Überträgt eine AG ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine KG, so geht ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag der AG jedenfalls dann nicht auf die KG über, wenn sich die AG fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der KG beschränkt.

Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. € übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a Satz 2 GewStG bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen (§ 10a Satz 6 GewStG).
Die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität voraus.
Der Begriff der Unternehmensidentität besagt, dass der im Kürzungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch sein muss mit dem Gewerbebetrieb, der im Verlustentstehungsjahr bestanden hat1. Dieses Merkmal ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer2, der es im Gewerbesteuerrecht nicht zulässt, dass Verluste des einen Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen solchen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden3.
Bei einer Personengesellschaft ist darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) die gleiche geblieben ist4. Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger überträgt, stellt sich das Problem der Unternehmensidentität nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt5. Eine Änderung der wirtschaftlichen Betätigung einer Kapitalgesellschaft berührt die Unternehmensidentität nicht.
Als weitere Voraussetzung für einen Verlustabzug nach § 10a GewStG muss hinzukommen, dass der Gewerbetreibende den Verlust in eigener Person erlitten hat (Unternehmeridentität). Bei einem Unternehmerwechsel entfällt der Verlustabzug (§ 10a Satz 8 GewStG i.V.m. § 2 Abs. 5 GewStG). Bei Personengesellschaften hängt die Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter ab, so beim Gesellschafterwechsel6. Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmeridentität gewahrt, wenn sie trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche Identität bewahrt hat.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Finanzamtll war eine Übernahme des bei der AG entstandenen Gewerbeverlustes durch die KG nicht möglich:
Die KG begehrt die Berücksichtigung des Gewerbeverlustes, der bis zur Ausgliederung bei der AG angefallen war. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person nicht um Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft i.S. des § 10a GewStG gekürzt werden. Die Vorschrift des § 18 UmwStG betrifft den Vermögensübergang durch Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung sowie den Formwechsel von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person7. Im Fall der Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 123 Abs. 2 UmwG) mindern sich verbleibende Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht (§ 18 Abs. 1 Satz 1, § 16 i.V.m. § 15 Abs. 3 UmwStG). Die genannten Vorschriften sind auf eine Ausgliederung i.S. des § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG, wie sie im Streitfall zu beurteilen ist, jedoch nicht anwendbar (§ 1 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Es fehlt an einer spezialgesetzlichen Regelung, die den Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft anlässlich einer Ausgliederung verbietet oder gestattet.
Aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über den gewerbesteuerrechtlichen Verlustübergang bei Unternehmens- und Unternehmeridentität ergeben sich keine für die KG günstigen Rechtsfolgen.
Diese Grundsätze sind im Streitfall nicht einschlägig, da der Rechtsträger, bei dem der Gewerbeverlust entstanden war (AG), auch nach der Ausgliederung noch existierte und der vor der Übertragung bestehende Betrieb der AG aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG identisch war mit dem nach der Übertragung noch vorhandenen Betrieb; dies gilt ungeachtet dessen, dass sich die AG nach der Übertragung auf eine Holding-Funktion beschränkte. In einem derartigen Fall stellt sich die Frage des Übergangs eines Gewerbeverlustes nicht. Der Streitfall ist -entgegen der Rechtsauffassung der KG und des Finanzgericht- nicht mit Fällen vergleichbar, in denen ein Betrieb durch einen Umwandlungsvorgang von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft übergeht und die Personengesellschaft dadurch ihre rechtliche Existenz verliert. Die vom Finanzgericht Baden-Württemberg8 in diesem Zusammenhang zitierten Urteile des BFH in BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427 und des Finanzgericht Düsseldorf vom 28.10.20109 sind nicht einschlägig.
Der Einwand der KG, die Frage der Unternehmer- und Unternehmensidentität sei nicht aus der Sicht der AG, sondern allein aus der Sicht der KG zu beurteilen („Vorrang des Personengesellschaftskonzepts“), zielt darauf, den Umstand, dass die AG weiterhin existierte und Inhaberin eines stehenden Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 GewStG war, zu negieren. Dies ist indessen nicht möglich10.
