Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort weg und nutzt daraufhin eine bereits vorhandene Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt (sog. Wegverlegungsfall), so wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet. Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt in sog. Wegverlegungsfällen die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen.

Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht abziehbare Werbungskosten. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzusetzen. Nach Satz 5 der Vorschrift beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate. Gemäß Satz 6 der Vorschrift gelten die Abzugsbeschränkungen nach Satz 1, die (gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer aus betrieblichem oder beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung.
Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können (sog. Wegverlegungsfall, vgl. hierzu BFH, Urteile vom 05.03.2009 – VI R 58/06, BFHE 224, 413, BStBl II 2009, 1012; – VI R 31/08, BFH/NV 2009, 1256; – VI R 23/07, BFHE 224, 420, BStBl II 2009, 1016; und vom 06.05.2010 – VI R 34/09, BFH/NV 2010, 2046).
Verpflegungsmehraufwand wird seit dem Veranlagungszeitraum 1996 nur für die ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge (24 € je Tag im Jahr 2008) gewährt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber Steuerpflichtigen mit doppelter Haushaltsführung einen Rechtsanspruch auf Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge eingeräumt. Anders als zuvor ist nicht mehr danach zu fragen, ob der Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde1. Diese Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für die Verpflegung auf drei Monate bei einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung ist verfassungsgemäß. Denn mit der Typisierung einer Übergangszeit (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG) bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb der Grenzen seines Beurteilungs- und Gestaltungsermessens. Im Regelfall kann sich der Steuerpflichtige bei einer doppelten Haushaltsführung nach einer mehrmonatigen Übergangszeit auf die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden2. Gleichwohl kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort konkret bekannt war oder nicht. Denn der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung während der Dreimonatsfrist ist generell von der tatsächlichen Verpflegungssituation unabhängig. Ein Einzelnachweis von Verpflegungsmehraufwendungen entfällt und es ist auch ohne Bedeutung, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsmehraufwand anfällt3. Unter Heranziehung dieser Erwägungen hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten geltend gemacht werden können, wenn ein Steuerpflichtiger nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung in der schon früher genutzten Wohnung erneut eine doppelte Haushaltsführung begründet4.
Dem Steuerpflichtigen stehen auch in Fällen, in denen er seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und seine bisherige Wohnung in einen Zweithaushalt umwidmet, Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate zu. Denn in diesen Fällen wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet. Im Zeitpunkt der Umwidmung beginnt daher die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit der Verpflegungsmehraufwendungen zu laufen.
Für eine einschränkende Wortlautauslegung besteht kein Anlass. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG dienen der Steuervereinfachung5. Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn eine Einzelfallprüfung entfällt, nämlich ob und wie lange sich der Steuerpflichtige vor Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits am Beschäftigungsort aufgehalten hat und sich daher auf die Verpflegungssituation hat einstellen können. Dementsprechend kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gerade nicht darauf an, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsmehrbedarf angefallen ist und ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt war6.
In Kenntnis der vorgenannten Bundesfinanzhofsrechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.20137 keine Änderung dahingehend vorgenommen, dass die Dreimonatsfrist mit einem anderen Zeitpunkt als mit der Begründung der doppelten Haushaltsführung beginnen soll. Auch das spricht für die vom Bundesfinanzhof getroffene Auslegung, dass die konkrete Verpflegungssituation unerheblich ist.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – VI R 7/13
- BFH, Urteil vom 04.04.2006 – VI R 44/03, BFHE 212, 571, BStBl II 2006, 567[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 08.07.2010 – VI R 10/08, BFHE 230, 352, BStBl II 2011, 32; – VI R 11/08, BFH/NV 2011, 14[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 08.07.2010 – VI R 15/09, BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47; vom 16.11.2005 – VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267; vom 10.04.2002 – VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779; vom 11.05.2005 – VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782; vom 13.12 2007 – VI R 73/06, BFH/NV 2008, 936[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47[↩]
- BT-Drs. 13/901, S. 129; BT-Drs. 13/1558, S. 143[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47; in BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267; in BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779; in BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782, und in BFH/NV 2008, 936[↩]
- BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188[↩]