Bei vorläufiger Eigenverwaltung ist der Schuldner berechtigt, die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen. Diesen Beschluss kann sich der später bestellte Insolvenzverwalter zu eigen machen, ohne selbst die Stilllegung zu beschließen.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG muss die Kündigung bedingt sein durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen ((zur Betriebsbezogenheit vgl. BAG 27. Juni 2019 – 2 AZR 38/19 – Rn. 26)). Das ist der Fall, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung, etwa der zur Stilllegung des gesamten Betriebs, spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt ((BAG 16. Mai 2019 – 6 AZR 329/18 – Rn. 39, BAGE 166, 363)). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb stillzulegen ((vgl. BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 37)). Dem steht nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht ((vgl. BAG 8. November 2007 – 2 AZR 554/05 – Rn. 20)).
Die geplanten Maßnahmen müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben ((BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 47 mwN, BAGE 145, 249)). Davon kann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt. Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend ((BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 53 mwN)). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es hingegen, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs oder von Teilen des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht ((vgl. BAG 13. Februar 2008 – 2 AZR 543/06 – Rn. 23)). Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus ((st. Rspr., vgl. BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 39)). Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebs(teil)veräußerung darstellt ((vgl. BAG 28. Mai 2009 – 8 AZR 273/08 – Rn. 30)). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende „Restbetrieb“ stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war. Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des „Restbetriebs“ einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn der Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet war ((vgl. BAG 14. März 2013 – 8 AZR 153/12 – Rn. 25 ff. mwN)).
Die streitgegenständliche Kündigung erfolgte wegen der Stilllegung des Flugbetriebs und nicht wegen eines Betriebs(teil)übergangs. Die Schuldnerin hatte bereits in der vorläufigen Eigenverwaltung im Oktober 2017 den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, den Betrieb spätestens zum 31.01.2018 stillzulegen. Der Insolvenzverwalter hat das von der Schuldnerin beschlossene Stilllegungskonzept umgesetzt und in diesem Zusammenhang auch die streitgegenständliche Kündigung erklärt. Dies hat das Landesarbeitsgericht bei einer Gesamtwürdigung der Umstände, wie sie sich aus dem dokumentierten und unstreitigen Sachverhalt ergeben, zutreffend erkannt.
Die Stilllegungsentscheidung wird im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall durch die Erklärung der Schuldnerin (Air Berlin) vom 12.10.2017 dokumentiert, welche von dem damaligen Executive Director, dem Generalbevollmächtigten und dem Insolvenzverwalter als vorläufigen Sachwalter unterzeichnet ist. Die Entscheidung wurde am 24.10.2017 durch den vorläufigen Gläubigerausschuss bestätigt. Demnach beabsichtigte die Schuldnerin wegen des Scheiterns einer Sanierung die uneingeschränkte Fortführung des Betriebs mit Hilfe eines durch Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredits nur noch bis Ende Oktober 2017. Für Eurowings sollten mit 13 Flugzeugen bis „maximal zum 31.01.2018“ noch Dienstleistungen im Wet Lease erbracht werden. Die Gesamtabwicklung sollte zum 31.01.2018 abgeschlossen sein. Die Stilllegung sollte damit im Wesentlichen in zwei Etappen vollzogen werden (Einstellung eigener Flugbetrieb zum 28.10.2017; Einstellung Wet Lease spätestens zum 31.01.2018).
Die Schuldnerin war im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung berechtigt, die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen. Der Insolvenzverwalter durfte sich diese Entscheidung als Grundlage der streitbefangenen Kündigung zu eigen machen.
Hinsichtlich der Befugnis zum Treffen einer Stilllegungsentscheidung in der Insolvenz ist zwischen dem Zeitraum vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie danach zu unterscheiden, ob ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt oder vorläufige Eigenverwaltung angeordnet ist.
Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens richten sich die Entscheidungskompetenzen nach den durch das Insolvenzgericht getroffenen Anordnungen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).
Bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, ist dieser nicht befugt, aus eigener Rechtsmacht die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen und umzusetzen. Selbst ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO übergegangen ist, hat gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO die Pflicht, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Um eine Zustimmung des Gerichts zu einer Stilllegung zu erhalten, muss er plausibel vortragen, dass das Unternehmen auch bei Einleitung von Sanierungsmaßnahmen nicht kostendeckend arbeiten kann ((Voß/Lienau in Graf-Schlicker InsO 5. Aufl. § 22 Rn. 5)). Das Gesetz geht davon aus, dass eine Zerschlagung des Unternehmens schon im Eröffnungsverfahren typischerweise nicht im Interesse der Gläubiger liegt. Diese sollen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vielmehr gemäß § 157 Satz 1 InsO im Berichtstermin selbst darüber entscheiden können, ob das Unternehmen stillgelegt oder fortgeführt werden soll ((vgl. KPB/Blankenburg InsO Stand Mai 2018 § 22 Rn. 83; MünchKomm-InsO/Janssen 4. Aufl. § 157 Rn. 1)).
Anders verhält es sich, falls das Insolvenzgericht gemäß § 270a Abs. 1 Satz 1 InsO im Eröffnungsverfahren die vorläufige Eigenverwaltung anordnet.
Die mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 07. Dezember 2011 ((BGBl. I S. 2582)) in die Insolvenzordnung eingefügten Bestimmungen der §§ 270a, 270b verfolgen das Ziel, dem Schuldner den Zugang zum Verfahren der Eigenverwaltung nach § 270 InsO zu erleichtern und dadurch die Sanierungschancen zu verbessern. Durch den Verzicht auf ein allgemeines Verfügungsverbot und auf die Bestellung eines mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters soll vermieden werden, dass der Schuldner im Eröffnungsverfahren die Kontrolle über sein Unternehmen verliert und das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung des Schuldners und deren Sanierungskonzept zerstört wird ((BT-Drs. 17/5712 S. 2, 39; BGH 22. November 2018 – IX ZR 167/16 – Rn. 9, BGHZ 220, 243)).
Bei Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung werden die §§ 21, 22 InsO durch § 270a Abs. 1 InsO partiell verdrängt ((Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 270a Rn. 16)). Dem Schuldner steht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen im Außenverhältnis aus eigenem Recht weiterhin zu, soweit das Insolvenzgericht keine beschränkenden Anordnungen erlässt ((BGH 22. November 2018 – IX ZR 167/16 – Rn. 11, BGHZ 220, 243)). Der Schuldner kann daher – entgegen dem Sanierungsziel – auch die Entscheidung treffen, sein Unternehmen stillzulegen. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO findet auf ihn keine Anwendung. Dabei ist er allerdings im Innenverhältnis verpflichtet, die Gläubigerinteressen zu berücksichtigen ((HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 24; MünchKomm-InsO/Kern 4. Aufl. § 270a Rn. 62; zum Streitstand einer möglichen Haftung des Schuldners in analoger Anwendung der §§ 60, 61 InsO bei Verletzung dieser Verpflichtung MünchKomm-InsO/Kern aaO Rn. 63)).
Allerdings wird der Schuldner in seiner Geschäftsführung gemäß § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 2 InsO durch einen vorläufigen Sachwalter überwacht. Dieser hat zwar ebenso wie der endgültige Sachwalter keine eigenen Eingriffs- und Sicherungsbefugnisse, sondern nur eine zukunftsorientierte Überwachungsfunktion ((BGH 21. Juli 2016 – IX ZB 70/14 – Rn. 43, 74, BGHZ 211, 225)). Ist er jedoch der Auffassung, dass die Stilllegung im Eröffnungsverfahren nicht im Interesse der Gläubiger liegt, kann er gemäß § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 3 Satz 1 InsO dem Insolvenzgericht anzeigen, dass die Fortsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung erwartbar zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Das Insolvenzgericht kann dann die vorläufige Eigenverwaltung aufheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen ((vgl. BGH 5. März 2015 – IX ZB 77/14 – Rn. 11; HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 24; MünchKomm-InsO/Kern 4. Aufl. § 270a Rn. 26)). Dabei ist im Ergebnis nicht entscheidend, ob diese Befugnis aus § 270a Abs. 1 Satz 1 InsO, aus § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO oder aus § 21 InsO hergeleitet wird ((vgl. zum Streitstand Uhlenbruck/Zipperer 15. Aufl. § 270a InsO Rn. 13)). Der Einsatz des „scharfen Schwerts“ der Anzeige ((so Mönning/Schäfer/Schiller BB Beilage zu Heft 25/2017, 1, 18)) dürfte zur Verhinderung einer vorzeitigen Stilllegung, die eine mögliche Sanierung und die daraus folgenden Befriedigungsmöglichkeiten verhindert, ausreichend sein. Ist gemäß § 22a, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO ein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet, ist dieser jedenfalls zu unterrichten ((MünchKomm-InsO/Kern aaO § 270a Rn. 39, § 274 Rn. 68)).
Erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Entscheidung über Stilllegung oder Fortführung gemäß § 157 InsO der Gläubigerversammlung zugewiesen. Daran ändert sich grundsätzlich nichts, wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung angeordnet wird (§ 270 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Insolvenzgericht bestellt dann allerdings keinen Insolvenzverwalter. Der Schuldner bleibt während der Dauer des Insolvenzverfahrens nach § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. In Ausübung dieser Befugnisse kann es dem Schuldner sogar obliegen, sein Handelsgeschäft im Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Verwertung der Masse im Ganzen zu veräußern ((BGH 3. Dezember 2019 – II ZR 457/18 – Rn. 12)).
Im vorliegenden Fall hatte die Schuldnerin, wie dargelegt, in der vorläufigen Eigenverwaltung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, den Betrieb zum 31.01.2018 stillzulegen. Nach den Regelungen der Insolvenzordnung hatte sie hierfür die erforderliche Rechtsmacht.
Der vorläufige Gläubigerausschuss hat diese Stilllegungsentscheidung bestätigt und die Eigenverwaltung angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Es kann daher unentschieden bleiben, welche Konsequenzen eine Nichtbeteiligung oder Zustimmungsverweigerung des vorläufigen Gläubigerausschusses gehabt hätte ((vgl. hierzu HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 20 mwN)).
Eine Anzeige nach § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 3 Satz 1 InsO ist nicht erfolgt. In seinem Gutachten vom 27.10.2017 hat der Insolvenzverwalter im Gegenteil gegenüber dem Insolvenzgericht erklärt, es sei nicht zu erwarten, dass die Eigenverwaltung zu nachteiligen Veränderungen für die Gläubiger führen wird.
§ 157 InsO steht der Wirksamkeit der Stilllegungsentscheidung im Eröffnungsverfahren nicht entgegen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht eröffnet, weil weder die Schuldnerin während der am 1. November 2017 eröffneten Eigenverwaltung noch der Insolvenzverwalter nach der Aufhebung der Eigenverwaltung am 17. Januar 2018 als Insolvenzverwalter die Stilllegungsentscheidung getroffen haben. Der Insolvenzverwalter hat vielmehr die von der Schuldnerin bereits im Eröffnungsverfahren getroffene und von ihm vorgefundene Entscheidung weiter umgesetzt, indem er das Stilllegungskonzept der Schuldnerin, an dessen Entstehung er als vorläufiger Sachwalter beteiligt war, fortgeführt hat. Diese Handlungsoption stand ihm offen. Nach Aufhebung der Eigenverwaltung bleiben rechtmäßig vorgenommene Rechtshandlungen des Schuldners ohnehin wirksam ((vgl. Karsten Schmidt/Undritz InsO 19. Aufl. § 272 Rn. 11; Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 272 Rn. 5)). Der Insolvenzverwalter kann insofern gebunden sein. Dessen ungeachtet kann er aus eigener Überzeugung an strategischen Entscheidungen des Schuldners festhalten, selbst wenn er sie abändern könnte. Dies gilt auch bezüglich einer im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung getroffenen Stilllegungsentscheidung des Schuldners. Der Insolvenzverwalter kann sie sich zu eigen machen. Das hat der Insolvenzverwalter getan und damit keine eigene (erneute) Stilllegungsentscheidung getroffen.
