Die Vermögensauskunft bzw. die Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses kann nicht an eine Bedingung geknüpft werden, auch nicht daran, dass das Verzeichnis nicht älter als 12 Monate ist.

Ein entsprechender Vollstreckungsauftrag wäre unzulässig, weil mit Einschränkungen versehen, die das Gesetz nicht zulässt. In einer Ausführung des Auftrages in der von der Gläubigerin beantragten Art und Weise, nämlich unter der Bedingung, dass das Vermögensverzeichnis nur übersandt werden solle, wenn dieses nicht älter als 12 Monate sei, liegt ein Verstoß gegen § 802 d Abs. 1 Satz 2 ZPO.
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Gläubiger im Verfahren über die Erteilung einer Vermögensauskunft auf die Übersendung des früheren Vermögensverzeichnisses gemäß § 802 d ZPO verzichten bzw. den Zwangsvollstreckungsauftrag beschränken kann mit der Folge, dass der Gerichtsvollzieher von der kostenpflichtigen Übersendung des Vermögensverzeichnisses absehen muss oder ob ein einschränkender Antrag auf Übersendung des Vermögensverzeichnisses nicht zulässig ist. Das Landgericht schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
Bereits der Wortlaut des § 802 d Abs. 2 ZPO lässt erkennen, dass eine Eingriffsmöglichkeit des Gläubigers, z.B. durch Verzicht auf eine Zuleitung des Vermögensverzeichnisses oder einen sonstigen beschränkenden Antrag bezüglich der Übersendung des Vermögensverzeichnisses in dem Fall, dass die erneute Vermögensabgabe nach § 802 d Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in Betracht kommt, nicht besteht. Die Formulierung „andernfalls leitet …… zu“ zeigt, dass es einen Spielraum für eine Entscheidungsmöglichkeit der am Vollstreckungsverfahren Beteiligten nicht gibt.
Die zwingende Folge der Übersendung des Vermögensverzeichnisses ohne eine Dispositionsmöglichkeit des Gläubigers, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 802 d ZPO1. Dort heißt es: „Soweit daher der Anspruch weiterer Gläubiger auf Abgabe der Vermögensauskunft durch die Sperrfrist beschränkt ist, bestimmt Satz 2, dass der Gerichtsvollzieher ihnen einen Ausdruck der letzten abgegebenen Vermögensauskunft zukommen lassen muss.“
Eine optionale Möglichkeit oder ein Ermessen lässt die Formulierung „. zukommen lassen muss.“ nicht zu. Eine Einschränkung oder ein Recht des Gläubigers, durch einen entsprechenden Antrag auf die Frage der Übersendung des Vermögensverzeichnisses Einfluss nehmen zu können und die Übersendung von einer „Bedingung“ abhängig machen zu können, ist nach der Gesetzesbegründung nicht vorgesehen2.
Diese Auslegung wird bestätigt durch die geplante Änderung der ZPO. Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655 aus 2014, sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften (EuKoPfVODG) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 22.12 2014 sieht eine Änderung des § 802 d ZPO vor. Danach soll zur gesetzlichen Klarstellung der seit dem 01.01.2013 geltenden Regelung, § 802 d Abs. 1 Satz 2 ZPO wie folgt gefasst werden: „Andernfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu; ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich.“
Das Fehlen einer Regelung für die Möglichkeit eines bedingten Vollstreckungsauftrag zeigt damit nicht dessen Zulässigkeit, sondern spricht gegen diese3.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift und das System des neuen Schuldnerverzeichnisses sprechen für eine zwingende Übersendung der schon vorliegenden Vermögensauskunft.
Das neue Schuldnerverzeichnis soll als Auskunftsverzeichnis den Gläubigern aktuelle Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse eines Schuldners verschaffen. Seine verstärkte Bedeutung liegt in der verbesserten Möglichkeit der Informationsbeschaffung für alle Gläubiger eines Schuldners bereits zu Beginn ihres jeweiligen Vollstreckungsverfahrens und insbesondere in dem Schutz der Gläubigerschaft vor Geschäften mit zahlungsunfähigen und zahlungsunwilligen Schuldnern. Den Gläubigern sollen weitere Erkenntnisse über den Schuldner durch ergänzende Fremdauskünfte ermöglicht werden. Ziel des Gesetzes war somit – neben dem Schutz des einzelnen Gläubigers, in erster Linie ein verbesserter Schutz des Rechtsverkehrs. Die Blickrichtung war mithin nicht der einzelne Gläubiger allein, sondern die Gläubigerschaft insgesamt, das heißt der Rechtsverkehr im allgemeinen4. Dieser Schutz wird dadurch erreicht, dass die Übersendung der Vermögensauskunft an einen weiteren Gläubiger nach § 882 c Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO bei Ausfall einer vollständigen Befriedigung automatisch die erneute Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach sich zieht. Diese allgemeinen Gläubigerinteressen und der Schutz des Rechtsverkehrs würde entwertet, wäre es dem einzelnen Gläubiger möglich, durch die Art seines Antrages, nämlich wann er die Übersendung des Vermögensverzeichnisses wünscht, Einfluss darauf zu nehmen, ob eine erneute Eintragung in das Schuldnerverzeichnis erfolgt.
