Kein Notwegerecht zum Zwecke des Parkens

Ein Hausgrundstück kann auch dann ordnungsgemäß im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB genutzt werden, wenn Pkw nicht auf dem Grundstück, sondern in der Nähe auf der Straße abgestellt werden können. Der Eigentümer des mit dem Notwegerecht belasteten Grundstücks muss Überfahrten der Grundstücksmieter zum Zwecke des Parkens auf dem begünstigten Grundstück nicht dulden. 

Kein Notwegerecht zum Zwecke des Parkens

Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer Unterlassung verlangen, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, kann der Eigentümer Unterlassung verlangen. Überfahrten über das mit dem Notwegerechte belastete Grundstück mit Autos beeinträchtigen das Eigentum.

Die Grundstückseigentümer können die Nachbarin in Anspruch nehmen, selbst wenn diese selbst nicht den Weg nutzt. Verpflichtet ist nach § 1004 Abs. 1 BGB der Störer. Handlungsstörer ist die Nachbarin in erster Linie dann, wenn sie selbst über das Grundstück fährt. Infrage kommt aber auch eine mittelbare Handlungsstörerschaft. Wer die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten adäquat verursacht hat und die Beeinträchtigung verhindern kann, ist mittelbarer Handlungsstörer1. Die Nachbarin gestattet den Mietern die Nutzung des Weges und das Abstellen von Autos. Sie hat damit die Ursache für die Beeinträchtigung gesetzt.

Dem Unterlassungsanspruch der Grundstückseigentümer steht auch keine unbeschränkte Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Sie sind nicht verpflichtet, alle Fahrten zu dulden.

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Grundsätzlich sind die Grundstückseigentümer zwar zur Duldung der Wegenutzung aus § 917 Abs. 1 S. 1 BGB wegen eines Notwegerechts der Nachbarin verpflichtet. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung einer erforderlichen Verbindung dulden, wenn einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege fehlt.

Die Voraussetzungen eines Notwegerechts liegen vor. Das Grundstück der Nachbarin ist nicht mit einer öffentlichen Straße verbunden. Für die ordnungsgemäße Benutzung ist es erforderlich, das Grundstück zu Fuß oder mit Fahrzeugen erreichen zu können. Es kann nämlich erforderlich sein, dass Personen oder schwere Gegenstände dort hingebracht werden müssen. Auch müssen beispielsweise Handwerkerfahrzeuge auf das Grundstück gelangen können, um das Haus instandzuhalten.

Nicht für die ordnungsgemäße Nutzung eines Grundstücks erforderlich ist indessen, dort Autos längere Zeit abzustellen, wenn diese vor dem Grundstück oder in seiner Nähe auf der Straße abgestellt werden können2. Die Annahme eines Notwegerechtes bedarf im Hinblick auf den schwerwiegenden Eingriff, den das Notwegerecht für das Eigentum des betroffenen Nachbarn bedeutet, einer besonderen Begründung. Es muss ein unabweisbares Bedürfnis für die Inanspruchnahme des anderweitigen Grundeigentums vorhanden sein3. Dass Fahrzeuge nicht vor dem eigenen Haus geparkt werden können, ist nicht ungewöhnlich, in Städten vielmehr häufig. Es gibt eine Vielzahl von Mietern und Grundstückseigentümern, die ihre Grundstücke nutzen, ohne dass sie überhaupt ein Auto besitzen.

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Die Möglichkeit, für die Durchführung von Transporten auf das Grundstück zu fahren, wird durch die Grundstückseigentümer nicht in Abrede gestellt. Die Benutzung eines Grundstücks erfordert es, dort gelegentlich vorzufahren. Widersinnig – wie es das Landgericht bezeichnet hat – ist diese Unterscheidung nicht. Die Zahl der Überfahrten steigt deutlich an, wenn die Mieter dort auch parken dürfen, und mit der Zahl der Überfahrten steigt auch der Grad der Beeinträchtigung des Grundstücks der Grundstückseigentümer.

Das Oberlandesgericht hat den Umfang des Benutzungsrechts und mithin der Duldungspflicht gemäß § 917 Abs.1 S. 2 BGB bestimmt. Allein der Umstand, dass die Zweckbestimmung, mit der der Weg genutzt wird, nicht immer ohne weiteres von außen erkennbar ist, reicht nicht aus, den Unterlassungsanspruch der Grundstückseigentümer zu verneinen. Denn die Terminologie der Straßenverkehrsordnung erlaubt hier eine Abgrenzung. Nach § 12 StVO parkt, wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als 3 Minuten hält. Wenn ein Mieter hiernach auf dem Grundstück der Nachbarin parkt, kann man annehmen, dass auch schon das vorangegangene Befahren des mit dem Notwegerechte belasteten Grundstücks diesem Zweck diente, also verboten war.

Eine weitergehende Duldungspflicht der Grundstückseigentümer ergibt sich nicht durch die im Baulastenverzeichnis zugunsten des Grundstücks der Nachbarin eingetragene Zuwegung. Denn die Grundstückseigentümer sind danach zwar verpflichtet, eine Zuwegung zu dulden, dies stellen sie auch gar nicht in Frage. Vielmehr wenden sie sich gegen eine Nutzung der Zuwegung in einem bestimmten Umfang.

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Schleswig -Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. Januar 2021 – 11 U 91/20

  1. vgl. Palandt/Herrler BGB, 79. Aufl., § 1004 Rn. 17[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2013 – V ZR 278/12; ebenso: OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.01.1995 – 6 U 198/93 39; OLG Schleswig, Urteil vom 09.07.2002 – 3 U 131/01[]
  3. vgl. OLG Schleswig, a. a. O.[]

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