In Rechtsstreitigkeiten über Aussetzung der Vollziehung beträgt der Streitwert regelmäßig 10% des Betrags, für den Aussetzung der Vollziehung beantragt wird [1].

Der auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte vereinzelt anzutreffenden Ansicht, der Streitwert im finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahren sei in Anlehnung an die Praxis der Verwaltungsgerichte mit 25% des auszusetzenden Betrags zu bemessen [2], hat sich der Bundesfinanzhof nicht angeschlossen [3].
Insbesondere kann es für die Bemessung des Streitwerts nicht darauf ankommen, ob das Aussetzungsverfahren zu einer endgültigen Befriedung des Rechtsstreits geführt hat oder nicht (vgl. § 40 GKG, wonach für die Wertberechnung die den Rechtszug einleitende Antragstellung und kein später eintretender Umstand maßgeblich ist).
Das von der Gegenauffassung vorgebrachte Argument, dass sich das Interesse des Steuerpflichtigen nicht auf die Wiederherstellung des außer Kraft gesetzten Suspensiveffekts des Rechtsbehelfs beschränke, sondern das zum Teil erhebliche Interesse der Antragsteller an einer schnellen Klärung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren streitwerterhöhend zu berücksichtigen sei, erklärt nicht schlüssig und nachvollziehbar, weshalb das Interesse des Antragstellers an der Aussetzungsentscheidung 10% des streitigen Steuerbetrages übersteigen und 25% betragen soll. Dieser Wert wurde vielmehr aus dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit übernommen. Dieser wiederum beruht auf einer gewachsenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und hat keine höhere Richtigkeitsgewähr als die in gleicher Weise entwickelte – davon abweichende – Rechtsprechung des Bundesfinanzhof. Aus der Regelung in Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 [4], wonach der Streitwert in der Regel ½, in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO und bei sonstigen auf bezifferte Geldleistungen gerichteten Verwaltungsakten ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes betrage, ergibt sich unmittelbar, dass es sich um „gegriffene“ Schätzungen handelt. Nichts anderes mag für die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gelten, die aufgrund der in der Natur der Schätzung beruhenden Umstände auch nicht auf einer mathematisch schlüssig nachvollziehbaren Formel beruht. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Unsicherheiten liegt es in der Natur jeder Schätzung, dass es einen Schätzungsrahmen gibt, innerhalb dessen jedes Ergebnis vertretbar ist. Eine Schätzung erweist sich erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Es mag sein, dass der BFH sich im Gegensatz zum BVerwG an der unteren Grenze des für den Streitfall maßgeblichen Schätzungsrahmens orientiert. Da sich die Rechtsprechung des BFH in der Praxis bewährt und in Rechtsprechung und Literatur überwiegend Anerkennung gefunden hat, besteht nach der Überzeugung des Berichterstatters keine Veranlassung, von ihr abzuweichen. Denn die Gegenmeinung beruft sich nicht auf erweisbare Tatsachen und Erfahrungssätze, die geeignet sind, zu dem Schluss zu gelangen, dass ein anderes als das vom Bundesfinanzhof geschätzte Ergebnis wahrscheinlicher sei [5].
Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2011 – 2 V 441/11
- BFH, Beschlüsse vom 26.04.2001 – V S 24/00, BStBl II 2001, 498; und vom 04.05.2011 – VII S 60/10, BFH/NV 2011, 1721[↩]
- vgl. zuletzt mit ausführlicher Begründung FG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011 – 11 V 1531/11 A(E,L,G,U,H(L) [↩]
- zuletzt BFH, Beschlüsse vom 04.05.2011 – VII S 60/10, BFH/NV 2011, 1721; und vom 14.06.2009 – VI S 10/09[↩]
- abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, Anhang zu § 164 RdNr. 14; NVwZ 2004, 1327[↩]
- vgl. Holatz, EFG 2008, 489 – 490[↩]