Kostenerstattung bei Anwaltswechsel

Hat ein Anwaltswechsel stattgefunden, nachdem der bisherige Prozessbevollmächtigte sein Mandat wegen einer Zusammenlegung seiner Kanzlei mit der des gegnerischen Anwalt niedergelegt hat, so werden die Mehrkosten nicht erstattet.

Kostenerstattung bei Anwaltswechsel

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Celle die Entscheidung des Landgerichts, den Kostenerstattungsantrag des Beklagten zurückzuweisen, für richtig gehalten. Der Beklagten kann die Festsetzung weiterer Kosten in Höhe von 1.307,81 € gegen den Kläger nicht beanspruchen, die im ersten Rechtszug durch die Beauftragung der ersten Rechtsanwälte entstanden sein sollen. Im zu entscheidenden Fall hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 18. Mai 2010 antragsgemäß die von dem Kläger zu erstattenden Kosten für die anwaltliche Vertretung des Beklagten bereits auf eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nrn. 3100 und 3104 VV RVG nebst Auslagen und Mehrwertsteuer festgesetzt. Daneben sind Kosten für die Vertretung des Beklagten im ersten Rechtszug durch weitere Rechtsanwälte im vorliegenden Fall nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich waren.

Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Zwar waren die Rechtsanwälte aus Gründen der Interessenkollision verpflichtet, ihr Mandat für den Beklagten niederzulegen, nachdem die frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers im ersten Rechtszug in ihre Kanzlei eingetreten war. Indessen liegt nicht schon in jedem Fall einer durch eine Interessenkollision bedingten Mandatsniederlegung und der anschließenden Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts ein notwendiger Anwaltswechsel im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO vor. Der Anwaltswechsel darf nämlich nicht auf Umständen beruhen, welche die Partei bzw. nach dem Grundgedanken des § 85 Abs. 2 ZPO der Anwalt hätte voraussehen oder in einer, nur in der Zumutbarkeit seine Grenze findenden Weise hätte verhindern können1. Für die Partei unvermeidbar kann die Niederlegung des Mandats durch den ersten Rechtsanwalt wegen einer Interessenkollision dann sein, wenn diese weder von der Partei noch von dem Rechtsanwalt vorauszusehen oder veranlasst war2. Dagegen sind die Mehrkosten nicht zu erstatten, wenn der Anwalt die Interessenkollision und die daraus resultierende Mandatsniederlegung aus freien Stücken dadurch selbst veranlasst, dass er sich mit dem Anwalt des Gegners zusammenschließt3.

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Hierfür ist maßgeblich, dass der Zusammenschluss mit der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Grund freier Willensentschließung der Rechtsanwälte erfolgt ist. Diese freie Willensentschließung seiner Rechtsanwälte – gleichgültig ob voraussehbar oder nicht – ist für den vorliegenden Rechtsstreit von dem Beklagten zu vertreten. Ebenso wie Prozesshandlungen eines Rechtsanwalts für und gegen die von ihm vertretene Partei wirken, die auch für ein Verschulden des Rechtsanwalts einzustehen hat, fällt eine derartige Mandatsniederlegung auf Grund des Zusammenschlusses mit dem Gegenanwalt nur derjenigen Partei zur Last, deren Rechtsanwalt das Mandat niedergelegt hat.

Die von dem Beklagten mit der sofortigen Beschwerde für seine abweichende Rechtsauffassung angeführte obergerichtliche Rechtsprechung betrifft nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle keinen gleichgelagerten Sachverhalt. Die von dem Oberlandesgericht Nürnberg mit Beschluss vom 10. Juli 19674 bejahte Notwendigkeit des Anwaltswechsel nach der Annahme der Wahl zum Stadtrat durch einen Rechtsanwalt, der die Partei in einem gegen die Stadt geführten Rechtsstreit vertreten hatte, beruht auf der Erwägung, dass der Rechtsanwalt in seiner grundrechtlich in besonderer Weise garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und politischen Betätigung beschränkt wäre, wenn er mit Rücksicht auf ein bestehendes anwaltliches Mandat und eine evtl. zu besorgende Gebühreneinbuße davon Abstand nehmen würde, sich in den Stadtrat wählen zu lassen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21.Oktober 1976 (8OLG Frankfurt/Main, JurBüro 1977, 554)) betrifft eine Interessenkollision durch einen nicht vorhersehbaren Regressanspruch der gegen den von einem Rechtsanwalt vertretenen Beklagten von einem weiteren früheren Mandaten dieses Rechtsanwalts erhoben wurde. Anders als im vorliegenden Fall hatte der Rechtsanwalt in jener Entscheidung die Interessenkollision nicht unmittelbar selbst veranlasst.

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Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 2 W 389/10

  1. vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 2004, Rdnr. 144[]
  2. vgl. von Eicken/Hellstab, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl. B 551 []
  3. vgl. OLG Oldenburg NdsRpfl. 1959, 79. Stein/Jonas/Bork a. a. O. Rdnr. 147[]
  4. OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 920[]