Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte1.

Dem Betriebsrat steht bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ein Beurteilungsspielraum zu. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat jedoch nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Der Betriebsrat darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er hat wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er ggf. bei eigener Kostentragung anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten2.
Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen oder mutwilligen Rechtsverfolgung des Betriebsrats3. Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss4. Mutwilligkeit kann vorliegen, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird5.
Der Betriebsrat hat die Prüfung der Erforderlichkeit der Rechtsverfolgung bei der Beteiligung an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren grundsätzlich für den jeweiligen Rechtszug gesondert vorzunehmen. Er darf nicht bereits deshalb, weil er die Einleitung eines Beschlussverfahrens für erforderlich halten durfte, nach Beendigung der Instanz ohne weiteres eine weitere Kostenbelastung des Arbeitgebers durch die Durchführung des Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfsverfahrens auslösen. Vielmehr entfällt die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auch bei einer offensichtlich aussichtslosen oder mutwilligen Rechtsverfolgung des Betriebsrats im Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfsverfahren. Deshalb muss der Betriebsrat – nicht zuletzt im Kosteninteresse des Arbeitgebers – prüfen, ob und ggf. mit welchen Argumenten ein Rechtsmittel gegen eine zu seinen Lasten ergangene Entscheidung erfolgversprechend ist6. Ist die Rechtsverfolgung im Rechtsmittelverfahren „an sich“ erforderlich, darf der Betriebsrat einen Rechtsanwalt mit der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens beauftragen, wenn die anwaltliche Vertretung gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist7.
Bei dem Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Würdigung des Beschwerdegerichts, ob der Betriebsrat die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt wurde und ob die Besonderheiten des Einzelfalls vollständig und frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze abgewogen wurden8.
Danach hat im vorliegenden Streitfall das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Betriebsrat keinen Anspruch gegen die Arbeitgeberin auf Freistellung von den im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten erworben hat9.
Das Landesarbeitsgericht hat eine Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin nach § 40 BetrVG ua. mit der Begründung verneint, die Nichtzulassungsbeschwerde sei offensichtlich aussichtslos gewesen, da keine Gründe vorgelegen hätten, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde hätten rechtfertigen können. Der Betriebsrat habe die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet und sie allein zum Zwecke des Aufschubs der Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts in dem Wahlanfechtungsverfahren eingelegt.
Diese Würdigung ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass keine Gründe ersichtlich sind, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den dem Wahlanfechtungsantrag stattgebenden Beschluss des Landesarbeitsgerichts hätten rechtfertigen können. Das hätte vorausgesetzt, dass vom Betriebsrat nach § 92a Satz 2 iVm. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 ArbGG entweder die grundsätzliche Bedeutung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, eine entscheidungserhebliche Divergenz oder ein absoluter Revisionsgrund bzw. eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hätte dargelegt werden können und eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht auszuschließen war. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dies sei nicht der Fall gewesen, die anzufechtende Entscheidung habe zwei Wahlverstöße festgestellt, es habe sich erkennbar um eine Einzelfallentscheidung gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Der Rechtsanwalt hat diese Erwägungen des Landesarbeitsgerichts auch in der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Vielmehr hat er sich im vorliegenden Verfahren ausschließlich darauf berufen, es sei dem Betriebsrat um die Vermeidung einer betriebsratslosen Zeit gegangen, um die Belange der Belegschaft zu schützen und die Kontinuität der Arbeitnehmervertretung zu sichern. Weder der Rechtsanwalt im vorliegenden Verfahren noch der Betriebsrat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren haben jemals behauptet, es habe ein nach § 92a iVm. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 ArbGG erheblicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde in dem Wahlanfechtungsverfahren vorgelegen, noch haben sie auch nur ansatzweise angegeben, worin ein solcher Zulassungsgrund bestanden haben könnte. Soweit der Rechtsanwalt darauf hinweist, es habe die Absicht bestanden, die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen, lässt sich dem nicht entnehmen, auf welche Zulassungsgründe die beabsichtigte Begründung gestützt werden sollte. Unter diesen Umständen bestand für das Landesarbeitsgericht auch nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG geltenden Untersuchungsgrundsatz kein Anlass, den Beschluss des Landesarbeitsgerichts in dem Wahlanfechtungsverfahren im Einzelnen darauf zu überprüfen, ob Zulassungsgründe hätten in Betracht kommen können. Der Untersuchungsgrundsatz zwingt nicht zu einer uferlosen Ermittlungstätigkeit des Gerichts, wenn nichtzulassungsbeschwerderechtlich relevante Umstände aufgrund des Vortrags der Beteiligten nicht erkennbar sind.