Dieser Auslegung steht nicht das im Zwangsvollstreckungsverfahren herrschende Antragsprinzip, die Dispositionsfreiheit und Parteiherrschaft des Gläubigers entgegen, der regelmäßig die Einleitung, die Beendigung oder den Stillstand eines Vollstreckungsverfahrens herbeiführen kann. Denn die – automatische – Übersendung des Ausdruckes des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses in dem Fall, dass eine (erstmalige) Abgabe der Vermögensauskunft nicht in Betracht kommt, stellt keine gesonderte, weitere Fortführungsmaßnahme des Vollstreckungsverfahrens gegenüber dem Erstantrag dar. Vielmehr enthält der Antrag des Gläubigers auf Abnahme der Vermögensauskunft für den Gerichtsvollzieher die alternative Handlungsanweisung, entweder die Vermögensauskunft abzunehmen, sofern eine solche in den letzten zwei Jahren nicht abgegeben worden ist, oder das bereits vorhandene Vermögensverzeichnis aus den letzten zwei Jahren an den Gläubiger zu übersenden. Die Parteiherrschaft des Gläubigers ist durch diese gesetzlich vorgegebenen Alternativhandlungsanweisung an den Gerichtsvollzieher wirksam eingeschränkt, begründet aus dem Gesetzeszweck des verbesserten Schutzes des Rechtsverkehrs. Die grundsätzlich gegebene Dispositionsfreiheit des Gläubigers wird durch die gesetzlich vorgegebene Folge nicht wesentlich tangiert. Die gegenteilige Ansicht5 überzeugt nicht, da sie allein auf die Interessen des einzelnen Gläubigers abstellt.
Auch die in den Zwangsvollstreckungsverfahren bestehende Standardisierung des Verfahrensablaufes spricht gegen die Einräumung einer Eingriffsmöglichkeit des Gläubigers in das von dem Gerichtsvollzieher alternativ vorzunehmende Handeln gemäß § 802 d Abs. 1 ZPO.
Hinzu kommt, worauf das Amtsgericht ebenfalls zu Recht hingewiesen hat, dass in dem Begehren eines Gläubigers, die Übersendung des hinterlegten Vermögensverzeichnisses nur bis zu einem bestimmten Alter zu wünschen, keine echte rechtliche Bedingung im Sinne des § 158 BGB liegt. Eine Bedingung in diesem Sinne ist eine Bestimmung, die die Rechtswirkung eines Geschäftes oder Antrages von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig macht. Das Alter eines Vermögensverzeichnisses und dessen Abgabedatum ist jedoch kein zukünftiges ungewisses Ereignis, sondern ein lediglich dem Gläubiger nicht bekanntes Ereignis. Eine bestehende subjektive Ungewissheit stellt keine zulässige Rechtsbedingung dar6.
Die Möglichkeit zur Stellung eines eingeschränkten Vollstreckungsauftrages ist auch nicht im Hinblick auf das Informationsinteresse eines Gläubigers, ob sich eine zeitnahe Vollstreckung lohne, notwendig. Denn das Interesse festzustellen, ob bereits Dritte Vollstreckungsversuche unternommen haben, kann durch Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis gem. § 882f ZPO gedeckt werden.
Landgericht Schwerin, Beschluss vom 25. Februar 2016 – 5 T 277/15
- BT-Drs. 16/10069, S. 26[↩]
- so auch LG Münster, Beschluss vom 21.05.2015, 5 T 194/14[↩]
- a.A. OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.2015, I-25 W 277/14, 25 W 277/14 mwN; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.02.2015, 9 W 143/14[↩]
- vgl. BT-Drs 16/10069 S.20[↩]
- OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.2015, a.a.O.; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.02.2015, a.a.O.[↩]
- Palandt-Ellenberger, BGB, 75. Aufl., vor § 158 Rn. 5[↩]