Nach 17-tägiger Ehe besteht kein Anspruch auf Witwenrente.

In dem jetzt vom Hessischen Landessozialgericht entschiedenen Fall heiratete eine 56-jährige Frau im November 2007 einen unheilbar an metastasiertem Kehlkopfkrebs erkrankten Mann. 17 Tage später verstarb der 58-Jährige an den Folgen seiner Krebserkrankung. Die im Schwalm-Eder-Kreis lebende Witwe beantragte die Gewährung von Witwenrente. Die Rentenversicherung lehnte dies mit der Begründung ab, dass eine Versorgungsehe nicht widerlegt worden sei. Die arbeitslose und von Hartz-IV-Leistungen lebende Witwe hingegen vertrat die Ansicht, dass der Tod zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht absehbar gewesen sei, und erhob Klage.
Hat eine Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, so besteht regelmäßig kein Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente. Nur wenn besondere Umstände die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe widerlegen, kann eine entsprechende Rente beansprucht werden (§ 46, 2a SGB VI).
Hiervon ist nicht auszugehen, wenn zum Zeitpunkt der Heirat ein Ehepartner bereits an einer Krebserkrankung im Endstadium leidet. So das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts. Die tödlichen Folgen der Krebserkrankung waren bei Eheschließung vorhersehbar.
Das Landessozialgericht bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz und gab der Rentenversicherung Recht. Der Gesetzgeber habe im Jahr 2001 geregelt, dass ein Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente nicht bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Anders sei dies nur, wenn wegen besonderer Umstände nicht davon auszugehen sei, dass die Heirat allein oder überwiegend einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken solle (sogenannte Versorgungsehe). Solche besonderen Umständen seien anzunehmen bei einem plötzlichen unvorhersehbaren Tod (z.B. in Folge eines Unfalls) oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien. Rechtlich unbeachtlich sei dagegen der Wunsch, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen.
Im konkreten Fall habe zum Zeitpunkt der Eheschließung keine Aussicht mehr auf Heilung bestanden. Die Witwe und ihr Ehemann seien von den Ärzten über den Krankheitsverlauf informiert worden und hätten von dem fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung gewusst. Auch habe ihr Mann anlässlich des Heiratsantrages zu ihr gesagt, dass er ihr „auch einmal etwas Gutes tun wolle, da sie sich um ihn kümmere“. Damit sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. November 2011 – L 5 R 320/10