Altersabstandsklausel in der betrieblichen Altersversorgung

Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, nach der Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, von der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sind, bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 AGG.

Altersabstandsklausel in der betrieblichen Altersversorgung

Der Ausschluss von Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, von der Gewährung einer Ehegattenrente bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 AGG und ist damit nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam1.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist anwendbar.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentengesetz nicht vorrangige Sonderregelungen enthält2. Letzteres ist nicht der Fall.

Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AGG ebenfalls eröffnet. Zwar unterfällt die Witwe – im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin – als Hinterbliebene ihres versorgungsberechtigten Ehemanns selbst nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, da sie insoweit nicht zu den in § 6 Abs. 1 AGG genannten Personengruppen zählt. Entgegen der Ansicht der Witwe ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Benachteiligung vorliegt, jedoch auf den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen3. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf4. Der verstorbene Ehemann der Witwe fiel in den persönlichen Geltungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dieses gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG auch für Personen, deren Beschäftigungsverhältnis – wie vorliegend – bereits beendet ist.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Nach Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.08.20065, das am 17.08.2006 verkündet wurde, trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz am 18.08.2006 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt stand der verstorbene Ehemann der Witwe in einem Arbeitsverhältnis und damit in einem Rechtsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin; damit ist die zeitliche Anwendbarkeit des Gesetzes gegeben.

§ 11 Abs. 2 Buchst. der Versorgungsordnung („VO 1990“) verstößt nicht gegen §§ 1, 3 AGG. Die durch die Regelung bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters ist gerechtfertigt.

Allerdings führt § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSd. § 3 Abs. 1 AGG.

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Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

Die Altersabstandsklausel in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 benachteiligt die von der Regelung erfassten Arbeitnehmer unmittelbar wegen ihres Alters6. Die Regelung, die an den Altersabstand zwischen dem Versorgungsberechtigten und seinem Ehepartner und damit an ein Kriterium anknüpft, das in untrennbarem Zusammenhang mit dem in § 1 AGG genannten Merkmal „Alter“ steht, hat zwangsläufig zur Folge, dass nur Arbeitnehmer ab einem bestimmten Alter von § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 nachteilig betroffen sein können. Der durch die Klausel bewirkte Ausschluss von Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger sind als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer, aus der Hinterbliebenenversorgung, kann – ausgehend von einem Ehemündigkeitsalter von 18 Jahren nach § 1303 Abs. 1 iVm. § 2 BGB – regelmäßig nur solche Arbeitnehmer erfassen, die bei Eheschließung das 33. Lebensjahr vollendet haben. Unerheblich ist, dass nicht alle (verheirateten) Arbeitnehmer dieser Altersgruppe von der Regelung nachteilig betroffen sind, sondern nur solche, deren Ehepartner um mehr als 15 Jahre jünger ist. Eine unmittelbare Benachteiligung dieser Altersgruppe entfällt nicht deshalb, weil nur ein Teil der Merkmalsträger hiervon betroffen wird. Die unmittelbare Anknüpfung einer Regelung an ein Merkmal iSd. § 1 AGG wird durch die Einschränkung des Kreises der nachteilig Betroffenen nicht beseitigt.

Ob § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 darüber hinaus auch zu einer mittelbaren Benachteiligung von Männern und damit wegen des Geschlechts nach §§ 1, 3 Abs. 2 AGG führt, hat das Bundesarbeitsgericht nicht zu prüfen. Die Witwe hat keinen Sachvortrag dazu gehalten, dass bei der Insolvenzschuldnerin typischerweise erheblich mehr Männer jüngere Frauen geheiratet haben und damit von der Klausel nachteilig betroffen waren.

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Die durch die Altersabstandsklausel in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 bewirkte Benachteiligung wegen des Alters ist nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG sachlich gerechtfertigt.

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein7. Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig8.

§ 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf9 in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar10. Dies gilt auch, soweit die dortigen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgehen11.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Altersabstandsklausel in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 um eine Altersgrenze iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG handelt. Selbst wenn man zugunsten der Witwe annähme, dass der Tatbestand des § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG im Streitfall nicht erfüllt wäre, wäre die durch die Regelung bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt.

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Mit der Ausschlussregelung in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 werden legitime Ziele iSd. § 10 Satz 1 AGG verfolgt.

Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG genannten Beispielsfälle „Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung“ sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung12. Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben sein13. Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen14. Indem § 10 AGG erlaubt, in Versorgungsordnungen die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird15.

Das mit einer Regelung verfolgte Ziel muss dabei nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen16.

Danach ist der in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 geregelte Ausschluss von mehr als 15 Jahre jüngeren Ehegatten von der Hinterbliebenenversorgung durch ein legitimes Ziel gedeckt. Der Ausschluss begrenzt die mit der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken. Damit dient die Regelung dem Interesse des Arbeitgebers an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast. Gerade bei der Hinterbliebenenversorgung hat der Arbeitgeber ein anerkennenswertes Interesse an einer solchen Begrenzung, da ein derartiges Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken nicht nur in Bezug auf den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch hinsichtlich der Dauer der Leistungserbringung mit sich bringt.

Der Ausschluss in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 ist auch angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG.

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Eine Regelung, die eine Benachteiligung wegen des Alters bewirkt, ist nach § 10 Satz 2 AGG grundsätzlich angemessen, wenn sie erlaubt, das mit ihr verfolgte Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden17. Sie ist erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist18.

Gemessen daran ist die vorliegend streitbefangene Regelung sowohl angemessen als auch erforderlich.

§ 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 ist durch den Ausschluss von Hinterbliebenen, die mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind, geeignet, das mit der Bestimmung verfolgte Ziel einer Risikobegrenzung zu erreichen. Die Regelung führt auch nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der berechtigten Interessen derjenigen Arbeitnehmer, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden. Zwar haben verheiratete Arbeitnehmer – unabhängig vom Alter ihres Ehegatten – regelmäßig ein Interesse an der Versorgung ihrer Hinterbliebenen. Auch handelt es sich bei der Hinterbliebenenversorgung um Entgelt, das die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer als Gegenleistung für ihre im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhalten. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren ist der – die Ehe prägende – gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner allerdings von vornherein darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt. Einem hohen Altersabstand innerhalb einer Ehe ist es typischerweise immanent, dass der jüngere Ehepartner einen größeren Zeitabschnitt seines Lebens ohne die an die Einkommenssituation des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers gekoppelten Versorgungsmöglichkeiten erleben wird. Es ist daher legitim, wenn ein Arbeitgeber dieses bereits strukturell im Lebenszuschnitt des Arbeitnehmers angelegte Risiko nicht durch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung übernimmt.

Die Regelung in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 knüpft auch hinreichend an die für eine solche Situation maßgeblichen demographischen Kriterien an. Bei mehr als 80 vH aller Ehepaare beträgt der Altersabstand weniger als sieben Jahre19. Bei einem Altersabstand von 15 Jahren und mehr zwischen dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und seinem Ehegatten liegt daher ein den Ausschluss aus der Hinterbliebenenversorgung tragender Unterschied zum typischen „Normalfall“ vor. Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 schließt nur solche Ehegatten von der Gewährung einer Ehegattenrente aus, deren Altersunterschied zum Ehepartner den üblichen Abstand in erheblichem Maße übersteigt.

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Der durch § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 bewirkte Anspruchsausschluss ist auch erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG. Die durch die Vorschrift bewirkte Begrenzung lässt sich entgegen der Ansicht der Witwe mit gleicher Wirksamkeit nicht durch ein milderes Mittel erreichen. Bestimmungen, die eine Staffelung oder Quotelung der Ehegattenrente für mehr als 15 Jahre jüngere Hinterbliebene, ein nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnetes Abschmelzen der Ehegattenrente oder einen späteren Zahlungsbeginn vorsehen, führen nicht zu einem vollständigen Ausschluss der Hinterbliebenen von der Hinterbliebenenversorgung und sind damit nicht gleich wirksam. Auch durch eine Beschränkung der Bezugsdauer für alle Versorgungsberechtigten oder die Festlegung einer Höchstsumme für die Leistungen an die Hinterbliebenen lässt sich die durch § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 bewirkte Begrenzung der finanziellen Risiken für den Arbeitgeber nicht mit der gleichen Genauigkeit erreichen.

