Voraussetzung für den Erlass eines Zwischenurteils als sog. Grundurteil (über den Grund des Anspruchs, § 99 Abs. 1 FGO) ist die positive Feststellung des Gerichts, dass nach hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht1.

Nach § 99 Abs. 1 FGO kann ein Gericht u.a. in dem Fall, dass bei einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig ist, durch Zwischenurteil „über den Grund“ vorab entscheiden. In der Rechtsprechung ist insoweit geklärt, dass ein sog. Grundurteil dann erlassen werden darf, wenn sich im konkreten Einzelfall der Streit über den Grund eines Anspruchs von demjenigen über die Höhe des Anspruchs trennen lässt2.
Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist aber die positive Feststellung, dass nach hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht3, sodass die Beantwortung der Rechtsfrage auch entscheidungserheblich ist.
Zu dieser Voraussetzung hat im vorliegenden, vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall das erstinstanzlich tätige Hessische Finanzgericht4 keine Feststellungen getroffen. Dem finanzgerichtlichen Urteil lässt sich nicht entnehmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden kann, dass im Streitfall ein Einbringungsgewinn II „der Höhe nach“ (überhaupt) angefallen ist. Die Entscheidungsgründe des FG, Urteils verweisen darauf, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers erstmals in der mündlichen Verhandlung auch den vom Finanzamt ermittelten Gewinn „der Höhe nach“ angegriffen haben. Es werde anstelle der Bemessung anhand des Substanzwertes der Ansatz eines geringeren Ausgangswertes begehrt, der infolge der andauernden Verluste der Gesellschaft als Liquidationswert der Gesellschaft „im Idealfall aus Klägersicht“ sogar „mit 0 € zu bemessen“ sei. Das Hessische Finanzgericht hat zu diesem Vorbringen zwar ausgeführt, die Klägerseite habe hierfür in der Verhandlung keine konkreten Nachweise vorlegen können; es hat damit aber ein solches Ergebnis auch nicht ausgeschlossen und damit nicht positiv festgestellt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Anfall eines Einbringungsgewinns II (positiver Betrag) auszugehen sei.
Eine Umdeutung des nicht statthaften Grundurteils nach § 99 Abs. 1 FGO in ein statthaftes Zwischenurteil nach § 99 Abs. 2 FGO5 ist im Streitfall ausgeschlossen. Denn die Beteiligten sind nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass „ggf. durch Zwischenurteil auf der Grundlage von § 99 Abs. 1 FGO … entschieden werden müsste“.
Mit der Aufhebung eines Zwischenurteils befindet sich das Klageverfahren wieder in dem Stadium, das vor Erlass des Zwischenurteils bestanden hat, ohne dass es einer förmlichen Zurückverweisung an das Finanzgericht bedarf6.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Oktober 2022 – I R 18/20
- vgl. BFH, Beschluss vom 06.06.2013 – I B 53/12, BFH/NV 2013, 1561, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 11.02.1998 – I R 67/97, BFH/NV 1998, 1197[↩]
- BFH, Beschluss vom 06.06.2013 – I B 53/12, BFH/NV 2013, 1561, m.w.N.[↩]
- Hess. FG, Urteil vom 05.03.2020 – 8 K 339/15[↩]
- vgl. hierzu BFH, Urteil vom 17.12.2008 – III R 22/06, BFH/NV 2009, 1087[↩]
- BFH, Urteile vom 12.08.2015 – I R 2/13, BFH/NV 2016, 47; vom 04.09.2019 – I R 11/17, BFH/NV 2020, 766[↩]