Fortbildungsaufwendungen – und kein Korrespondenzprinzip zwischen Sozialrecht und Steuerrecht

Die Rechtsordnung kennt kein allgemeines Korrespondenzprinzip, wonach staatliche Sozialleistungen für Aufwendungen, die nicht zur Befriedigung des existenznotwendigen Bedarfs dienen, bei Steuerpflichtigen, die vergleichbare Aufwendungen tragen, aber keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben, den Maßstab für die Höhe der steuermindernd zu berücksichtigenden Werbungskosten bzw. Sonderausgaben bilden.

Fortbildungsaufwendungen – und kein Korrespondenzprinzip zwischen Sozialrecht und Steuerrecht

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Bildungseinrichtung und Mehraufwendungen für Verpflegung in Anlehnung an die dafür in §§ 81 ff. SGB III geregelten Sozialleistungen zum Abzug zuzulassen.

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln1.

Die Regelungen in § 81 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) können im Streitfall schon deshalb keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung begründen, weil die in der Vorschrift behandelten Weiterbildungskosten hinsichtlich Umfang und Voraussetzungen nicht annähernd deckungsgleich mit den vorliegend in Streit stehenden Aufwendungen sind. Dasselbe gilt für die in § 3 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 16 EStG begünstigten Leistungen bzw. Vergütungen. Im Übrigen kennt die Rechtsordnung kein allgemeines Korrespondenzprinzip, wonach staatliche Sozialleistungen für Aufwendungen, die nicht zur Befriedigung des existenznotwendigen Bedarfs dienen, bei Steuerpflichtigen, die vergleichbare Aufwendungen tragen, aber keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben, den Maßstab für die Höhe der steuermindernd zu berücksichtigenden Werbungskosten bzw. Sonderausgaben bilden. Der Gesetzgeber war daher von Verfassungs wegen nicht gehalten, die hier in Streit stehenden Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Bildungseinrichtung und Mehraufwendungen für Verpflegung in Anlehnung an die dafür in §§ 81 ff. SGB III geregelten Sozialleistungen zum Abzug zuzulassen.

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Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Polizeibeamten

Ein höherer Ansatz von Werbungskosten als die Pauschale in Höhe von 0, 30 € kommt hier zudem bereits deshalb nicht in Betracht, weil es an Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die Klägerin höhere Aufwendungen getragen hat.

Sowohl der Aufwendungsbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als auch das Abflussprinzip gemäß § 11 Abs. 2 EStG verlangen grundsätzlich, dass der Steuerpflichtige, der den Werbungskostenabzug begehrt, eine entsprechende Vermögensminderung erleidet2.

Dieses sog. Kostentragungsprinzip stützt sich auf das Leistungsfähigkeitsprinzip, konkretisiert durch das Nettoprinzip. Einkünfte können nur dann Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sein, wenn sich auch ihre Komponenten, d.h. Einnahmen und Erwerbsaufwendungen, daran orientieren. Wie dem Steuerpflichtigen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 8 EStG nur solche Einnahmen zuzurechnen sind, die seine persönliche Leistungsfähigkeit erhöhen, so sind entsprechend nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die die persönliche (wirtschaftliche) Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern3. Diese Grundsätze gelten auch bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach § 26b EStG4. Die Subjektbezogenheit der Einkünfteermittlung wird durch die verfahrenstechnische Zusammenrechnung der Einkünfte nicht aufgehoben5.

Im Streitfall können daher -bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen- die geltend gemachten Fahrtkosten allenfalls in Höhe der Entfernungspauschale von 0, 30 € als Werbungskosten abgezogen werden. Dass die Klägerin tatsächlich höhere Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Bildungseinrichtung getragen hat, hat das Finanzgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es festgestellt, dass die Klägerin für die Fahrten zur Fachschule und zu den Praktikumsorten einen auf den Kläger zugelassenen PKW genutzt hat. Demgegenüber fehlt es an Feststellungen, dass die Klägerin die fixen und/oder variablen Aufwendungen für das Fahrzeug ihres Ehemannes getragen hat. Auch in der Beschwerdebegründung finden sich insoweit keinerlei Ausführungen.

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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31. Januar 2019 – VI B 8/18

  1. vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164[]
  2. BFH, Urteil vom 19.04.2012 – VI R 25/10, BFHE 237, 444, BStBl II 2013, 699; Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 40[]
  3. BFH, Beschluss vom 23.08.1999 – GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, Rz 51[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 25.06.2008 – X R 36/05, BFHE 222, 373[]
  5. BFH, Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782[]

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