Die Altersabstandsklausel in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie die früheren Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt. Zwar dürfte es sich bei den Bestimmungen der VO 1990 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handeln. Soweit die Klausel in § 11 Abs. 2 Buchst. d VO 1990 jedoch zu einer Benachteiligung der rechtlich anerkannten Interessen der Versorgungsberechtigten führt, ist dies durch das begründete und billigenswerte Interesse der Versorgungsschuldnerin an einer Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung gerechtfertigt20. Insoweit gilt im Streitfall für die Prüfung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nichts Weitergehendes als für die vorliegende Prüfung nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG.

Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten. Der vorliegende Fall wirft keine entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts auf. Ob eine Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist, haben die nationalen Gerichte zu prüfen21.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Februar 2018 – 3 AZR 43/17

  1. für die Zulässigkeit einer solchen Altersabstandsklausel auch: Däubler/Bertzbach/Schrader/Schubert 3. Aufl. § 2 Rn. 156a; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 159; Bauer/Krieger NZA 2016, 22, 25; Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 2 Rn. 49; Höfer/Höfer BetrAVG Stand Januar 2018 Kap. 7 Rn. 117; aA: Preis BetrAV 2010, 513, 515; Preis/Temming NZA 2008, 1209, 1215; Schiek/M. Schmidt AGG § 10 Rn. 25; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 69a; v. Roetteken AGG Stand Januar 2018 § 10 Rn. 448[]
  2. st. Rspr. seit BAG 11.12 2007 – 3 AZR 249/06, Rn. 22, BAGE 125, 133; 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 30 mwN[]
  3. st. Rspr. vgl. etwa BAG 14.11.2017 – 3 AZR 781/16, Rn. 17 ff. mwN[]
  4. ABl. EG L 303 vom 02.12 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG; EuGH 24.11.2016 – C-443/15 – [Parris] Rn. 67[]
  5. BGBl. I S. 1897[]
  6. für eine unmittelbare Benachteiligung auch Preis BetrAV 2010, 513, 515; für eine lediglich mittelbare Benachteiligung dagegen: Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 2 Rn. 49; Bauer/Krieger NZA 2016, 22, 25; EuArbR/Mohr 2. Aufl. Art. 6 RL 2000/78/EG Rn. 85; Rolfs SR 2013, 41, 46; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1.12 2017 AGG § 10 Rn. 18; MünchKomm-BGB/Thüsing 7. Aufl. § 10 AGG Rn. 62; Thüsing BetrAV 2006, 704, 706; wohl auch Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 69a[]
  7. st. Rspr. vgl. etwa BAG 4.08.2015 – 3 AZR 137/13, Rn. 43, BAGE 152, 164; 9.12 2014 – 1 AZR 102/13, Rn. 25, BAGE 150, 136; 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn.20, BAGE 147, 279; 12.11.2013 – 3 AZR 356/12, Rn. 22 mwN[]
  8. BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 38[]
  9. ABl. EG L 303 vom 02.12 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG[]
  10. vgl. bereits BAG 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn. 22 ff. mwN, BAGE 147, 279[]
  11. vgl. dazu ausführlich BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 40 ff.[]
  12. vgl. EuGH 13.09.2011 – C-447/09 – [Prigge] Rn. 81 mwN; vgl. auch BVerfG 24.10.2011 – 1 BvR 1103/11, Rn. 15[]
  13. vgl. EuGH 26.09.2013 – C-476/11 – [HK Danmark] Rn. 60 ff.[]
  14. vgl. EuGH 13.07.2017 – C-354/16 – [Kleinsteuber] Rn. 62 ff.[]
  15. BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 49[]
  16. vgl. BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 50 mwN[]
  17. vgl. EuGH 26.02.2015 – C-515/13 – [Ingeniørforengingen i Danmark] Rn. 25[]
  18. vgl. EuGH 26.09.2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist – og Økonomforbund] Rn. 59[]
  19. vgl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Haushalte und Familien, Ergebnisse des Mikrozensus 2016 S. 80[]
  20. vgl. allgemein zur unangemessenen Benachteiligung BAG 21.02.2017 – 3 AZR 297/15, Rn. 35 mwN, BAGE 158, 154[]
  21. vgl. EuGH 5.03.2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 47[]
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