Geschäftsführergehälter bei der Dienstleistungs-Tochter

Erschöpft sich die Tätigkeit der Tochter-GmbH darin, Aufgaben im Dienste der Mutter-KG zu erbringen, stellen Vergütungen an den Geschäftsführer der Tochter-GmbH, der gleichzeitig Gesellschafter der Mutter-KG ist, Einkünfte der Mutter-KG im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar.

Geschäftsführergehälter bei der Dienstleistungs-Tochter

Zu den Sondervergütungen im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören nicht nur Entgelte für Leistungen, die der Gesellschafter aufgrund eines von ihm selbst mit der Personengesellschaft abgeschlossenen schuldrechtlichen Vertrages an diese erbringt. Sondervergütungen kommen entsprechend der am Zweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG orientierten Auslegung auch in Betracht, wenn ein Dritter in den Leistungsaustausch zwischen dem Gesellschafter und der Personengesellschaft eingeschaltet ist, sofern die Leistung des Gesellschafters nicht dem zwischengeschalteten Dritten, sondern der leistungsempfangenden Personengesellschaft zugute kommen soll1.

Das bedeutet, dass trotz der Zwischenschaltung eines Dritten Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dann vorliegen, wenn sich die Leistung des Gesellschafters letztlich als eine „Tätigkeit im Dienste der Personengesellschaft“ erweist; dies ist bei Dienstleistungen (Tätigkeiten) des Gesellschafters der Fall, wenn diese nur für die Personengesellschaft von Wert oder für diese bestimmt sind. Es müssen die Umstände des jeweiligen Falles dafür sprechen, dass die Dienstleistung (Tätigkeit) des Gesellschafters in abgrenzbarer Weise der empfangenden Personengesellschaft dienten und nicht dem Interessenbereich des Dritten zugute kommen soll2.

Für die einkommenssteuerliche Beurteilung der Tätigkeitsvergütung ist es unerheblich, auf welcher schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Grundlage der Gesellschafter seine Tätigkeit erbringt; entscheidend ist, dass er –wie der Kommanditist, der als Organ der Komplementär-GmbH die Geschäfte der KG führt– damit letztlich „im Dienst der Personengesellschaft“ tätig wird und wirtschaftlich gesehen einen Beitrag zur Verwirklichung ihres Gesellschaftszwecks leistet3.

Erschöpft sich die Tätigkeit der GmbHs aber darin, Aufgaben im Dienste der Klägerin zu erfüllen, sind auch die Leistungen von deren Geschäftführern als im Dienste der Klägerin erbrachte zu beurteilen. Die Geschäftsführer leisteten insoweit wirtschaftlich gesehen (nur) einen Beitrag zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks der Klägerin.

Der Erfassung als Sondervergütungen steht auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, die nach dem Gesetz entstandenen Steueransprüche geltend zu machen und die für die Entstehung und den Umfang des Steueranspruchs maßgebenden Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen durchzuführen (Art. 20 Abs. 3 GG)4. Nur ausnahmsweise können die Finanzbehörden nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert sein, einen nach dem Gesetz entstandenen Steueranspruch geltend zu machen oder Besteuerungsgrundlagen in der dem Gesetz entsprechenden Höhe festzustellen5. Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Allein die Tatsache, dass der Beklagte im Rahmen der vorangegangen Außenprüfung eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, rechtfertigt es nicht, von der gesetzlich gebotenen Feststellung abzusehen. So besteht nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Bindung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben selbst dann nicht, wenn die Finanzbehörde jahrelang eine andere Einordnung, ohne eine bindende Zusage gegeben zu haben, vorgenommen hat bzw. wenn bestandskräftigen Feststellungen der Vorjahre eine Betriebsprüfung vorausging, anlässlich derer die Behandlung der Einkünfte nicht beanstandet wurde6.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 1. Februar 2011 – 8 K 74/06

  1. vgl. BFH, Urteile vom 06.07.1999 – VIII R 46/94, BFHE 189, 139, BStBl II 1999, 720, m.w.N.; und vom 14.02.2006 – VIII R 40/03, BFHE 212, 270, BStBl II 2008, 182[]
  2. BFH, Urteil vom 07.12.2004 – VIII R 58/02, BFHE 208, 541, BStBl II 2005, 390[]
  3. BFH, Urteil vom 06.07.1999 – VIII R 46/94, BFHE 189, 139, BStBl II 1999, 720[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 12.02.1969 – 1 BvR 687/62, BVerfGE 25, 216, BStBl. II 1969, 364[]
  5. BFH, Urteil vom 16.03.1983 – IV R 36/79, BFHE 138, 223, BStBl. II 1983, 459[]
  6. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 07.02.1969 – VI R 174/67, BFHE 95, 41, BStBl. II 1969, 314; und vom 11.02.1981 – I R 128/77, BFHE 132, 552, BStBl. II 1981, 448[]