreichend gegenwärtige Gefahr bestanden habe. Insbesondere könnten das Urinieren in das Patientenzimmer oder sexualisierende Äußerungen schon denklogisch keine Gefahr darstellen, welche durch die Fixierung abgewendet werden könnten. Diese Handlungen könnten – wie im konkreten Fall geschehen – auch in der Fixierung erfolgen. Mit der Möglichkeit, dass ein Patient bedrohlich oder tätlich werden könne, müsse eine Fachklinik grundsätzlich umgehen können, zunächst Deeskalationsmöglichkeiten ausschöpfen und nicht – wie vorliegend – gleich auf das extreme Mittel der Fixierung an mehreren Körperteilen zugreifen.
Aus diesen Gründen hat das Amtsgericht Frankfurt am Main entschieden, dass ein vorläufig in einer Klinik für Psychiatrie untergebrachter Patient nicht länger fixiert bleiben darf, wenn nicht durch ausreichend pflegerisches und/oder therapeutisches Personal zu gewährleisten ist, dass der Betroffene innerhalb der Fixierung rechtzeitige Hilfe bekommt, bzw. er hierbei in eine gefährliche Situation geraten kann.
Amtsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 31. Dezember 2019 – 49 XVI 35/20 L
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