Der aus Anlass des Zusammenschlusses von drei Landeskirchen zur Nordkirche aufgestellte Sozialplan erfasst nicht Mitarbeiterinnen, die ausschließlich für das Evangelische Frauenwerk tätig sind. Diese gehören nicht der Kirchenverwaltung im Sinne dieses Sozialplans an. Die Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 33 MVG.EKD) gebieten regelmäßig keine Gleichbehandlung von Dienstnehmern im Sozialplan, die von unterschiedlichen, zeitlich versetzten organisatorischen Maßnahmen betroffen sind.

Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeitenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland am 15.04.2009 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im Konsistorium in G., im Oberkirchenrat in S. und im Nordelbischen Kirchenamt (Kirchenverwaltungen) tätig waren (§ 1 Abs. 1). Eine Abfindung erhalten Mitarbeitende, die wegen der Zusammenlegung der Ämter aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund eines Auflösungsvertrages ausscheiden (§ 10 Abs. 1).
Bei der Auslegung einer Dienstvereinbarung ist vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und der Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt1.
Der Sozialplan erstreckt sich seinem Wortlaut nach gerade nicht auf alle Mitarbeiter der drei Landeskirchen, sondern nur auf diejenigen Mitarbeiter der jeweiligen Kirchenverwaltung. Die einzelnen Dienstgeber und die Mitarbeitervertretungen haben den Anwendungsbereich des Sozialplans bewusst auf einen bestimmten Mitarbeiterkreis eingegrenzt. Der Sozialplan gilt nur für solche Mitarbeiter, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in bestimmten Organisationseinheiten tätig waren, also z. B. im Konsistorium. Um diesen begrenzten Anwendungsbereich nochmals zu verdeutlichen, haben es die Verfasser des Sozialplans nicht dabei belassen, die Organisationseinheit zu benennen, sondern haben Ortsangaben hinzugefügt, z. B. „in G.“. Zu weiteren Erläuterung haben sie den Klammerzusatz „Kirchenverwaltungen“ angehängt.
Das entspricht dem Sinn und Zweck des Sozialplans. Die Mitarbeiter in den Kirchenverwaltungen sind diejenige Personengruppe, bei der nicht nur ein rechtlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die neu gebildete Kirche anstand, sondern bei denen Veränderungen ihres Aufgabengebiets bzw. ihres Dienstortes zu erwarten waren. Die Fusion der drei Landeskirchen als solche greift noch nicht in die konkreten Arbeitsbedingungen ein. Ob die sich daran anschließenden organisatorischen Maßnahmen bei den Mitarbeitern zu wirtschaftlichen Nachteilen führen, die es auszugleichen gilt, hängt von der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung ab. Der Sozialplan beruht auf § 40 Buchst. f des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD). Danach sind Sozialpläne insbesondere bei Auflösung, Einschränkung, Verlegung und Zusammenlegung von Dienststellen oder erheblichen Teilen von ihnen aufzustellen. Als der Sozialplan vom 27.08.2010 geschlossen wurde, stand bereits fest, dass die bisherigen Kirchenverwaltungen der drei Landeskirchen zusammengelegt und zum Teil verlegt werden. Nach Ziffer IV.06.03.1 des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 05.02.2009 ist der zukünftige Sitz des Landeskirchenamtes in – C-Stadt, während sich in S. eine Außenstelle befindet. Auf die damit verbundene Ver- und Zusammenlegung von Dienststellen oder Dienststellenteilen bezieht sich der Sozialplan. Dementsprechend knüpft er die Abfindungszahlung an eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses „wegen der Zusammenlegung der Ämter“ (§ 10 Abs. 1). Der Sozialplan hat den Zweck, evtl. wirtschaftliche Nachteile derjenigen Mitarbeiter zu mildern oder auszugleichen, bei denen sich eine Änderung ihres Aufgabengebiets oder ihres Dienstortes bereits unmittelbar abzeichnete. Das sind die Mitarbeiter in den Kirchenverwaltungen. Bei den Mitarbeitern der Dienste und Werke standen derart weitreichende Veränderungen zum damaligen Zeitpunkt nicht an. Zwar war es notwendig, die Dienste und Werke in eine neue Organisationsstruktur zu überführen. Damit war aber nicht zwangsläufig eine räumliche Verlagerung von Aufgaben oder eine Zusammenlegung von Dienststellen verbunden. Soweit in den Diensten und Werken unternehmerische Entscheidungen getroffen werden, ist hierzu ggf. ein weiterer Sozialplan zu schließen. Der Sozialplan vom 27.08.2010 ist jedenfalls nicht auf evtl. zukünftige organisatorische Maßnahmen ausgelegt.
