Durch eine angemessene Herabstufung der Unterhaltshöhe des unterhaltspflichtigen Elternteils ist die Überlassung einer diesem Elternteil gehörenden Wohnung zu berücksichtigen, wenn dadurch der Wohnbedarf des Kindes gedeckt wird und weder der betreuende Elternteil einen Ehegattenunterhalt noch der barunterhaltspflichtige Elternteil eine Nutzungsentschädigung für die Wohnungsüberlassung geltend macht.

So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem hier vorliegenden Fall eines Streits um Unterhalt für drei Kinder entschieden. Zusammen mit den drei aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kindern wohnt die Mutter in der vormaligen Ehewohnung. Diese gehört dem Vater zu 60 %. Seinen Anteil hat er mietfrei überlassen. Eins der Kinder erhielt eine private außerschulische Förderung in den Fächern Deutsch und Englisch. Ein anderes Kind wurde aufgrund einer Lese- und Rechtschreibschwäche sowie einer Aufmerksamkeitsstörung gesondert gefördert. Für die damit jeweils verbundene finanzielle Belastung macht die Mutter einen Mehrbedarf geltend. Sie verlangt außerdem die Beteiligung des Vaters an den Kosten einer mit sog. Speed Brackets durchgeführten kieferorthopädischen Behandlung eines Kindes. Sie begehrt eine Erhöhung der derzeit mit 115 % des Mindestunterhalts festgelegten Unterhaltsverpflichtung des Vaters. Nachdem das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen hatte, wurde mit der Beschwerde das Ziel weiter verfolgt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main decke der Vater einen Teil seiner Unterhaltsverpflichtung, die auch den Wohnbedarf umfasse, durch die mietfreie Überlassung der Wohnung an die Mutter und die Kinder. Das sei durch eine angemessene Herabstufung der für die Unterhaltshöhe grundsätzlich maßgeblichen Einkommensgruppe des Vaters (nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle) zu berücksichtigen. Angesichts eines Miteigentumsanteils von 60 % und eines in der Düsseldorfer Tabelle veranschlagten Wohnkostenanteils von etwa 20 % erscheine eine Herabstufung um eine weitere Einkommensgruppe angemessen. Dies gelte jedenfalls, soweit – wie hier – weder der betreuende Elternteil Ehegattenunterhalt noch der barunterhaltspflichtige Elternteil eine Nutzungsentschädigung geltend mache. Damit blieb das Begehren der Mutter auf eine Erhöhung des laufenden Elementarunterhalts ohne Erfolg.
Allerdings sei nach Meinung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main der Vater an den für die außerschulische Förderung der Kinder entstandenen Kosten anteilig zu beteiligen. Es handele sich um Mehrbedarf, der das übliche derart übersteige, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht erfasst werde. Hieran müssten sich beide Eltern entsprechend ihren Einkommensverhältnissen beteiligen, da beide hier den Maßnahmen zugestimmt hatten. Die kieferorthopädische Behandlung stelle einen Sonderbedarf dar, der ebenfalls vom Vater anteilig zu tragen sei. Auch ohne Vortrag zur medizinischen Notwendigkeit der verwendeten Speed Brackets stelle sich seine Beteiligung angesichts der zu erwartenden Verkürzung der Behandlungsdauer bei gleichzeitiger Gewährleistung einer besseren Zahnreinigung und des vom Vater selbst in Anspruch genommenen Krankenversicherungsschutzes als angemessen dar.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Deckung des Wohnbedarfs durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil grundsätzlicher Natur seien. Unter dem Aktenzeichen XII ZB 325/20 ist die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof anhängig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. Juni 2020 – 4 UF 176/19