Ob ausnahmsweise ein Verlustübergang in Betracht kommt, wenn ein Gewerbebetrieb im Ganzen im Wege der Ausgliederung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeht und die Kapitalgesellschaft sich fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt, braucht der Bundesfinanzhof nicht zu entscheiden. Für eine derartige Konstellation wird die Auffassung vertreten, dass ein Verlustvortrag auf die übernehmende Personengesellschaft übergeht11. Im Streitfall ging jedoch nicht der Betrieb der AG im Ganzen auf die KG über, vielmehr verblieben neben dem Kommanditanteil und der Beteiligung an der Komplementär-GmbH auch die drei Beteiligungen an den Tochter-Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen der AG. Der Ausnahmefall, für den die genannten Autoren einen Verlustübergang befürworten, liegt somit nicht vor.
Der Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur Anfügung des § 10a Satz 10 Halbsatz 2 GewStG durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12 200812 führt zu keinem anderen Ergebnis.
Nach den Intentionen des Gesetzgebers13 sollte Gestaltungen entgegengewirkt werden, mit denen die Folgen eines Gesellschafterwechsels bei einer Kapitalgesellschaft für einen bei der Gesellschaft vorhandenen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag vermieden werden sollten14. Nach früherer Verwaltungsansicht war, wie oben ausgeführt, der Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich. Von diesem Verständnis ging auch der Gesetzgeber aus, als er an § 10a Satz 10 GewStG einen Halbsatz anfügte. Unter Hinweis darauf und auf Abschn. 68 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Abs. 2 GewStR 1998 wurde in der steuerrechtlichen Literatur die Meinung vertreten, dass der Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich sein müsse15. Im Gesetzeswortlaut hat sich dieses Rechtsverständnis allerdings nicht niedergeschlagen. Die Vorschrift des § 10a Abs. 10 Halbsatz 2 GewStG hat keine konstitutive Wirkung dergestalt, dass sie den Übergang eines gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich macht, der nach allgemeinen Grundsätzen nicht möglich ist. Die Gesetzesbegründung beruhte auf der damals vorherrschenden, allerdings unzutreffenden Rechtsansicht.
Über die Klage gegen die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO hat das Finanzgericht -aus seiner Sicht folgerichtig- nicht entschieden, da es dem Hauptantrag stattgegeben hat. Es muss sich nunmehr, nachdem die Klage im Hauptantrag abgewiesen wird, mit dem Hilfsantrag befassen. Zu diesem Zweck wird die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Januar 2019 – III R 35/17
- BFH, Urteile vom 28.04.1977 – IV R 165/76, BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666; vom 12.01.1983 – IV R 177/80, BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425; vom 11.10.2012 – IV R 38/09, BFHE 240, 90, BStBl II 2013, 958; vom 07.09.2016 – IV R 31/13, BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482; und vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138; Güroff in Glanegger/Güroff, 9. Aufl., § 10a Rz 10 ff.; Blümich/Drüen, § 10a GewStG Rz 45 ff.[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666[↩]
- BFH, Urteil vom 23.02.2017 – III R 35/14, BFHE 257, 20, BStBl II 2017, 757[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 34[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310; BFH, Beschluss vom 26.02.2014 – I R 59/12, BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016, Rz 35, und BFH, Urteil in BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 31[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 24.04.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, BStBl II 2017, 233[↩]
- Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 8. Aufl., § 18 UmwStG Rz 7[↩]
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.2017 – 3703/14[↩]
- FG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2010 – 11 K 3637/09 F, EFG 2011, 477[↩]
- i.E. ebenso Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 24 Rz 127; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 24 UmwStG Rz 262, 263; Jäschke in Lademann, EStG, § 24 UmwStG Rz 54; a.A. Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz 2185; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 10a Rz 41, 66; Suchanek/Hesse in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 10a Rz 91; Suchanek, FR 2012, 296; Ley, Kölner Steuerdialog 2013, 18466[↩]
- Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 24 UmwStG Rz 212; Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz 253[↩]
- BGBl I 2008, 2794[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/11108, S. 30[↩]
- vgl. Behrendt/Arjes/Nogens, Betriebs-Berater 2008, 367[↩]
- Beinert/Benecke, Die Unternehmensbesteuerung -Ubg- 2009, 169, 172; Patt, Der Ertragsteuerberater 2010, 146; Schober, Anm. zu EFG 2017, 1604; Schöneborn, Neue Wirtschaftsbriefe 2011, 366, 367; Weber, Ubg 2010, 201, 204[↩]