Verpflichtet sich der Vermieter von Kraftfahrzeugen gegenüber den Mietern, das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit zu veräußern und den Veräußerungserlös insoweit an den Mieter auszuzahlen, als er einen vertraglich vereinbarten, unter dem Buchwert der Fahrzeuge zum Vertragsende liegenden Restwert übersteigt, kann er für diese Pflicht ratierlich eine Rückstellung in der Höhe bilden, in der der vereinbarte Restwert unter dem Buchwert der Fahrzeuge liegt. Verpflichtungen aus einem Erfüllungsrückstand sind abzuzinsen.

Nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Unternehmer das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die „handelsrechtlichen“ GoB ergeben sich vornehmlich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 ff. HGB.
Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entweder – erstens – das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder – zweitens – die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen- Verbindlichkeit [1]. Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen [2]. Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen [3]. Des Weiteren ist ein wirtschaftlicher Bezug der Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich [4].
Beruht die ungewisse Verbindlichkeit auf einem so genannten schwebenden Geschäft aus einem gegenseitigen Vertrag, der von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei noch nicht voll erfüllt ist, hat die Passivierung regelmäßig zu unterbleiben. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung durch schuldrechtliche Vorleistungen oder einen Erfüllungsrückstand gestört ist [5]. Das gilt auch für Dauerschuldverhältnisse [6].
Ein derartiger Erfüllungsrückstand sah der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Streitfall als gegeben an:
Die Klägerin schuldet ihren Vertragspartnern zum einen die Überlassung der Fahrzeuge während der Mietzeit entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen. Zum anderen ist sie jedoch auch verpflichtet, am Ende der Mietzeit die Fahrzeuge jeweils zu veräußern und den Erlös abzüglich des vereinbarten Restwerts an die Mieter herauszugeben. Die Verpflichtung zur Auskehrung des Veräußerungserlöses ist ohne Abschluss der Mietverträge nicht denkbar. Sie ist rechtlich und wirtschaftlich mit den Mietverträgen über die Fahrzeuge verknüpft. Denn die Klägerin erleidet hierdurch bei isolierter Betrachtung einen Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem kalkulierten Restwert der Fahrzeuge und dem Buchwert zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Fahrzeuge aus der Bilanz, ohne dass sie hierfür vertraglich eine gesonderte Gegenleistung erhält. Diese Vereinbarung lässt sich nur durch die Höhe der Mietraten erklären, die so bemessen werden, dass sie auch den Fall einer außergewöhnlichen Abnutzung des Fahrzeugs auf den kalkulierten Restwert abdecken. Es handelt sich wirtschaftlich betrachtet- um eine Mietrückzahlung, die unter der Bedingung steht, dass sich das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit noch im Betriebsvermögen der Klägerin befindet und der Veräußerungserlös den kalkulierten Restwert übersteigt. Für diese Pflicht, die die Klägerin am Ende der Laufzeit der Mietverträge trifft, vereinnahmt sie die Gegenleistung bereits während der Mietzeit in Form „überhöhter“ Mietraten. Da diese Erlöse mit der Vergütungspflicht zum Ende des Vertrags belastet sind, befindet sich die Klägerin insoweit in einem Erfüllungsrückstand (Verpflichtungsüberhang), dem zur Vermeidung eines überhöhten Gewinnausweises durch die Bildung einer Rückstellung bilanziell Rechnung getragen werden muss [7].
Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 17. November 2010 [8] zugrunde lag, lässt sich demnach im Streitfall die vereinbarte Regelung nicht in zwei wirtschaftlich eigenständige Rechtsgeschäfte zerlegen. Aus den Mietzahlungen kann kein marktübliches Entgelt abgesondert werden, das einer anderen vom Mietvertrag zu trennenden gesonderten vertraglichen Vereinbarung zugerechnet werden könnte. Bei den hier streitigen Vereinbarungen handelt es sich vielmehr um Modalitäten der abgeschlossenen Mietverträge; es werden wirtschaftlich betrachtet Mietminderungen unter der zweifachen Bedingung vereinbart, dass sich zum einen das Fahrzeug am Ende der Mietzeit noch im Betriebsvermögen befindet und zum anderen der Verkauf des Fahrzeugs zu einem Erlös über dem kalkulierten Restwert führt. Da nur ein einheitliches Rechtsgeschäft gegeben ist, bedarf es im Streitfall auch nicht der Entscheidung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen Vor- und Nachteile aus mehreren Rechtsverhältnissen ausgeglichen werden können (sog. Mehrkomponentengeschäft [9]).
