Die in Japan ansässige und bei einer inländischen Fluggesellschaft angestellte Stewardess

Die Vorschriften des Abkommensrechts zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gehen § 34c Abs. 1 EStG vor.

Die in Japan ansässige und bei einer inländischen Fluggesellschaft angestellte Stewardess

Gem. Art. 23 DBA-Japan ist Deutschland nur dann nach dem Doppelbesteuerungsabkommen verpflichtet, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn der Steuerpflichtige in Deutschland ansässig ist. Die Ansässigkeit bestimmt sich gem. Art. 4 DBA-Japan. Hat der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in Deutschland, ist er in Deutschland nicht ansässig, so dass die Verpflichtung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht Deutschland sondern Japan trifft (Art. 23 Abs. 2 DBA-Japan). Ein Antrag gem. § 1 Abs. 3 EStG begründet keine Ansässigkeit.

Die Voraussetzungen für § 34c Abs. 1 EStG liegen nicht vor, wenn es sich um Einkünfte gem. Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan handelt und der Sitz des Luftfahrtunternehmens sich in Deutschland befindet, denn es liegen dann keine ausländischen Einkünfte vor.

§ 34c EStG ist auch dann anwendbar, wenn das betreffende Doppelbesteuerungsabkommen die Doppelbesteuerung nicht beseitigt, hat also insofern eine Auffangfunktion. § 34c EStG ist demnach grundsätzlich so zu verstehen, dass die Anrechnung nur soweit zur Anwendung kommen soll, als sie sich mit dem Abkommensmechanismus vereinbaren lässt.

§ 34c Abs. 3 EStG findet gemäß § 34c Abs. 6 Satz 6 EStG dann keine Anwendung, wenn nach dem DBA-Japan sowohl Deutschland (Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan) als auch Japan (Art. 4 DBA-Japan wegen der Ansässigkeit) berechtigt sind, die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu besteuern.

Es ist nicht notwendig, die Voraussetzungen des § 34c Abs. 6 Satz 6 EStG zu Gunsten des Steuerpflichtigen dahingehend auszulegen, dass durch diese Regelung erreicht wird, alle Fälle der Doppelbesteuerung zu vermeiden. Denn grundsätzlich ist der Ansässigkeitsstaat verpflichtet, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (vgl. Art. 23 DBA-Japan).

In dem hier vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Rechtsstreit galt die Klägerin im Streitjahr als unbeschränkt steuerpflichtig; sie hat gemäß § 1 Abs. 3 EStG die unbeschränkte Steuerpflicht beantragt. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG liegen unstreitig vor, da die Klägerin neben ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit lediglich noch geringe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Objekts in Japan erzielte. Sie unterlag infolgedessen mit allen im Streitjahr erzielten Einkünften der Einkommensteuer.

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Ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die sie bei A erzielte, unterliegen gemäß Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan dem Besteuerungsrecht Deutschlands.

Gemäß Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan können ungeachtet der Absätze 1 und 2 Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges ausgeführt werden, das ein Unternehmen eines Vertragsstaates im internationalen Verkehr betreibt, in diesem Vertragsstaat besteuert werden.

Die Klägerin erhielt ihre Vergütung für ihre unselbständige Arbeit, die sie an Bord von Luftfahrzeugen ausführte. Ihre Vergütung wurde ihr von der A ausgezahlt. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen, welches im internationalen Luftverkehr tätig ist und seinen Sitz in C, Deutschland hat.

Der Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin in Japan gezahlte Steuer nicht angerechnet. Denn die Verpflichtung für eine Anrechnung der Steuer in Deutschland ergibt sich weder aus einer Regelung im DBA-Japan, noch liegen die Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 EStG vor.

Es besteht keine sich aus dem DBA-Japan ergebende Verpflichtung zur Anrechnung der in Japan gezahlten Steuern.

Die Vorschriften des Abkommensrechts zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gehen § 34c Abs.1 EStG vor1.

