Bei der ins Blaue hinein erfolgten falschen Angabe „unfallfrei“ in einer Internetanzeige ist ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss – bzw. seine Beschränkung auf 1 Jahr – wegen Arglist des Verkäufers unwirksam.

Der Käufer hat gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus §§ 437 Nr. 3, 434, 280, 281 BGB.
Im vorliegend entschiedenen Fall wies der von dem Käufer erworbene PKW zum Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel auf, weil er einen Unfallschaden hinten links hatte. Die Nachlackierung bestand unstreitig zum Zeitpunkt des Kaufs, für weitere Reparaturen während der Besitzzeit des Käufers bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der Sachverständige hat eine nicht unerhebliche Deformation des linken Seitenteils festgestellt, d. h. eine über einen Bagatellschaden hinausgehende Beschädigung des Fahrzeugs. Ob diese auf einem Verkehrsunfall im Sinne einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder auf eine sonstige Schadenseinwirkung zurückzuführen ist, ist unerheblich, entscheidend ist, dass das Fahrzeug zum Übergabezeitpunkt bereits einen größeren Schaden erlitten hatte.
Aufgrund dieses Sachmangels kann der Käufer im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Verkäufer nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Verkäufer hat dem Käufer den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Verkäufer hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Verkäufers zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Verkäufer jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Käufer mit der von dem Verkäufer hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Verkäufer wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Verkäufer deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Verkäufer arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war.
Im Rahmen des großen Schadensersatzes kann der Käufer Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Weiterhin hat er einen Anspruch auf Erstattung der An- und Abmeldekosten, die das Landgericht allerdings nur auf insgesamt 45, – EUR schätzt. Nach der Erfahrung der Landgericht liegen die Anmeldekosten im hiesigen Raum zwischen 30, – und 40, – EUR, die Abmeldekosten etwa bei 10, – EUR. Daraus ergeben sich gemäß § 287 ZPO geschätzte An- und Abmeldekosten in Höhe von insgesamt 45, – EUR.
Gemäß §§ 281 Abs. 5, 346 BGB hat der Käufer dem Verkäufer allerdings im Gegenzug den Wert der gezogenen Nutzungen herauszugeben. Er hat dazu vorgetragen, er sei während seiner Besitzzeit 7.955 km mit dem Fahrzeug gefahren. Der Anfangskilometerstand habe 97.500 betragen, der jetzige Kilometerstand betrage 105.455. Nach der üblichen Berechnungsmethode ergebe sich daraus ein Gebrauchsvorteil in Höhe von 2.800 x 0, 5% x 7, 9 = 110, 60 EUR. Dies ist für das Landgericht so nicht nachvollziehbar. Die Berechnungsformel für die Nutzungsvergütung bei Gebrauchtfahrzeugen lautet Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer /voraussichtliche Restlaufleistung1. Das Landgericht legt für den vom Käufer erworbenen Kleinwagen eine Gesamtlaufleistung von 200.000 km zugrunde, so dass zum Zeitpunkt des Kaufs noch von einer Restlaufleistung von 102.500 km auszugehen war. Aus der oben genannten Formel 2.800 x 7.955 /102.500 ergibt sich daher eine Nutzungsvergütung von 217, 31 EUR. Soweit der Verkäufer den jetzigen Kilometerstand bestreitet und ein Mehr an gefahrenen Kilometern behauptet, ist er für diese ihm günstige Tatsache beweispflichtig, hat aber keinen Beweis angetreten.
Nachdem der Verkäufer die ihm zur Erklärung des Einverständnisses mit der Rückabwicklung gesetzte Frist verstreichen lassen hat, befindet er sich spätestens seitdem im Annahmeverzug. Dies war auf Antrag des Käufers festzustellen.
Landgericht Heidelberg, Urteil vom 28. Januar 2015 – 1 S 22/13