Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders beendet wird.

§ 193 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGG geben nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung – anders als entsprechende Regelungen anderer Prozessordnungen (vgl. etwa § 154 VwGO, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) – die materiellen Maßstäbe für die Kostengrundentscheidung nicht vor1. Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen; neben dem Erfolgsgesichtspunkt kann auch dem Veranlassungsprinzip entscheidende Bedeutung zukommen2.
Auch wenn eine Klage zulässig und begründet ist, ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht in pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens aus Gründen der Billigkeit nach § 193 Abs. 1 SGG eine Kostenerstattung ablehnt3.
Angesichts des den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit insofern eingeräumten weiten Ermessens4 kann von einer willkürlichen Entscheidung in diesem Kontext nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere keine eigene Abwägung vorzunehmen, sondern sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die getroffene Entscheidung jeglichen sachlichen Grundes entbehrt5.
Die im hier entschiedenen Fall angegriffene sozialgerichtliche Kostenentscheidung Entscheidung war danach nicht willkürlich. Das Sozialgericht stützt seine Entscheidung darauf, dass es aufgrund der Umstände des Falles der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen sei, sich vor Erhebung einer Untätigkeitsklage zunächst nochmals kurz an die Behörde zu wenden. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob die Untätigkeitsklage zulässig und begründet war. Das Sozialgericht hat auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und daraus in vertretbarer Weise gefolgert, dass es der Beschwerdeführerin zumutbar war, vor sich vor Erhebung der Untätigkeitsklage noch einmal an das beklagte Jobcenter zu wenden.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16. Mai 2024 – 1 BvR 1021/24
- vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2022 – B 4 AS 60/21 R, Rn. 30[↩]
- vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2022 – B 4 AS 60/21 R, Rn. 30 m.w.N.; vgl. auch BVerfGK 16, 245 <250> m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.02.2023 – 1 BvR 311/22, Rn. 14; Beschluss vom 19.09.2023 – 1 BvR 1555/23, Rn. 7; Beschluss vom 06.02.2024 – 1 BvR 301/22, Rn. 14[↩]
- vgl. dazu BVerfGK 16, 245 <249 ff. >[↩]
- vgl. BVerfGK 16, 245 <252>[↩]