Eine Einkommensteuererstattung, die aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen Tätigkeit resultiert, fällt nicht in die Insolvenzmasse. Er kann daher vom Finanzamt mit vorinsolvenzrechtlichen Steuerschulden verrechnet werden.

In dem hier vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall war über das Vermögen des Insolvenzschuldners im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzschuldner war weiterhin als gewerblicher Dienstleister selbständig tätig. Diese Tätigkeit hatte der Insolvenzverwalter noch im Jahr 2009 aus der Insolvenzmasse freigegeben (§ 35 Abs. 2 Satz 1 InsO).
Das beklagte Finanzamt setzte für das Jahr 2010 Einkommensteuervorauszahlungen gegenüber dem Insolvenzschuldner fest, der die Vorauszahlungen aus seinem insolvenzfreien Vermögen leistete. Im Jahr 2011 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010. Den sich danach zugunsten des Insolvenzschuldners ergebenden Erstattungsanspruch verrechnete das Finanzamt mit dessen Einkommensteuerrückständen aus dem Jahr 2009. Der Insolvenzverwalter sah dies als unzulässig an und begehrte die Auszahlung des Erstattungsanspruchs zur Insolvenzmasse.
Dies lehnte das Finanzamt ab. Zu Recht, wie jetzt das Finanzgericht Münster befand:
Entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalter stehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Aufrechnung durch das Finanzamt nicht entgegen. Werde eine selbständige Tätigkeit – wie im Streitfall – vom Insolvenzverwalter ohne Einschränkung freigegeben, gehörten die Forderungen und Verbindlichkeiten, die hierdurch veranlasst seien, nicht zur Insolvenzmasse, sondern zum insolvenzfreien Vermögen. Dies gelte auch für Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche. Der Insolvenzschuldne r müsse nicht nur die im Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit entstehenden Steuern zahlen, sondern habe konsequenterweise auch einen Anspruch auf Erstattung überzahlter Beträge. Die vom Bundesfinanzhof für Umsatzsteuervergütungsansprüche entwickelte Rechtsprechung sei auf Einkommensteuererstattungsansprüche zu übertragen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 27. September 2013 – 14 K 1917/12 AO