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht bei der Beurteilung, ob der Betriebsrat die Beauftragung des Rechtsanwalts für die Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde für erforderlich halten durfte, allein auf die Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde abgestellt und das Motiv des Betriebsrats für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens außer Betracht gelassen hat. Entgegen der Ansicht des Rechtsanwalts durfte der Betriebsrat die Beauftragung des Rechtsanwalts mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht allein deshalb für erforderlich halten, um mit ihr den Eintritt der Rechtskraft des dem Wahlanfechtungsantrag stattgebenden Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und damit eine betriebsratslose Zeit zu verhindern. Es besteht keine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers, wenn der Betriebsrat bei der beabsichtigten Rechtsverfolgung unzweifelhaft ein Unterliegen zu erwarten hat. Ist das der Fall, kann die Motivlage des Betriebsrats für seine Entscheidung, durch die Einleitung gerichtlicher Schritte gleichwohl Rechtsanwaltskosten auszulösen, eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 BetrVG nicht begründen. Das gilt auch für die Überlegung, die Nichtzulassungsbeschwerde in einem Wahlanfechtungsverfahren bei einer erfolgreichen Wahlanfechtung durchzuführen, um im Interesse der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts den Eintritt einer betriebsratslosen Zeit zu verhindern. Das Gesetz sieht eine betriebsratslose Zeit ab dem Eintritt der Rechtskraft der einem Wahlanfechtungsantrag nach § 19 BetrVG stattgebenden Entscheidung vor. Die betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse eines Betriebsrats, dessen Wahl erfolgreich nach § 19 BetrVG angefochten worden ist, entfallen mit der Rechtskraft der die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl aussprechenden gerichtlichen Entscheidung10. Eine Weiterführung der Geschäfte bis zur Neuwahl eines Betriebsrats kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht. § 22 BetrVG ordnet eine Weiterführung der Betriebsratsgeschäfte nur für die Fälle des § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG an, nicht aber für den in § 13 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG angesprochenen Fall der erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl durch eine gerichtliche Entscheidung. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber von einer die Weiterführung der Geschäfte ermöglichenden Übergangsregelung abgesehen, um der gerichtlichen Entscheidung über die Ungültigkeit der Betriebsratswahl und die Auflösung des Betriebsrats Geltung zu verschaffen. Ein ungültig gewählter Betriebsrat soll auch nicht nur vorübergehend weiter amtieren dürfen. Vielmehr wird der Betrieb in diesen Fällen mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung betriebsratslos11. Diese Wirkung der erfolgreichen Wahlanfechtung kann der Betriebsrat auch nicht dadurch verhindern, dass er vor der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung seinen Rücktritt beschließt. Der zurückgetretene Betriebsrat verliert mit der Rechtskraft der seine Wahl für unwirksam erklärenden gerichtlichen Entscheidung seine Befugnis zur Weiterführung der Betriebsratsgeschäfte12. Die Einlegung einer offensichtlich aussichtslosen kostenverursachenden Nichtzulassungsbeschwerde in einem Wahlanfechtungsverfahren, mit der allein die Fortführung der Geschäfte des Betriebsrats bis zur Neuwahl gesichert werden soll, die das Betriebsverfassungsgesetz ab Eintritt der Rechtskraft des der Wahlanfechtung stattgebenden Beschlusses gerade nicht vorsieht, wahrt nicht das berechtigte Kosteninteresse des Arbeitgebers.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22. November 2017 – 7 ABR 34/16
- BAG 14.12 2016 – 7 ABR 8/15, Rn. 11; 18.03.2015 – 7 ABR 4/13, Rn. 10; 29.07.2009 – 7 ABR 95/07, Rn. 16[↩]
- BAG 14.12 2016 – 7 ABR 8/15, Rn. 18; 18.03.2015 – 7 ABR 4/13, Rn. 11; 29.07.2009 – 7 ABR 95/07, Rn. 16[↩]
- BAG 18.03.2015 – 7 ABR 4/13, Rn. 11; 29.07.2009 – 7 ABR 95/07, Rn. 17; 19.03.2003 – 7 ABR 15/02, zu II 1 der Gründe, BAGE 105, 311; 20.10.1999 – 7 ABR 25/98, zu B I 1 und 2 der Gründe; 7.07.1999 – 7 ABR 4/98, zu B 3 c aa der Gründe[↩]
- BAG 29.07.2009 – 7 ABR 95/07, Rn. 17; 19.04.1989 – 7 ABR 6/88, zu B I 1 der Gründe, BAGE 61, 340[↩]
- BAG 31.05.2000 – 7 ABR 8/99, zu B II 3 der Gründe mwN, BAGE 95, 30[↩]
- vgl. BAG 18.03.2015 – 7 ABR 4/13, Rn. 12[↩]
- vgl. etwa Fitting 28. Aufl. § 40 Rn. 25; Weber GK-BetrVG 10. Aufl. § 40 Rn. 113[↩]
- BAG 14.12 2016 – 7 ABR 8/15, Rn. 23; 14.01.2015 – 7 ABR 95/12, Rn. 14; 9.06.1999 – 7 ABR 66/97, zu B II 2 der Gründe, BAGE 92, 26[↩]
- LAG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.2015 – 6 TaBV 62/15[↩]
- vgl. BAG 13.03.1991 – 7 ABR 5/90, BAGE 67, 316[↩]
- BAG 29.05.1991 – 7 ABR 54/90, zu B I der Gründe, BAGE 68, 67[↩]
- BAG 29.05.1991 – 7 ABR 54/90 – aaO[↩]