Die Annahme einer vGA kann nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Festlegung der überhöhten Geschäftsführervergütungen bei der Tochter-GmbH einer KG der Zustimmung eines gesellschaftsvertraglich errichteten und jederzeit auflösbaren Beirats bedarf.

Die unangemessenen Teile der von der Tochter-GmbH an die Kommanditisten gezahlten Geschäftsführervergütungen stellen als vGA der GmbH Betriebseinnahmen der Kommanditgesellschaft dar, die deren Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhöhen (§ 15 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 3 EStG).
Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat.
Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt. Eine gesellschaftliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte1.
Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person, wozu insbesondere Angehörige i.S. des § 15 AO gehören, aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das „Nahestehen“ in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Dies gilt sowohl für die vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG2 als auch für die vGA i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG3. Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Falle spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahestehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte4.
Diese Voraussetzungen können auch Leistungen erfüllen, die eine Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter ihres eigenen Gesellschafters (mittelbarer Gesellschafter) erbringt5.
Auch dem Einwand, die überhöhten Geschäftsführergehälter seien der Komplementär-GmbH zuzurechnen, ist nicht zu folgen, weil diese nicht Gesellschafterin der Tochter-GmbH war. Alleingesellschafterin der Tochter-GmbH war vielmehr die Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG).
Auch die Errichtung eines Beirats bei der Tochtr-GmbH steht der Annahme einer vGA nicht entgegen.
Für die vorliegend durch die Gesellschafterversammlung beschlossene Vergütungserhöhung ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass eine Beteiligung des Beirats entgegen den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrag nicht ersichtlich ist. Auch ein Beschluss des Beirats, der gemäß den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages schriftlich niederzulegen und aufzubewahren ist, wurde nicht festgestellt. Danach lagen die beschlossenen Vergütungserhöhungen allein im beherrschenden Einflussbereich der Gruppe der Kommanditisten und der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.
Auch die vorliegend durch den Beirat beschlossene Vergütungserhöhung unterlag dem beherrschenden Einfluss der Gruppe der Kommanditisten auf die Tochtergesellschaft. Die Gruppe der Kommanditisten war in der Lage, die Vergütungserhöhung abzuändern oder aufzuheben. Der statuarisch errichtete Beirat stellte kein hinreichendes Gegengewicht zu den die Tochtergesellschaft gemeinsam beherrschenden Familienstämmen A, G und K dar. Er kann nicht mit dem Aufsichtsrat einer AG, der gemäß § 112 AktG eine AG bei Rechtsgeschäften mit ihren Vorstandsmitgliedern vertritt und dadurch die Wahrung der Interessen der AG eher als bei Verträgen zwischen einer GmbH und ihren beherrschenden Gesellschaftern gewährleistet, gleichgesetzt werden. Denn auch mit einem Beirat weist eine GmbH im Vergleich zu einer AG mit Aufsichtsrat wesentliche Strukturverschiedenheiten im Hinblick auf die Regelung der Rechtsbeziehungen der Organe auf. Anders als beim Aufsichtsrat einer AG beruht die Bildung oder Abschaffung eines Beirats lediglich auf der Entscheidung der Gesellschafter der GmbH. Die Gestaltungsfreiheit im GmbH-Recht ermöglicht die Errichtung von Beiräten als fakultative Gremien. Die Gesellschafterversammlung der GmbH kann eine Regelung zum Beirat durch Satzungsbestimmung jederzeit einführen, abändern und aufheben. Sie kann die Mitglieder des Beirats ohne Einhaltung von Fristen abberufen und den Beirat auflösen. Da nach § 6 Abs. 12 des Gesellschaftsvertrages § 52 Abs. 1 GmbHG nicht anwendbar ist, haften darüber hinaus die Mitglieder des Beirats -anders als die Mitglieder des Aufsichtsrats einer AG- nicht entsprechend §§ 116, 93 AktG gegenüber der Tochtergesellschaft. Die Besetzung des Beirats der Tochtergesellschaft mit familien- und gesellschaftsfremden Personen verhindert im Streitfall nicht, dass die vertragliche Vergütungsgestaltung zwischen der Tochtergesellschaft und ihren Geschäftsführern, die den Kommanditisten der Kommanditgesellschaft nahestehen, einseitig an den Interessen der beherrschenden Gruppe der Kommanditisten und nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet ist. Auf die von der Kommanditgesellschaft hervorgehobene Frage, wie bei einem mit den Rechten eines Aufsichtsrats ausgestatteten Beirat zu entscheiden ist, kommt es hier nicht an.
Auch aus dem Umstand, dass in dem Bericht über die Außenprüfung für die Vorjahre bei der Tochtergesellschaft keine Feststellungen zu vGA enthalten sind, obwohl zum Teil noch höhere Gehälter gezahlt worden seien, ist keine dem Ansatz von vGA entgegenstehende Bindung des Finanzamt für die Streitjahre zu entnehmen. Denn nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung (§ 25 Abs. 1 EStG) hat das Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen6. Dieser Grundsatz schließt daher die Bildung eines Vertrauenstatbestands aus, der über die im Steuerbescheid für ein Veranlagungsjahr zugrunde gelegte Entscheidung hinausgeht7. Somit konnte eine Bindung des Finanzamt für die Streitjahre an eine etwaige Auffassung der Außenprüfung für die Vorjahre nicht entstehen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – IV R 7/13
- BFH, Urteil vom 09.12 2009 – X R 52/06, BFH/NV 2010, 1246, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 18.12 1996 – I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, unter II.A.01.b der Gründe[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 25.05.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 22.02.2005 – VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266[↩]
- BFH, Urteil vom 19.06.2007 – VIII R 34/06, BFH/NV 2007, 2291[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 22.02.1989 – I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631; vom 23.10.1985 – I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195; Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG und EStG, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz 30[↩]
- BFH, Urteil vom 21.08.2012 – VIII R 11/11, BFHE 239, 195, BStBl II 2013, 117, Rz 42[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 28.06.1993 – 1 BvR 1346/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 544; BFH, Urteil vom 14.10.2009 – X R 37/07, BFH/NV 2010, 406[↩]