Das Ferienhaus als Schenkung vom Ehepartner

Ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude, in dem sich nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, ist kein steuerbegünstigtes Familienwohnheim im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG. Nicht begünstigt sind deshalb Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen.

Das Ferienhaus als Schenkung vom Ehepartner

In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall schenkte der Kläger im Jahr 2008 seiner Ehefrau ein Haus auf Sylt, das die Familie als Zweitwohnung und zu Ferienaufenthalten nutzte. Der Lebensmittelpunkt der Eheleute befand sich nicht in dem übertragenen Haus, sondern am Hauptwohnsitz der Eheleute. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienwohnheime zu berücksichtigen. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun letztinstanzlich die Auffassung des Finanzamts:

Die Zuwendung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses zwischen Ehegatten unterliegt jedenfalls dann der Schenkungsteuer, wenn sich dort zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung nicht der Lebensmittelpunkt der Eheleute befindet. Die nach ihrem Wortlaut sehr weitreichende Steuerbefreiung für Familienwohnheime ist einschränkend auszulegen. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und aus verfassungsrechtlichen Gründen. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, den gemeinsamen familiären Lebensraum der Eheleute zu schützen. Für eine weitergehende Steuerbefreiung, die die Zuwendung aller von den Eheleuten selbst genutzten Häuser und Eigentumswohnungen, also auch von Zweit- und Ferienwohnungen erfasst, fehlt eine sachliche Rechtfertigung.

Für die Zuwendung des mit dem Ferienhaus bebauten Grundstücks ist eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG zu versagen.

Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus oder einer im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung (Familienwohnheim) verschafft, bleiben nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG steuerfrei. Die Steuerbefreiung bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur auf das Haus verstanden als Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil es nach § 94 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist1.

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Ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude, in dem sich nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet, ist kein steuerbegünstigtes Familienwohnheim i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG. Nicht begünstigt sind deshalb Zweit- oder Ferienwohnungen.

Das Familienwohnheim wird in § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG als ein im Inland belegenes, zu eigenen Wohnzwecken genutztes Haus oder als eine im Inland belegene, zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung definiert. Nach dem Wortlaut enthält § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG eine weitreichende Steuerbefreiung für die Zuwendung von selbstgenutztem Wohneigentum zwischen Eheleuten. Die Steuerbefreiung ist nicht auf die Zuwendung nur eines Familienwohnheims begrenzt; soweit die Voraussetzungen am jeweiligen Übertragungsstichtag vorliegen, kann die Steuerbefreiung zeitlich nacheinander für mehrere Objekte in Anspruch genommen werden. Die Freistellung von der Steuer wird auch unabhängig vom Wert des zugewendeten Familienwohnheims gewährt. Eine Anrechnung der steuerfreien Zuwendung auf den persönlichen Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder den Versorgungsfreibetrag des § 17 Abs. 1 ErbStG erfolgt nicht. So bleibt insbesondere der persönliche Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für andere Zuwendungen erhalten.

Der BFH hat erhebliche Zweifel, ob diese weitreichende Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG verfassungsgemäß ist. Denn sie führt bei Eheleuten zu einer Begünstigung von Immobilienvermögen, für die ein hinreichender sachlicher Grund fehlt2. Die Begünstigung kann insbesondere nicht mit einem Anspruch auf steuerliche Freistellung des Gebrauchsvermögens der Familie3 gerechtfertigt werden. Denn diese Freistellung erfolgt in typisierender Weise bereits durch die Freibeträge des § 16 ErbStG4.

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Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG kommt jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7. November 20065 trotz der festgestellten Verfassungsverstöße die Weitergeltung des ErbStG bis zu einer Neuregelung angeordnet hat und die Neuregelung durch das ErbStRG mit Wirkung ab 1. Januar 2009 erfolgt ist.

§ 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG ist aber nach seinem Sinn und Zweck sowie zur Einschränkung der bestehenden Überbegünstigung dahin auszulegen, dass jedenfalls solche zu eigenen Wohnzwecken genutzten Häuser oder Eigentumswohnungen nicht begünstigt werden, in denen sich am maßgeblichen Übertragungsstichtag (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet (vgl. R 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStR 2003). Zumindest Zweit- und Ferienwohnungen sind deshalb nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG begünstigt.

Für diese Auslegung spricht die Entstehungsgeschichte der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Nach der Gesetzesbegründung6 sollten im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur schenkungsteuerrechtlichen Behandlung von ehebedingten Zuwendungen7 solche Zuwendungen unter Ehegatten von der Schenkungsteuer freigestellt werden, die den engeren Kern der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft berühren. Die Steuerbefreiung sollte deshalb Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Familienwohnheims oder der Regelung der Eigentumsverhältnisse an einem Familienwohnheim erfassen, weil Ehegatten durch die gemeinsame partnerschaftliche Einwirkung auf das Familienwohnheim in besonderem Maße die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft verwirklichten.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte mit der Steuerbefreiung für die Zuwendung eines Familienwohnheims der engere Kernbereich der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft privilegiert werden. Zu diesem Kernbereich gehört das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Haus, in dem durch das familiäre Zusammenleben der Lebensmittelpunkt der Familie begründet wird. Demgegenüber ist eine Zweitwohnung oder eine Ferienwohnung nicht mehr dem „engeren“ Kernbereich der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zuzuordnen.

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Diese Vorstellung liegt auch der Neufassung des ErbStG durch das ErbStRG zugrunde. Durch das ErbStRG wurde die Steuerbefreiung für Familienheime auf Erwerbe von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten erstreckt, wobei hierfür u.a. Voraussetzung ist, dass die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG n.F.). Dazu wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken sei auch noch gegeben, wenn der überlebende Ehegatte mehrere Wohnsitze habe, das Familienheim aber seinen Lebensmittelpunkt bilde8.

