Vor dem Bundesverfassungsgericht ist die Verfassungsbeschwerde mehrerer Frauen mit dem Ziel der Gewährung von Mutterschutz nach einer Fehlgeburt erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie weder die Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde noch den Grundsatz der Subsidiarität gewahrt hat.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 des Gesetzes zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG), zuletzt geändert durch Art. 57 Abs. 8 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 12.12.20191. § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG traten in der Fassung vom 23.05.2017 durch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts2 zum 1.01.2018 in Kraft.
In § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG sind unter anderem geregelt, in denen Frauen nach einer „Entbindung“ nicht beschäftigt werden dürfen. Während dieser Schutzfristen haben Frauen, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, gegen die Krankenkassen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und gegebenenfalls gegen den Arbeitgeber auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Zur Auslegung des Begriffs der „Entbindung“ nahm die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem anderen Kontext bisher auf Regelungen der Personenstandsverordnung Bezug. In den Fällen, in denen im personenstandsrechtlichen Sinne eine Fehlgeburt vorlag, wurde eine „Entbindung“ abgelehnt. Eine „Entbindung“ war danach nur gegeben, wenn ein Kind lebend oder tot nach der 24. Schwangerschaftswoche beziehungsweise mit einem Gewicht von mehr als 500 Gramm geboren wurde.
Die vier Beschwerdeführerinnen sind angestellte beziehungsweise verbeamtete Frauen, deren Schwangerschaften jeweils nach der 12., aber vor der 24. Schwangerschaftswoche durch eine Fehlgeburt endete. Sie ließen sich daraufhin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen und arbeiteten nicht. Die Beschwerdeführerinnen rügen, dass die mutterschutzrechtlichen Schutzfristenregelungen mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, weil Frauen, die zwischen der 12. und der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt mit einem weniger als 500 Gramm schweren Kind erlitten haben, von den angegriffenen Schutzfristenregelungen ausgenommen seien.
Die Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG), da sie unzulässig ist. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde und im Übrigen den Grundsatz der Subsidiarität nicht wahrt. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihre Ansprüche vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde vor den Sozial- beziehungsweise Arbeitsgerichten verfolgen können.
Soweit sich die Rechtssatzverfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. gegen § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG richtet, ist sie bereits verfristet.
Nach § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG kann eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen eine Norm richtet, nur binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden. Das Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG) wurde als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts am 23.05.2017 verkündet und ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 – vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 – am 1.01.2018 in Kraft getreten. Die Frist aus § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG endete folglich mit Ablauf des 31.12.2018 und war bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde am 4.11.2022 abgelaufen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch keine andere Bewertung deshalb geboten, weil die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. die Fehlgeburten erst im Zeitraum August 2019 bis Februar 2022 erlitten haben. Für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der erstmaligen Beschwer durch eine Norm grundsätzlich unerheblich3. Bei der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG handelt es sich um eine Ausschlussfrist, deren Zweck es ist, Rechtssicherheit zu schaffen4.
Verfassungsrechtlichen Bedenken könnte die Ausschlussfrist des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG im Hinblick auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG nur begegnen, soweit sie dazu führen würde, dass Beschwerdeführende bei einer erst nach dem Ablauf der Frist aufgrund der Norm (oder unmittelbar durch diese) eingetretenen Beschwer keine Möglichkeit mehr hätten, die Verfassungswidrigkeit der Norm im Rechtsweg und erforderlichenfalls auch mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen5.
Ob für den Fristlauf ausnahmsweise auf den Zeitpunkt der erstmaligen Beschwer abzustellen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. wäre auch in diesem Fall verfristet. Sie haben die Fehlgeburten im Zeitraum August 2019 bis Oktober 2020 erlitten. Bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde am 4.11.2022 war die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG danach abgelaufen. Im Übrigen droht bei Anwendung des § 93 Abs. 3 Alt. 1 BVerfGG auch kein Rechtsschutzdefizit. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. haben von der Möglichkeit, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelungen inzidenter im fachgerichtlichen Rechtsschutz prüfen zu lassen, keinen Gebrauch gemacht.
Auch der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) ist nicht gewahrt.
Vor Erhebung von Rechtssatzverfassungsbeschwerden sind grundsätzlich alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Dies gilt auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann6. Wenn sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz wendet, kann die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Ausschlaggebend ist auch dann, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit Beschwerdeführende durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert sind7.
Nur soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung nicht8. Darüber hinaus gelten Ausnahmen von der Pflicht zur vorherigen Anrufung der Fachgerichte, wenn die angegriffene Regelung die Beschwerdeführenden zu gewichtigen Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können, wenn die Anrufung der Fachgerichte offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre oder sie sonst nicht zumutbar ist. Dabei ist allerdings die Anrufung der Fachgerichte nicht schon dann als von vornherein aussichtslos anzusehen, wenn Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs für die gegebene Fallgestaltung noch nicht vorliegt9.
