Parteienbezeichnung bei der WEG-Gemeinschaft

§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verlängert zwar den Zeitpunkt, bis zu dem die Parteien nach § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen sind, mildert aber die an die Bezeichnung zu stellenden Anforderungen nicht ab.

Parteienbezeichnung bei der WEG-Gemeinschaft

So folgte in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall aus der Klageschrift mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Anfechtungsklage von vornherein gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet sein sollte und durch die Zustellung an den Verwalter auch gegen diese erhoben worden ist (§ 45 Abs. 1 WEG, § 253 Abs. 1 ZPO). Es liegt allenfalls eine unzureichende Bezeichnung der beklagten Partei vor, die durch eine Klarstellung des Rubrums zu berichtigen ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klageschrift sehr wohl auslegungsfähig, wenn in dieser die beklagte Partei als „die sonstige Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks …“ bezeichnet wird. Da das Wort „sonstige“ im Kontext von Anfechtungsklagen üblicherweise für die Bezeichnung der „sonstigen Wohnungseigentümer der (sodann näher zu bezeichnenden) Wohnungseigentümergemeinschaft …“ verwandt wird, erscheint es schon bei isolierter Betrachtung dieser Angabe zumindest äußerst fraglich, ob die Klage tatsächlich, wie das Berufungsgericht meint, gegen den Verband oder ob sie nicht eher gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet sein sollte. Jedenfalls werden etwaige Zweifel an einer Benennung der übrigen Wohnungseigentümer als Klagegegner spätestens durch den letzten Satz auf Seite drei der Klageschrift behoben, der die Ankündigung enthält, die „ausführliche Eigentümerliste gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG“ werde nachgereicht.

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Die genannte Vorschrift verhält sich nicht zu gegen den Verband gerichtete Klagen, sondern nur zu Rechtsstreitigkeiten, in denen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Parteien eines Rechtstreites sind. Dagegen ist die Benennung der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Klagen gegen den teilrechtsfähigen Verband nicht erforderlich (§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG i.V.m. Satz 4 WEG1). Stellt sich aber die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die (übrigen) Wohnungseigentümer namentlich zu bezeichnen sind, nur bei Klagen, die gegen Mitglieder des Verbandes zu erheben sind, kann die Klageschrift verständigerweise nur so gewürdigt werden, dass Klage gegen die sonstigen Wohnungseigentümer erhoben werden sollte. Soweit in der – ohnehin erst nach Zustellung der Klage bei Gericht eingegangenen – Klagebegründung von „Zeugnis N.N. anwesende Miteigentümer“2 die Rede ist, handelt es sich um eine – in anwaltlichen Schriftsätzen häufiger auftretende – Nachlässigkeit, die jedoch nicht den sicheren Rückschluss darauf zulässt, entgegen den Angaben in der Klageschrift sei die Klage doch gegen den Verband und damit gegen die falsche Partei erhoben worden.

Dass die Kläger nicht selbst die ladungsfähigen Anschriften der Beklagten beigebracht haben, rechtfertigt nicht die Abweisung der Klage als unzulässig. Allerdings sind nach § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO grundsätzlich die Wohnorte der Parteien anzugeben, worunter nach allgemeiner Auffassung eine ladungsfähige Anschrift zu verstehen ist3. Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn dem Kläger dies in bestimmten Konstellationen nicht möglich (vgl. §§ 185 ff. ZPO) oder unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht zumutbar ist4. Liegen solche Ausnahmetatbestände nicht vor, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verlängert zwar den Zeitpunkt, bis zu dem die Parteien nach § 253 ZPO unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen sind, mildert aber die an die Bezeichnung zu stellenden Anforderungen nicht ab5.

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Vorliegend gilt es jedoch, der Besonderheit Rechnung zu tragen, dass der Kläger zunächst geltend gemacht hatte, die Verwalterin habe sich trotz mehrfacher Aufforderung geweigert, eine aktuelle Eigentümerliste herauszugeben, und dass – offenbar als Reaktion hierauf – die geforderte Liste mit Anschriften sodann mit der Klageerwiderung eingereicht worden ist. Damit waren die fehlenden Angaben schriftsätzlich noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) aktenkundig gemacht worden. Es wäre reine Förmelei und widerspräche in eklatanter Weise der dienenden Funktion des Prozessrechts, wenn man bei dieser Sachlage von den Klägern verlangen wollte, diese Angaben nochmals selbst schriftsätzlich in den Prozess einzuführen. Der Kläger hat auf diese Liste Bezug genommen. Mehr ist von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei nicht zu verlangen. Das gilt umso mehr, als die Klage bereits an die – zur Unterrichtung der sonstigen Wohnungseigentümer verpflichtete – Verwalterin6 zugestellt worden war.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. März 2011 – V ZR 190/10

  1. vgl. auch MünchKomm-BGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 44 WEG Rn. 1[]
  2. zur Unbeachtlichkeit eines solchen „Beweisantritts“ vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 356 Rn. 4 mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 09.12.1987 – IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 335 f.; Urteil, vom 31.10.2000 – VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 363; Zöller/Greger, aaO, § 253 Rn. 8[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 09.12.1987, aaO, 336; BFH, NJW 2001, 1158 f.; BVerwG, NJW 1999, 2608, 2609; Zöller/Greger, aaO[]
  5. BT-Drucks. 16/887 S. 36; vgl. auch Timme/Elzer, WEG, § 44 Rn. 2, 10 u. 16 f.; MünchKomm-BGB/Engelhardt, aaO, § 44 WEG Rn. 1[]
  6. dazu BGH, Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 62/09, NZM 2010, 406, 407 mwN[]
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