Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG (Totalrevision) ist die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) uneingeschränkt anzuwenden; die Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG führt deshalb im Falle eines Vorversterbens des insgesamt Ausgleichsberechtigten dazu, dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurückerhält1.

Für den Einstieg in das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG muss sich der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte grundsätzlich auf eine wesentliche und ihn gleichzeitig begünstigende Wertänderung eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts berufen; er kann seinen Abänderungsantrag in Bezug auf die wesentliche Wertänderung von Anrechten demgegenüber nicht allein auf solche Umstände stützen, die für ihn an sich unvorteilhaft sind, im Ergebnis der Totalrevision aber wegen der erstrebten Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs insgesamt führen sollen.
Eine Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht kann gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG beim Vorliegen einer wesentlichen Wertänderung abgeändert werden. Anders als in den Fällen des § 225 Abs. 1 FamFG sind die Abänderungsmöglichkeiten nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht auf die in § 32 VersAusglG genannten Anrechte in den Regelsicherungssystemen beschränkt, sondern sie erfassen auch Anrechte der betrieblichen Altersversorgung2.
Wegen der besonderen Voraussetzungen für die Abänderung verweist § 51 Abs. 2 VersAusglG auf die Bestimmungen in § 225 Abs. 2 und 3 FamFG. Danach ist die Ausgangsentscheidung abzuändern, wenn rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit auf den Ausgleichswert zurückwirken (§ 225 Abs. 2 FamFG) und zu einer wesentlichen Wertänderung führen, die mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG) und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt (absolute Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG). Dabei genügt die wesentliche Wertänderung nur eines Anrechts.
Ist die abzuändernde Ausgangsentscheidung unter der Geltung des bis zum 31.08.2009 gültigen Rechtszustands ergangen, ist bei Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl das Erreichen der relativen Wesentlichkeitsgrenze als auch das Erreichen der absoluten Wesentlichkeitsgrenze auf der Grundlage von Rentenbeträgen zu überprüfen3.
Hat die nachehezeitliche Inanspruchnahme von Vorruhestandsregelungen bei einer zeitratierlich zu bewertenden Versorgung – wie hier – wegen der damit einhergehenden Änderung des Zeit-Zeit-Verhältnisses zwischen versorgungsrechtlicher Gesamtzeit und ehezeitlicher Zugehörigkeit zum Versorgungssystem eine Erhöhung des Ehezeitanteils und damit des Ausgleichswerts zur Folge, liegt hierin eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende tatsächliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG4.
Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, steht es einer auf wesentliche Wertänderungen eines betrieblichen Anrechts gestützten Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG auch nicht entgegen, dass bezüglich des gleichen Anrechts eine auf Dynamisierungsverfehlungen (§ 51 Abs. 3 VersAusglG) gestützte Totalrevision wegen der Sperrwirkung des § 51 Abs. 4 VersAusglG ausgeschlossen wäre5.
§ 51 Abs. 5 VersAusglG verweist auf § 225 Abs. 5 FamFG, wonach sich die Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder eines Hinterbliebenen eines Ehegatten auswirken muss. Die Vorschrift entspricht dem früheren § 10 a Abs. 2 Nr. 3 VAHRG und wurde nur sprachlich an die Terminologie des reformierten Versorgungsausgleichs angepasst. Mit dieser Vorschrift soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in erster Linie verhindert werden, dass ein antragsberechtigter Versorgungsträger eine Abänderung begehrt, die sich allein zu seinen Gunsten auswirken würde6. Der Anwendungsbereich von § 225 Abs. 5 FamFG ist aber nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht auf Abänderungsanträge von Versorgungsträgern beschränkt, sondern das Begünstigungserfordernis ist auch bei Abänderungsanträgen von Ehegatten oder von Hinterbliebenen eines Ehegatten zu beachten.
Aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach sich die Abänderung zugunsten „eines“ Ehegatten auswirken muss, wird zwar weiter gefolgert, dass es im Hinblick auf § 225 Abs. 5 FamFG unschädlich sei, wenn sich die von einem Ehegatten beantragte Abänderung nicht zugunsten des Abänderungsinteressenten, sondern zugunsten des anderen Ehegatten auswirkt7. Unabhängig davon, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Abänderungsantrag besteht, der sich allein auf die Vorteilhaftigkeit der Abänderung für den anderen Ehegatten oder dessen Hinterbliebene stützt, erlangt § 225 Abs. 5 FamFG aber jedenfalls in solchen Fällen praktische Bedeutung, in denen – wie hier – der andere Ehegatte verstorben ist und auf dessen Seite auch keine Hinterbliebenen vorhanden sind, die Anspruch auf eine Witwen- oder Waisenversorgung haben8. Denn weil das Bedürfnis, sich gegen Einkommensausfälle infolge von Alter und Invalidität abzusichern, mit dem Tode entfallen ist und zugunsten eines Verstorbenen keine Versorgungsanrechte übertragen oder begründet werden können, ist es ausgeschlossen, dass sich die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich zum Vorteil des vorverstorbenen Ehegatten auswirken könnte. Sind auch keine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen des verstorbenen Ehegatten vorhanden, können die Voraussetzungen des § 225 Abs. 5 FamFG bei einem Abänderungsantrag des überlebenden Ehegatten nur dadurch erfüllt werden, dass sich die begehrte Abänderung zu dessen Gunsten auswirkt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob sich die begehrte Abänderung im Sinne des § 225 Abs. 5 FamFG zugunsten des überlebenden Ehegatten mit den insgesamt werthöheren Anrechten auswirkt, hat eine mögliche Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren außer Betracht zu bleiben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind allerdings im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG die Vorschriften über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) uneingeschränkt anzuwenden. § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG führt deshalb im Falle eines Vorversterbens des insgesamt Ausgleichsberechtigten dazu, dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurückerhält9.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen für den überlebenden Ehegatten mit den insgesamt werthöheren Anrechten der Einstieg in eine Totalrevision eröffnet ist, hatte sich der Bundesgerichtshof bisher nicht äußern müssen. In allen bislang vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen hatte der Ausgleichswert eines aufseiten des überlebenden Ehegatten in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts eine im Sinne von § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentliche Verminderung erfahren, und es hätte sich deshalb die Totalrevision selbst dann für den überlebenden Ehegatten im Sinne von § 225 Abs. 5 FamFG vorteilhaft ausgewirkt, wenn sie unter Lebenden durchgeführt worden wäre. Demgegenüber ist offen geblieben, ob der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte eine Abänderung nach § 51 VersAusglG auch auf solche Umstände stützen kann, die für ihn an sich ungünstig sind (mithin die wesentliche Erhöhung des Ausgleichswerts eines in den Ausgleich einbezogenen eigenen Anrechts oder die wesentliche Verminderung des Ausgleichswerts eines in den Ausgleich einbezogenen Anrechts des verstorbenen Ehegatten), im Ergebnis einer Totalrevision aber wegen der Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs insgesamt führen sollen.
Diese Frage ist mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der uneingeschränkten Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG zu verneinen10.
Das Gesetz gewährt nur denjenigen Abänderungsinteressierten einen Zugang zum Abänderungsverfahren, die sich bezüglich eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts auf einen wesentlichen Wertunterschied im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG iVm § 225 Abs. 2 und 3 FamFG berufen können, obwohl eine in der Totalrevision nach § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG zu treffende Entscheidung in materieller Hinsicht nicht (mehr) durch die eingetretene Wertänderung, sondern nur durch das Vorversterben des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten beeinflusst wird. Die sich – dann zu Lasten des Versorgungsträgers – auswirkende Entscheidung, dem insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten seine Anrechte mit Wirkung für die Zukunft ungeteilt zurückzugewähren, wird dadurch legitimiert, dass dieser Personenkreis einerseits einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf hat, die für ihn günstigen Wertveränderungen der in die Ausgangsentscheidung einbezogenen Anrechte in einem Abänderungsverfahren geltend machen zu können, der Gesetzgeber aber andererseits das bisherige Ausgleichssystem einschließlich der darauf beruhenden Abänderungsmöglichkeiten (§ 10 a VAHRG) auch mit Wirkung für Übergangsfälle außer Kraft gesetzt und an seiner Stelle eine erneute Entscheidung über den Versorgungsausgleich angeordnet hat, die in ihren Wirkungen einer Erstentscheidung nach neuem Recht entspricht11.