Die Einschränkung der Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG auf Familienwohnheime, in denen sich der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Eine Steuerbefreiung, die die Zuwendungen aller zum Zeitpunkt der Übertragung zu eigenen Wohnzwecken genutzten Häuser und Eigentumswohnungen zwischen Eheleuten erfasst, wäre nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

Art. 3 Abs. 1 GG verbietet einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird9.

Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber zwar einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstands. Die Freiheit des Gesetzgebers im Steuerrecht –auch im Erbschaftsteuerrecht– wird hierbei allerdings durch zwei Leitlinien begrenzt, nämlich durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit10. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Die mit der Wahl des Steuergegenstands einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen. Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes10.

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Das bestehende Erbschaftsteuerrecht sieht zwar im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) auch das Familienprinzip als Grenze für das Maß der Steuerbelastung vor11. Danach ist die familiäre Verbundenheit der nächsten Angehörigen zum Erblasser (oder Schenker) erbschaftsteuerrechtlich zu berücksichtigen12. Dies erfolgt aber regelmäßig durch die Gewährung von Freibeträgen nach § 16 ErbStG.

Die verfassungsrechtlichen Anforderungen sind auch dann zu beachten, wenn steuerrechtliche Vorschriften im Einzelfall ausgelegt und angewendet werden13.

Nach diesen Grundsätzen ist § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG einschränkend dahin auszulegen, dass die Zuwendung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnhauses zwischen Ehegatten jedenfalls dann nicht steuerfrei ist, wenn sich dort nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, den gemeinsamen familiären Lebensraum der Eheleute zu schützen. Für eine weitergehende Steuerbefreiung, die die Zuwendung aller von den Eheleuten selbst genutzten Häuser und Eigentumswohnungen, also auch von Zweit- oder Ferienwohnungen erfasst, fehlt eine sachliche Rechtfertigung. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen allein eine tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken der Eheleute ausreichen sollte, um ein Haus oder eine Eigentumswohnung, in denen sich nicht der Lebensmittelpunkt der Eheleute befindet, steuerfrei von einem Ehegatten auf den anderen Ehegatten zu übertragen, während bei der Übertragung vergleichbarer Objekte zwischen anderen Personen als Ehegatten und bei der Übertragung anderer Vermögensgegenstände als selbst genutzten Häusern und Eigentumswohnungen die Steuerbefreiung nicht greift. Der grundgesetzlich gebotene Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) schließt es nicht aus, Vermögensübertragungen zwischen Ehegatten zu besteuern.

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In der Literatur und in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird ebenfalls weitaus überwiegend die Auffassung vertreten, dass eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nur in Betracht kommt, wenn sich in dem Haus oder der Eigentumswohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet, und dass damit eine Steuerbefreiung für Ferien- oder Wochenendhäuser ausscheidet14.

Danach ist im Streitfall die Steuerbefreiung zu Recht versagt worden. Der Kläger hat zwar seiner Ehefrau eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Doppelhaushälfte freigebig zugewendet. Dort befand sich aber zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung nicht der familiäre Lebensmittelpunkt der Eheleute. Dieser befand sich vielmehr in der Wohnung in E. Unmaßgeblich ist, ob die zugewendete Doppelhaushälfte nur zu Ferien- und Wochenendaufenthalten genutzt wurde oder ob es sich wegen der beruflichen Tätigkeiten der Eheleute um eine Zweitwohnung handelte.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Juli 2013 – II R 35/11

  1. vgl. BFH, Urteil vom 26.02.2009 – II R 69/06, BFHE 224, 151, BStBl II 2009, 480[]
  2. vgl. Birk, Steuerrecht, 15. Aufl., § 8 C – II 1 Rz 1601, zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a bis 4c ErbStG in der ab 2009 geltenden Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes –ErbStRG– vom 24.12.2008, BGBl I 2008, 3018[]
  3. vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.I.2.b aa[]
  4. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671[]
  5. BVerfG, Beschluss vom 07.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192[]
  6. vgl. BT-Drs. 13/901, S. 157[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 02.03.1994 – II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366[]
  8. BT-Drs. 16/11107, S. 8[]
  9. vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 u.a., BVerfGE 126, 400, und BFH, Beschluss vom 27.09.2012 – II R 9/11, BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899, jeweils m.w.N.[]
  10. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 126, 400, und BFH, Beschluss in BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899[][]
  11. vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, und in BVerfGE 126, 400[]
  12. vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.1997 – 1 BvR 1644/94, BVerfGE 97, 1[]
  13. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 97, 1, unter B.I.1.b[]
  14. vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz 61; Geck in Kapp/Ebeling, § 13 ErbStG, Rz 38.4; Kobor in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 13 Rz 30; Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 13 ErbStG Rz 39; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 13 Rz 20; Kein-Hümbert in Moench/Weinmann, § 13 ErbStG Rz 27; Slabon, ErbBstg 2004, 248; Hardt, ZEV 2004, 408; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.1999 – 4 K 2180/98, EFG 1999, 619; zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG n.F.: Brüggemann, ErbBstg 2010, 210; Eisele, Steuer und Studium 2010, 579; Stöckel, NWB 2010, 216; Esskandari/Bick, Der Erbschaft-Steuer-Berater 2011, 246; Hutmacher, ZNotP 2013, 46; a.A. Handzik, DStZ 1999, 416; Schumann, ZEV 2012, 224[]
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