Wird ein Model mit einer erkennbar ungewollt aufgrund eines abrutschenden Oberteils entblößten Brust fotografiert, liegt in der Veröffentlichung des Fotos eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main dafür eine Entschädigung in Höhe von 3.000, 00 € für angemessen gehalten.
Das klagende Model arbeitete auf einer Modewoche in Frankfurt am Main. Am Laufsteg waren an drei Stationen Fotografen positioniert. An der letzten der Stationen sollten die Models vor dem Verlassen des Laufstegs vor einem Sponsorenaufsteller eine einstudierte Pose zeigen. Nachdem das klagende Modell bereits an den ersten beiden Stationen vorbeigelaufen war, bemerkte sie, dass ihr Oberteil begonnen hatte abzurutschen. Bei der letzten Station vor dem Sponsorenaufsteller, als sie die einstudierte Pose zeigte, nahm ein Fotograf das streitgegenständliche Foto auf. Auf ihm sieht man aufgrund des heruntergerutschten Oberteils die linke Brust des Models bis unterhalb der Brustwarze. Das Foto wurde online und Print von dem beklagten Verlagshaus, das eine bundesdeutsche Boulevard-Zeitung herausgibt, veröffentlicht, obwohl das Model sich vorher gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen hatte.
Nachdem sich die Verlegerin verpflichtet hatte, die Veröffentlichung des Fotos zu unterlassen, hat das Model eine Geldentschädigung von mindestens 10.000,00 € begehrt. Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Frankfurt am Main hat der Klage in Höhe von 5.000,00 € stattgegeben1. Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Verlegerin unter Zurückweisung der weitergehenden Begehren zur Zahlung von 3.000,00 € verurteilt.
Dem klagenden Model stehe ein Anspruch auf Geldentschädigung zu, bestätigte das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung. Die Veröffentlichung des Fotos verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Das Model habe in die Veröffentlichung dieses Fotos nicht eingewilligt. Ihre Einwilligung habe sich auf die regulären Posen für die Fotografen beschränkt. Das Model habe mit bedeckter Brust ihren „Walk“ begonnen und so überwiegend absolviert. Auch für die Verlegerin, die im Textbeitrag die Formulierung „Busen-Blitzer“ verwendete, sei erkennbar gewesen, dass der nackte Busen und die Brustwarze „ungewollt zum Vorschein gekommen“ seien. Sie habe selbst dem Verhalten des Models den Erklärungswert beigemessen, „dass die Entblößung ihrer Brust möglicherweise unbemerkt, jedenfalls aber unfreiwillig erfolgte“. Das Model habe „erkennbar eine unzutreffende Vorstellung von ihrem äußeren Erscheinungsbild“ gehabt, als sie an der dritten Station für die Fotografen posierte.
Gewicht und Tragweite der Verletzung und das Verschulden aufseiten der Verlegerin rechtfertigten hier eine Geldentschädigung. Es liege eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor. Auch wenn das Zeigen der (sekundären) Geschlechtsmerkmale nicht in jedem Fall als anstößig empfunden werde, obliege es allein der Frau, darüber zu entscheiden, ob sie sich mit unbekleideter Brust öffentlich zur Schau stellen möchte. Bedeutung erlange zudem, dass es sich um den ersten „Walk“ des damals 22-jährigen, unerfahrenen Models gehandelt habe. Das Model sei durch die Veröffentlichung „nicht nur in ihrem moralisch-sittlichen Gefühl gedemütigt worden, sondern auch dadurch, dass die Verlegerin sich über ihren explizit erklärten Willen hinwegsetzte“. Abwägungsrelevant sei auch die Auflagenstärke des von der Verlegerin verlegten Printmediums mit 1,1 Mio. verkauften Exemplaren und des bundesweit abrufbaren Onlineartikels. Die Verlegerin treffe zudem ein grobes Verschulden gegen journalistische Sorgfaltspflichten.
Angemessen sei hier eine Entschädigung von 3.000,00 €. Dabei erlange unter anderem Bedeutung, dass das Model sich sowohl unmittelbar vor als auch nach dem Vorfall auf von ihr veröffentlichten Fotos zum Teil „recht freizügig“ gezeigt habe. Auf ihrem eigenen Instagram-Account sei ein Foto zu sehen, auf dem das präsentierte Oberteil „erst unmittelbar über den Brustwarzen an(setze) und den gesamten darüber liegenden Bereich der Brüste unbedeckt (lasse)“, führte das Oberlandesgericht weiter an. Damit führe das Model dem Betrachter sofort auch wieder das streitgegenständliche Foto vor Augen. Nachhaltige und fortwirkende Beeinträchtigungen durch die Veröffentlichung seien im Rahmen der persönlichen Anhörung des Models nicht zu erkennen gewesen. Substanziierter Vortrag zu der behaupteten Ausgrenzung, Diskriminierung und Benachteiligung fehle.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17. Juli 2025 – 16 U 7/24
- LG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.01.2024 – 2-03 O 588/23[↩]
Bildnachweis:
- OLG Frankfurt a.M. Richterbank: OLG Frankfurt a.M.