Die Rückgängigmachung eines nach früherem Recht angeordneten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ist vor diesem Hintergrund zwar eine vom Gesetzgeber in Übergangsfällen hingenommene Überkompensation von Nachteilen, die für den insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten wegen des Wegfalls der nach früherem Recht bestehenden Abänderungsmöglichkeiten entstehen. Sie ist aber nicht selbst das Ziel des Abänderungsverfahrens, so dass es sachwidrig wäre, beim Vorversterben des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auch solchen überlebenden Ehegatten den Zugang zum Abänderungsverfahren zu eröffnen, für die sich aus dem Wegfall der Abänderungsmöglichkeiten nach früherem Recht keine oder keine wesentlichen Nachteile ergeben haben.
Gemessen daran hat das Beschwerdegericht zu Recht erkannt, dass sich das Abänderungsverfahren unter den hier obwaltenden Umständen nicht im Sinne des § 225 Abs. 5 FamFG zugunsten des Antragstellers auswirkt.
Bezogen auf das von der wesentlichen Wertänderung erfasste Einzelanrecht kann der Antragsteller durch die Abänderung nicht begünstigt werden, weil sich der Ausgleichswert des auf seiner Seite in die Ausgangsentscheidung einbezogenen betrieblichen Anrechts bei der S. Pensionsfonds AG erhöht hat.
Auch bei einer Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses, das sich hypothetisch im Falle einer Totalrevision ohne Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG ergeben hätte, ist nicht von einer Begünstigung des Antragstellers durch das Abänderungsverfahren auszugehen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Februar 2020 – XII ZB 147/18
- im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 20.06.2018 – XII ZB 624/15 , FamRZ 2018, 1496; und vom 16.05.2018 XII ZB 466/16 , FamRZ 2018, 1238[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.05.2018 – XII ZB 391/17 , FamRZ 2018, 1233 Rn. 26; und vom 24.06.2015 – XII ZB 495/12 , FamRZ 2015, 1688 Rn. 24[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 08.11.2017 – XII ZB 105/16 , FamRZ 2018, 176 Rn. 14 ff.[↩]
- vgl. zur Beamtenversorgung: BGH Beschlüsse vom 15.11.1995 – XII ZB 4/95 , FamRZ 1996, 215 f.; und vom 18.09.1991 – XII ZB 169/90 , FamRZ 1991, 1415, 1416[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.05.2018 – XII ZB 391/17 , FamRZ 2018, 1233 Rn. 27; und vom 24.06.2015 – XII ZB 495/12 , FamRZ 2015, 1688 Rn. 29 ff.[↩]
- vgl. BT-Drs. 10/5447, S.19 zu § 10 a Abs. 2 VAHRG; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.09.2005 – XII ZB 31/03 , FamRZ 2005, 2055[↩]
- MünchKommFamFG/Stein 3. Aufl. § 225 Rn. 34[↩]
- vgl. Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl. § 225 FamFG Rn. 38[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 20.06.2018 – XII ZB 624/15 , FamRZ 2018, 1496 Rn. 9 ff.; und vom 16.05.2018 – XII ZB 466/16 , FamRZ 2018, 1238 Rn. 13 ff.; vgl. bereits BGH, Beschluss vom 05.06.2013 – XII ZB 635/12 , FamRZ 2013, 1287 Rn. 22[↩]
- vgl. Breuers FuR 2019, 127, 129; Norpoth FamRB 2018, 350, 351; aA BeckOGK/Siede [Stand: 1.11.2019] § 31 VersAusglG Rn. 58[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 20.06.2018 – XII ZB 624/15 , FamRZ 2018, 1496 Rn. 23; und vom 16.05.2018 – XII ZB 466/16 , FamRZ 2018, 1238 Rn. 28[↩]