Die nach positiver Entscheidung über PKH-Gesuch versäumte Wiedereinsetzungsfrist

Ein mittelloser Steuerpflichtiger ist an der formgerechten Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf PKH als unverschuldet verhindert anzusehen, sodass ihm nach der Entscheidung über das PKH-Gesuch grundsätzlich Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist zu gewähren ist. Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, dass der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) und die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO).

Die nach positiver Entscheidung über PKH-Gesuch versäumte Wiedereinsetzungsfrist

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ist die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist zwar versäumt. Wird die beantragte PKH durch Beiordnung eines Rechtsbeistandes seiner Wahl gewährt, ist das in der Mittellosigkeit begründete Hindernis mit Zustellung des Beschlusses über die PKH-Gewährung (vorliegend 15.04.2016) weggefallen1, sodass die zweiwöchige Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Nachholung der versäumten Handlung am 29.04.2016 ablief (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB). Antrag auf Wiedereinsetzung und die Einlegung der Beschwerde durch einen hierzu befugten Vertreter erfolgten erst am 19.05.2016.

Zwar ist eine Rechtsbehelfsbelehrung darüber, dass nach Gewährung der PKH die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch einen hierzu befugten Vertreter erforderlich ist, gesetzlich nicht vorgesehen. Jedoch geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass die Versäumung der Frist, die dem Kläger nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste, entschuldigt ist. Nachdem dem Kläger vom Bundesfinanzhof PKH zum Zwecke der Beiordnung eines am Bundesfinanzhof postulationsfähigen Vertreters bewilligt worden war und der Kläger bereits eine Nichtzulassungsbeschwerde -wenn auch ohne den hierzu befugten Vertreter- eingelegt hatte, wäre das Erfordernis, binnen zwei Wochen unter Wiederholung der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einen Wiedereinsetzungsantrag beim Bundesfinanzhof zu stellen eine Förmlichkeit, mit der der nicht vertretene Kläger nicht zu rechnen braucht. Die Situation eines Antragstellers, dem PKH für die Beiordnung eines Prozessvertreters bewilligt worden ist, unterscheidet sich grundlegend vom Wiedereinsetzungsantrag z.B. eines Klägers, der die Klagefrist aufgrund eines besonderen Ereignisses (z.B. Verkehrsunfalls) versäumt hat und nun erstmals dem Gericht den Wiedereinsetzungsantrag mit den ihm unbekannten Gründen für die Fristversäumnis unterbreitet. Der Bevollmächtigte hat auch umgehend nach seiner Bevollmächtigung den Wiedereinsetzungsantrag und die Einlegung einer formgerechten Nichtzulassungsbeschwerde nachgeholt. Ihm ist deshalb die begehrte „Wiedereinsetzung“ in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.

Weiterlesen:
Beschwerdebegründungsfrist - und die beim Amtsgericht eingegangene Beschwerdebegründung

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31. Mai 2016 – V B 26/16

  1. BFH, Beschluss vom 17.10.2011 – III B 92/10, BFH/NV 2012, 421; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 56 FGO Rz 190, 191[]