Nach § 1 Abs. 1 des Sozialplans vom 27.08.2010 ist allein maßgeblich, in welcher Organisationseinheit der Mitarbeiter zum Stichtag 15.04.2009 tätig war, also tatsächlich seinen Arbeitsplatz hatte. Das Konsistorium führt die laufenden Geschäfte der PEK und nimmt die Geschäfte der laufenden Verwaltung der Kirchenkreise und Kirchengemeinden nach dem geltenden Recht und entsprechend den von der Kirchenleitung aufgestellten Grundsätzen wahr (Art. 139 Abs. 1 und Abs. 3 Kirchenordnung PEK). Die Mitarbeiterin hat weder die laufenden Verwaltungsgeschäfte der Landeskirche noch diejenigen der Kirchenkreise oder Kirchengemeinden wahrgenommen. Vielmehr war sie als Verwaltungsangestellte des Evangelischen Frauenwerkes mit den laufenden Verwaltungsgeschäften des Frauenwerkes als gemeinsamer Einrichtung der PEK und der ELLM befasst. Das Evangelische Frauenwerk ist eine eigenständige Einrichtung, die inhaltlich selbstständig arbeitet und eine spezielle Aufgabe verfolgt. Es arbeitet zwar mit anderen Einrichtungen, Diensten und Werken zusammen, ist aber deshalb nicht Bestandteil der landeskirchlichen Verwaltung. Die Mitarbeiterin hatte nicht die Aufgabe, Verwaltungsangelegenheiten der Landeskirche, der Kirchenkreise oder der Kirchengemeinden wahrzunehmen. Als Verwaltungsangestellte des Evangelischen Frauenwerks war sie vielmehr dafür zuständig, die dort anfallenden Verwaltungsvorgänge zu erledigen. Die Kontakte mit der landeskirchlichen Verwaltung beschränkten sich auf dieses Aufgabengebiet.
Die Mitarbeiterin hat keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die im Konsistorium, im Oberkirchenrat oder im Nordelbischen Kirchenamt tätig waren. Die Beschränkung des Sozialplans auf eine bestimmte Organisationsmaßnahme und die davon Betroffenen verstößt nicht gegen die Grundsätze von Recht und Billigkeit.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 MVG.EKD haben Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung darauf zu achten, dass alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach Recht und Billigkeit behandelt werden. Dazu gehört die Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen2. Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen – insbesondere unterschiedliche Leistungen – vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck3.
Ein Sozialplan verfolgt das Ziel, konkret absehbare oder bereits eingetretene wirtschaftliche Nachteile von Mitarbeitern auszugleichen oder abzumildern4. Dabei geht es um wirtschaftliche Nachteile, die den Dienstnehmern durch bestimmte organisatorische Maßnahmen drohen, insbesondere bei Auflösung, Einschränkung, Verlegung und Zusammenlegung von Dienststellen oder erheblichen Teilen von ihnen (§ 40 Buchst. f MVG.EKD). Die Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung nach dem Zusammenschluss der drei Landeskirchen ist eine solche Maßnahme, die sich unmittelbar auf die Mitarbeiter in den bisherigen Kirchenverwaltungen auswirkt und zu wirtschaftlichen Nachteilen führen kann. Bei Abschluss des Sozialplans im August 2010 war offenkundig, dass es bei diesem Personenkreis zu einer Veränderung des Dienstortes oder der Arbeitsaufgaben kommen kann. Umstrukturierungen in anderen Bereichen waren seinerzeit nicht konkret absehbar. Der Sozialplan erstreckt sich deshalb nur auf die bevorstehende Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung und die bislang in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter. Eben weil der Sozialplan nur eine begrenzte Maßnahme und einen begrenzten Personenkreis erfasst, war es möglich, eine Kündigung des Sozialplans auszuschließen.
Mit diesem Personenkreis ist die Mitarbeiterin nicht vergleichbar, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Es handelt sich um unterschiedliche, zeitlich versetzte organisatorische Maßnahmen. Von der Zusammenlegung der Kirchenverwaltungen ist die Mitarbeiterin nicht betroffen. Die Verlagerung der Geschäftsstelle des Frauenwerks von A-Stadt nach R. geht nicht auf den Fusionsvertrag der drei Landeskirchen zurück, sondern auf eine spätere eigenständige Organisationsentscheidung des zuständigen Hauptbereichs. Eine solche zeitlich nachfolgende Strukturmaßnahme konnte der Sozialplan nicht erfassen, da sie ihrem Inhalt nach seinerzeit nicht absehbar war.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 27. September 2016 – 5 Sa 232/15
- BAG, Urteil vom 20.12 2012 – 2 AZR 32/11, Rn. 43, juris, NZA-RR 2013, 627[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 10.11.2015 – 3 AZR 576/14, Rn. 21, juris, AP Nr. 76 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung[↩]
- BAG, Urteil vom 14.05.2013 – 1 AZR 43/12, Rn. 18, juris, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972[↩]
- BAG, Urteil vom 01.02.2011 – 1 AZR 417/09, Rn. 22, juris, AP Nr. 211 zu § 112 BetrVG 1972[↩]