Diese Vergütungspflicht der Klägerin ist dem Grunde und der Höhe nach ungewiss. Zwar wird die Verpflichtung der Klägerin in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Verträge zum Tragen kommen. Für jeden einzelnen Vertrag ist jedoch ungewiss, ob sich das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit noch im Betriebsvermögen der Klägerin befindet oder bereits, z.B. wegen eines Unfalls, ausgeschieden ist [10].
Es handelt sich nicht um Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, die gemäß § 5 Abs. 4a EStG 1997 nicht ausgewiesen werden dürfen. Ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft droht, wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass der Wert der eigenen Verpflichtung aus dem Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (sog. Verpflichtungs- oder Aufwendungsüberschuss [11]). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Der Verpflichtung, den Erlös aus der Veräußerung der Fahrzeuge an die Mieter auszukehren, steht keine von den Fahrzeugmieten zu sondernde weitere Gegenleistung der Mieter gegenüber, die sich im Nachhinein als zu gering erwiesen hat. Es handelt sich um kein selbstständiges, von der Vermietung der Fahrzeuge zu trennendes schwebendes Geschäft. Vielmehr ist ein einheitlicher Vertrag gegeben, aus dem der Klägerin keine Verluste entstehen. Die Mietleistungen werden von vornherein so bemessen, dass sie den aus dem Fahrzeugverkauf folgenden Verlust der Klägerin abdecken.
Dieser Einschätzung stehen nicht das BFH-Urteil in BFHE 184, 439 [12] und das BFH-Urteil in BFHE 193, 93 [13] entgegen. Zum einen ging es bei diesen beiden Fällen um den Ausgleich von Vor- und Nachteilen aus mehreren am Bilanzstichtag schwebenden Rechtsverhältnissen, bei denen überdies der eine Vertrag den anderen Vertrag nicht ursächlich bedingte [14]. Demgegenüber liegt im Streitfall ein einheitlicher Vertrag vor. Zum anderen bestand für den BFH in den beiden Vergleichsurteilen kein besonderer Anlass für eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen. Denn in den dortigen Streitjahren existierte noch kein steuerliches Passivierungsgebot für Drohverlustrückstellungen, so dass sich die Einordnung auf die Ergebnisse nicht ausgewirkt hätte [15].
Ein passiver RAP war ebenso wenig wie eine Anzahlung zu bilden. Die Klägerin erbringt mit dem Verkauf der Fahrzeuge und der Auskehrung des Veräußerungserlöses keine zeitraumbezogene Leistung, wie sie für die Rechnungsabgrenzung charakteristisch ist (§ 5 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 [16]). Auch von einer Anzahlung lässt sich nicht sprechen, weil die Mieter der Fahrzeuge schuldrechtlich kein gesondertes Entgelt für den Anspruch auf Beteiligung am Veräußerungserlös entrichtet haben.
Die Klägerin kann die Rückstellung in monatlich ansteigender Höhe bis zu dem Betrag bilden, zu dem der Buchwert der Fahrzeuge zum Ende der Mietzeit den kalkulierten Restwert übersteigt. Da die Voraussetzungen für die Rückzahlung der überzahlten Mietraten im Laufe der Mietzeit geschaffen werden, muss die Rückstellung nach Maßgabe der entrichteten Mietzahlungen über diesen Zeitraum angesammelt werden [17]. Soweit die Klägerin auch den Veräußerungserlös, der den Buchwert der Fahrzeuge zum Ende der Mietzeit übersteigt, an die Mieter auszahlen muss, ist keine Rückstellung zu bilden. Die Klägerin ist insoweit wirtschaftlich nicht belastet, weil sie diese Leistung aus künftigen Erträgen und nur für den Fall zu erbringen hat, dass sie tatsächlich einen Preis über dem Buchwert der Fahrzeuge erzielt.
Da die Laufzeit der Verträge ein Jahr übersteigt, sind die Rückstellungen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 [18] abzuzinsen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist im Streitfall kein Raum für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002. Denn die rückzustellende Verpflichtung ist eine Geld- und nicht eine Sachleistungsverpflichtung.