Danach ist der Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. haben keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz ersucht, ohne dass erkennbar wäre, weshalb ihnen dies unzumutbar gewesen sein soll. Sie hätten, jedenfalls soweit sie Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse sind, gegen die Krankenkassen einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld beziehungsweise gegen ihre Arbeitgeber einen Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld geltend machen können.
Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 1 SGB V haben weibliche Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen des § 3 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Der Anspruch besteht für die letzten sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung, dem Entbindungstag und für die ersten acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten für die ersten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 24i Abs. 3 Satz 1, Satz 2 SGB V). Mutterschaftsgeld wird nicht von Amts wegen gezahlt, sondern bedarf nach § 19 Satz 1 SGB IV eines Antrages10. Verweigert die Krankenkasse die Auszahlung, weil sie die Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet, hat sie der Frau einen formellen Bescheid zu erteilen, gegen den Widerspruch erhoben werden kann.
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld knüpft bei den Anspruchsvoraussetzungen des § 24i Abs. 1 SGB V an die gesetzlichen Schutzfristen des § 3 MuSchG und damit an die „Entbindung“ an; dasselbe gilt für die in § 24i Abs. 3 SGB V geregelte Anspruchsdauer. Wann eine Entbindung im Sinne des § 24i Abs. 1, Abs. 3 SGB V bzw. § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG vorliegt, ist dem Gesetzestext, insbesondere den Begriffsbestimmungen in § 2 MuSchG nicht zu entnehmen. Als maßgebend wurde insofern bisher die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts herangezogen, die unter Entbindung die „Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib“ verstand und zur Begriffsbestimmung dabei auf die Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (in der Folge: PStV))zurückgriff11. Eine Entbindung war nach dieser Auslegung nur dann gegeben, wenn ein Kind lebend oder tot nach der 24. Schwangerschaftswoche beziehungsweise mit einem Gewicht der Leibesfrucht von mehr als 500 Gramm geboren wurde.
Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes war den Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. bei dieser Ausgangslage nicht unzumutbar. Dass sich die Sozialgerichte bei der Beurteilung etwaiger Zahlungsklagen auf Mutterschaftsgeld der vom Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit vorgenommenen Auslegung anschließen, wonach eine Fehlgeburt keine Entbindung darstellt, ist entgegen der pauschalen Annahme der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. nicht offensichtlich.
Der Begriff der Entbindung wurde durch den Gesetzgeber weder im Mutterschutzrecht noch in den zugehörigen sozialrechtlichen Bestimmungen konkretisiert. Dass der Gesetzgeber unter Entbindung im Sinne der § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG nur die Fälle fassen wollte, bei denen nach Maßgabe der Personenstandsverordnung eine Lebendgeburt (§ 31 Abs. 1) beziehungsweise eine Totgeburt (§ 31 Abs. 2) vorliegt, wird weder aus dem Wortlaut der Regelungen noch der Systematik des Mutterschutzgesetzes ersichtlich. Dass der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Mutterschutzgesetzes zum 1.01.2018 bei Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, für einen bestimmten Zeitraum ein Kündigungsverbot normiert hat (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG), setzt für die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ im Rahmen der Schutzfristenregelungen keine verbindlichen Maßstäbe. Denn der Gesetzgeber stellte bei Einführung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots bei Fehlgeburten ausdrücklich klar, dass er die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung des Begriffs „Entbindung“ vorgenommene Bezugnahme auf die Personenstandsverordnung aus medizinischer Sicht und nach Intention des Mutterschutzgesetzes für nicht sachgerecht erachtet12. Dass der Gesetzgeber die fachgerichtliche Auslegung hingegen bei den Schutzfristen für überzeugend hält, wird weder aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, noch erscheint dies mit Blick auf die einheitliche Intention des Mutterschutzgesetzes plausibel.
Dass die Gerichte bei dieser Ausgangslage gleichwohl an ihrer bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs der „Entbindung“ festhalten würden, haben die Beschwerdeführerinnen nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sie setzen sich mit den bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus den Jahren 2005 beziehungsweise 2013, die nicht spezifisch zu den angegriffenen gesetzlichen Schutzfristenregelungen, sondern zu (Vorgänger-)Regelungen der kündigungsrechtlichen Bestimmung im Mutterschutzgesetz (§ 9 a. F. MuSchG) und zu einer anders gestalteten personenstandsrechtlichen Regelung ergangen sind, nicht hinreichend substantiiert auseinander. Sie übersehen weiter, dass das Bundesarbeitsgericht die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ an die vormalige medizinische Erkenntnislage knüpfte. Dass die damaligen Erkenntnisse in der Geburtshilfe unverändert gelten, behaupten die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. aber nicht. Die Verfassungsbeschwerde befasst sich auch nicht mit der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die die gesetzgeberischen Entwicklungen bei Fehlgeburten im Mutterschutzrecht bei der Auslegung des Begriffs der „Schwangerschaft“ im Rahmen des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) berücksichtigt13.