Zum Zeitpunkt der Kündigung Ende Januar 2018 hatte die Schuldnerin bzw. der Insolvenzverwalter mit der Umsetzung dieses Stilllegungskonzepts bereits begonnen. Die beabsichtigte Stilllegung hatte bereits „greifbare Formen“ angenommen.
Mit getrennten Schreiben vom 12. Oktober 2017 war gegenüber der PV Cockpit und der PV Kabine das Konsultationsverfahren (§ 17 Abs. 2 KSchG) eingeleitet worden. Am 12. und 13.10.2017 war ein Kaufvertrag mit Gesellschaften der Lufthansa-Gruppe bezüglich der Beteiligungen an der NIKI und der Luftverkehr Walter. sowie der Übernahme von Slots abgeschlossen worden. Der letzte Flug im Eigenbetrieb hatte wie geplant am 27.10.2017 stattgefunden. Nach Vereinbarung eines Interessenausgleichs bezüglich des Bodenpersonals am 30.10.2017 war am 17.11.2017 mit der PV Cockpit ein Interessenausgleich abgeschlossen worden. Beide gingen von dem dargelegten Stilllegungskonzept aus. Dies spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht ((BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 52, BAGE 145, 249)). Auch die Erstattung der Massenentlassungsanzeigen am 30. Oktober 2017 für das Bodenpersonal, am 24. November 2017 für das Cockpitpersonal und 12. Januar 2018 für das Kabinenpersonal indiziert die Auflösung der betrieblichen Organisation ((vgl. BAG 21. Juni 2001 – 2 AZR 137/00 – zu II 1 c bb der Gründe)). Schließlich war den Piloten, soweit nicht noch behördliche Zustimmungen eingeholt werden mussten, Ende November 2017 zum 28. Februar 2018 gekündigt worden. Spätestens damit hatte die Stilllegung dann greifbare Formen angenommen, denn ohne diese Berufsgruppe war ein Flugbetrieb nicht möglich.
Dem steht die Weiterführung des Flugbetriebs im Wet Lease bis zum 31.12.2017 nicht entgegen. Dieser entsprach der Stilllegungsplanung und konnte während der Kündigungsfristen betrieben werden. Es handelte sich um eine bis zur Stilllegung befristete Einschränkung des Flugbetriebs der Schuldnerin. Jeder der schriftlich dokumentierten Schritte fügte sich in das mit Schreiben vom 12.10.2017 bekannt gegebene Stilllegungskonzept ein.
Der Stilllegungsentscheidung steht auch nicht entgegen, dass am 12.10.2017 laut dem Insolvenzgutachten vom 27.10.2017 und den Angaben in den Fusionskontrollverfahren noch Verhandlungen mit easyJet und der Lufthansa-Gruppe stattfanden. Diese Verhandlungen bezogen sich aber nicht auf die Veräußerungen von Betriebsteilen oder des gesamten Betriebs iSd. § 613a Abs. 1 BGB.
Bezüglich easyJet war ein Betriebs(teil)übergang weder geplant noch ist er tatsächlich erfolgt. EasyJet hat lediglich einzelne Vermögenswerte der Schuldnerin, nicht aber eine bereits bei der Schuldnerin bestehende wirtschaftliche Einheit übernommen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Station Berlin-Tegel, bei der es sich um keine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit handelte.
Gleiches gilt bezüglich Eurowings. Ein Betriebsübergang auf diese Gesellschaft des Lufthansa-Konzerns kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil Eurowings keine betriebliche Tätigkeit der Schuldnerin fortgeführt hat. Eurowings war im Rahmen der Wet-Lease-Konstruktion der Empfänger der von der Air Berlin bzw. der Luftverkehr Walter erbrachten Dienstleistung. Die bloße Fortführung einer Geschäftsbeziehung als Kunde kann keinen Betriebsübergang begründen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Mai 2020 – 6 AZR 235/19
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