Es handelt sich auch nicht um eine Vorausleistung, für die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 i.V.m. Nr. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 eine Abzinsung ausgeschlossen ist. Bei Anzahlungen oder Vorausleistungen soll so die Gesetzesbegründung- das Abzinsungsgebot nicht gelten, weil andernfalls die Passivierung der Rückgewährverpflichtung mit dem abgezinsten Wert wegen der Aktivierung der Anzahlungen oder Vorausleistungen mit den Anschaffungskosten den Ausweis eines nicht realisierten Gewinns bedeutete [19]. Anzahlungen und Vorausleistungen sind Vorleistungen, die in Erfüllung eines zu einem späteren Zeitpunkt noch zu vollziehenden Rechtsgeschäfts erbracht werden [20]. Im Streitfall handelt es sich nicht um ein künftiges erst noch zu vollziehendes Rechtsgeschäft. Die Mieter sind vielmehr vertraglich verpflichtet, während der Mietzeit monatlich die vereinbarte Miete zu leisten. Es besteht nur die Möglichkeit, dass sie am Ende der Vertragslaufzeit einen Teil des geleisteten Entgelts zurückerlangen. Für derartige nach Beendigung des Schwebezustands zu leistende Zahlungen hat der BFH auch schon vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 eine Verzinsung für möglich erachtet [21]. Nunmehr geht das Gesetz typisierend davon aus, dass eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht [22] und ordnet für derartige Fälle stets eine Abzinsungspflicht an [23].
Soweit das Finanzamt im Revisionsverfahren unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 23. Dezember 1991 [24] vorgetragen hat, die Mieter der Fahrzeuge seien wirtschaftliche Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) der Fahrzeuge geworden, so dass diese nicht bei der Klägerin, sondern bei den Mietern zu aktivieren seien, fehlen für eine abschließende Beurteilung ausreichende Feststellungen des Finanzgericht. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist die Rechtsstellung des wirtschaftlichen Eigentümers dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Aus den Feststellungen des Finanzgericht ergeben sich hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein die Vereinbarung von Mietrückzahlungen am Ende der Laufzeit auf der Grundlage eines Restwerts, der unter dem Buchwert liegt, rechtfertigt nicht die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums der Fahrzeuge bei den Mietern. Die weiteren vom Finanzamt in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Gesichtspunkte kann der BFH mangels entsprechender Feststellungen des Finanzgericht im Revisionsverfahren nicht berücksichtigen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. September 2011 – I R 50/10
- vgl. BFH, Urteil vom 20.08.2008 – I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 30.01.2002 – I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 19.10.1993 – VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 27.06.2001 – I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30.01.2002 – I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30.11.2005 – I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; vom 13.12.2007 – IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516; vom 27.01.2010 – I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 05.04.2006 – I R 43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593; BFH, Urteil vom 28.07.2004 – XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 244 f., jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 25.04.2006 – VIII R 40/04, BFHE 213, 364, BStBl II 2006, 749[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 171, 434; Moxter, Bilanzrechtsprechung, 6. Aufl., S. 131 ff.; anders noch BFH, Urteil vom 08.10.1987 – IV R 18/86, BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57[↩]
- BFH, Urteil vom 17.11.2010 – I R 83/09, BFHE 232, 80, BStBl II 2011, 812[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 15.10.1997 – I R 16/97, BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249, unter II.03.; Herzig/Joisten, Die Unternehmensbesteuerung Ubg- 2010, 472[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279[↩]
- BFH, Beschluss vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735; BFH, Urteil vom 25.07.2000 – VIII R 35/97, BFHE 193, 93, BStBl II 2001, 566[↩]
- = BStBl II 1998, 249[↩]
- =BStBl II 2001, 566[↩]
- siehe BFH, Urteil in BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 232, 80, BStBl II 2011, 812[↩]
- BFH, Beschluss vom 07.04.2010 – I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 171, 434 zur Rückstellung eines Leasinggebers für die Verpflichtung zur Mietrückgewähr[↩]
- vom 24.03.1999, BGBl – I 1999, 402, BStBl I 1999, 304[↩]
- BT-Drucks 14/443, S. 23; Clemm in Festschrift für Ludwig Schmidt, S. 177, 188 ff.; WeberGrellet, Steuern und Bilanzen 1999, 1289, 1293; Cattelaens, Der Betrieb 1999, 1185; nach Kiesel/Görner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1149 dient diese Ausnahme der Vereinfachung des Steuerrechts[↩]
- BMF, Schreiben vom 26.05.2005, BStBl I 2005, 699 Tz.20[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251[↩]
- BFH, Urteil vom 27.01.2010 – I R 35/09, BFHE 228, 250, BStBl II 2010, 478; BFH, Beschluss vom 06.10.2009 – I R 4/08, BFHE 226, 347, BStBl II 2010, 177; vgl. auch BT-Drucks 14/23, S. 171[↩]
- a.A. Herzig/Joisten, Ubg 2010, 472, 477[↩]
- BMF, Schreiben vom 23.12.1991, BStBl I 1992, 13[↩]