Die durch das Bundesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs „Entbindung“ ist auch nicht zwingend. Die durch das Gericht bei Erörterung der „Entbindung“ in Bezug genommene Personenstandsverordnung diente bei Einführung dem Zweck, die dem Personenstandsrecht entsprechenden Regelungen zur familien- und namensrechtlichen Beurkundung von Geburten, Eheschließungen, Begründungen von Lebenspartnerschaften und Sterbefällen auszuführen14. Sie enthält verfahrensrechtliche Normen ohne sachlichrechtliche Wirkungen für die Frage, ab wann ein Mensch lebensfähig ist. Die Zwecksetzung der Personenstandsverordnung unterscheidet sich damit grundsätzlich von den Regelungen der § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG, die eine störungsfreie Regeneration der nach der Entbindung in besonderer Weise schonungs- und pflegebedürftigen Frau sowie eine Intensivierung des Kontakts zum neu geborenen Kind ermöglichen sollen. Es ist mit Blick auf diese unterschiedlichen Zielsetzungen nicht ausgeschlossen, dass die Gerichte bei Auslegung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Interessenlage eine „Entbindung“ auch im Falle einer Fehlgeburt annehmen oder im Lichte des Art. 6 Abs. 4 GG für geboten erachten.
Zahlungsklagen gegen die Krankenkassen wären entgegen der Behauptungen der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. auch nicht offensichtlich aussichtslos, weil es den Klagen an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Das Mutterschaftsgeld unterscheidet sich wesentlich von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Beschwerdeführerinnen setzten sich mit den unterschiedlich ausgestalteten Regelungen nicht hinreichend auseinander.
Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. hätten neben dem Mutterschaftsgeld auch den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gegen ihre Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten einklagen können. Diese Klagen hätten gemeinsam mit einer Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung eines Beschäftigungsverbots erhoben werden können. Mit diesen Rechtsschutzmöglichkeiten befasst sich die Beschwerde aber nicht. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4. tragen lediglich zu einer ihnen nicht zumutbaren erzwungenen Kündigungssituation vor, die aber einfachrechtlich anders ausgestaltet ist und für ihr offenkundiges Ziel, tatsächlich und wirtschaftlich mit Frauen, die unter die Schutzfristen fallen, gleichgestellt zu werden, nicht sachdienlich ist.
Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht ausnahmsweise vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zulässig. Sie wirft nicht allein verfassungsrechtliche Fragen auf, die ohne Aufbereitung der tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgrundlagen zu beantworten wären. Bei der „Entbindung“, die für das Beschäftigungsverbot maßgebend ist, sind medizinische Wertungen zu berücksichtigen. Solche Erkenntnisse sind vorrangig im fachgerichtlichen Verfahren zu gewinnen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen.
Auch im Übrigen dürfte die Verfassungsbeschwerde den Substantiierungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG nicht genügen. Es fehlt der Verfassungsbeschwerde an substanziellem Vortrag dazu, durch welche konkrete Regelung welche individuell nachteilige Ungleichbehandlung eintritt. Die Beschwerde übergeht durchgehend, dass die Gewichts- und Zeitgrenzen des Personenstandsrechts nicht Gegenstand der mutterschutzrechtlichen Fristenregelungen sind.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. August 2024 – 1 BvR 2106/22
- BGBl I S. 2652 <2721>[↩]
- BGBl I S. 1228 <1244>[↩]
- vgl. BVerfGE 23, 153 <164> 30, 112 <126>[↩]
- vgl. BVerfGE 11, 255 <260>[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.11.1996 – 1 BvR 1862/96 11; vgl. Hörnig, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 93 Rn. 80 (Jun.2023); Lechner/Zuck, BVerfGG, 8. Aufl.2019, § 93 Rn. 72; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl.2020, § 93 Rn. 108 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 162, 1 <54 Rn. 100> m.w.N. – Bayerisches Verfassungsschutzgesetz; BVerfG, Beschluss vom 18.11.2022 – 1 BvR 1951/21, Rn. 3[↩]
- vgl. BVerfGE 158, 170 <199 Rn. 70> m.w.N. – IT-Sicherheitslücken[↩]
- vgl. BVerfGE 150, 309 <326 f. Rn. 44> m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfGE 162, 1 <54 Rn. 102> m.w.N.[↩]
- vgl. Knorr/Krasney, in: Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, 2024, § 24i SGB V Rn. 91[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2013 – 8 AZR 838/12, BAGE 147, 50 <56 Rn. 28> mit Verweis auf BAG, Urteil vom 15.12.2005 – 2 AZR 462/04[↩]
- vgl. BT-Drs. 18/8963, S. 87 f.; vgl. BR-Drs. 230/16, S. 99[↩]
- vgl. BSG, Urteil vom 16.03.2017 – B 10 EG 9/15 R 25[↩]
- vgl. BR-Drs. 713/08, S.01.[↩]
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