Von der gesetzlichen Krankenkasse sind Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der „besonderen Therapierichtungen“, zu denen auch die anthroposophischen Medizin gehört, nur bei positiver Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zu leisten. Im Fall der rhythmischen Massage, die in der anthroposophischen Medizin angewandt wird, hat es bislang keine Äußerung des Bundesausschusses gegeben, so dass die gesetzliche Krankenkassen nicht zur Leistung verpflichtet sind.

Mit dieser Entscheidung hat das Hessische Landessozialgericht die Klage einer an Rheuma erkrankten Frau auf Erstattung der Kosten abgelehnt. Die Frau aus Marburg erhielt von ihrem Arzt mittels Privatrezept rhythmische Massagen verordnet und beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenerstattung. Dies lehnte die Kasse mit der Begründung ab, dass es sich hierbei um ein neues Heilmittel handele, für das sie nicht leistungspflichtig sei. Die Frau berief sich hingegen darauf, dass diese Behandlungsmethode bereits seit mehr als 80 Jahren integrativer Bestandteil der anthroposophischen Medizin sei. Es könne ihr auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bisher kein Anerkennungsverfahren eingeleitet habe, da sie hierauf keinen Einfluss habe.
Das Hessische Landessozialgericht stimmte dieser Einschätzung nicht zu. Als neue Heilmittel gelten solche, die bisher nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung gewesen seien. Hierzu zähle die rhythmische Massage, da sie in der Anlage der Heilmittelrichtlinie nicht aufgeführt sei. Zudem habe der Gemeinsame Bundesausschuss diese Behandlungsmethode weder anerkannt, noch habe er sich mit diesem Heilmittel befasst.
Darin liege auch kein Systemversagen, das ausnahmsweise einen Behandlungsanspruch des Versicherten begründen könne. Ein entsprechendes Anerkennungsverfahren könnten eine kassenärztliche Vereinigung oder ein Spitzenverband der Krankenkassen beantragen. Diesen stehe insoweit angesichts der begrenzten Bearbeitungskapazität des Gemeinsamen Bundesausschusses ein Beurteilungsspielraum zu. Ein sachgerechtes Kriterium sei insoweit die medizinische Relevanz der Methode bei Diagnostik und Behandlung bestimmter Erkrankungen. Für Krankheitsbilder, die mit der rhythmischen Massage behandelt würden, stünden zahlreiche andere Heilmittel der physikalischen Therapie – wie z.B. klassische Massage und Krankengymnastik – als Kassenleistung zur Verfügung.
Der Gesetzgeber habe zwar Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der „besonderen Therapierichtungen“, die sich von der Schulmedizin abgrenzten, vom Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Dies besage aber nicht, dass diese Mittel ohne jegliche Prüfung ihres Nutzens und ihrer Wirtschaftlichkeit von den Krankenkassen zu bezahlen seien.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 2. Februar 2012 – L 8 KR 93/10