Denn § 34c Abs. 1 EStG ist -im Grundsatz- nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Die Doppelbesteuerungsabkommen gehen insoweit als spezialgesetzliche Regelungen dem § 34c EStG Abs. 1 EStG vor2.

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Aus dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Japan ergibt sich jedoch keine Verpflichtung für Deutschland, die in Japan gezahlte Steuer anzurechnen. Denn gemäß Art. 23 DBA-Japan wäre Deutschland nur dann verpflichtet, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn die Klägerin in Deutschland ansässig wäre. Die Ansässigkeit bestimmt sich gemäß Art. 4 DBA-Japan. Da die Klägerin jedoch unstreitig weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist sie hier auch nicht ansässig, so dass die Verpflichtung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht Deutschland sondern Japan trifft (Art. 23 Abs. 2 DBA-Japan). Japan ist dieser Verpflichtung auch, zumindest zum Teil, nachgekommen, wie sich aus den vorgelegten japanischen Steuerbescheiden ergibt. Zwar wurde die in Deutschland gezahlte Steuer nicht in vollem Umfang angerechnet. Es ist jedoch der Klägerin unbenommen, hiergegen Rechtsmittel in Japan einzulegen oder aber ein Verständigungsverfahren zu beantragen. Ein solches Verständigungsverfahren ist rechtlich selbständig und tritt neben das hier streitige Gerichtsverfahren.

Es scheidet aber auch eine Anrechnung der in Japan gezahlten Steuern gemäß § 34c Abs. 1 EStG aus.

Nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen.

Die Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 EStG liegen nicht vor, denn die Zahlungen, die die Klägerin von der A erhielt, stellen keine ausländischen Einkünfte dar. Gemäß § 34d Nr. 5 EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit insbesondere dann ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 bis 5 EStG, wenn sie in einem ausländischen Staat ausgeübt werden.

Die von der A gezahlten Einkünfte erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 34d Nr. 5 EStG, denn die Klägerin übte ihre nichtselbständige Arbeit nicht in Japan aus. Zwar arbeitete sie ausschließlich auf Flügen von und nach Japan, so dass sie auch bei Start- und Landevorgängen in Japan einen Teil ihrer Tätigkeit ausübte. Auch war der Tätigkeitsort nicht ausschließlich und auch nicht überwiegend in Deutschland. Denn die Haupttätigkeit wurde im Luftraum ausgeführt, der keinem Staat zugeordnet ist. Aus diesem Grund wurde in den Doppelbesteuerungsabkommen und so auch im DBA-Japan die Regelung des Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan aufgenommen. Hierdurch erhalten die Einkünfte aus der nichtselbständigen Arbeit, die die Klägerin an Bord von Luftfahrzeugen ausführte, die die in Deutschland ansässige A im internationalen Verkehr betrieb, ihre Qualifizierung als inländische Einkünfte. Denn Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan qualifiziert aus Praktikabilitätserwägungen die gesamte dergestalt ausgeübte Tätigkeit einheitlich als inländische Einkünfte desjenigen Staates, in dem sich der Sitz bzw. der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, welches das Luftfahrzeug im internationalen Verkehr betreibt.

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Die von der Klägerin in Japan gezahlte Steuer konnte auch nicht gemäß § 34c Abs. 3 EStG von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Gemäß § 34c Abs. 3 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach Absatz 1 nicht angerechnet werden kann, weil die Steuer nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen, oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

Die Voraussetzungen von § 34c Abs. 3 EStG liegen vor, denn die Klägerin ist unbeschränkt steuerpflichtig und bei ihr können die in Japan gezahlten Steuern nicht gemäß § 34c Abs. 1 EStG angerechnet werden, weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen.

Die Anwendbarkeit des § 34c Abs. 3 EStG scheitert auch nicht bereits an § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG.

Die Anwendbarkeit von § 34c Abs. 3 EStG ist nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn mit dem betreffenden Staat ein DBA besteht. Sowohl § 34c Abs. 1 als auch § 34c Abs. 3 EStG sind zwar regelmäßig nicht anwendbar, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht (§ 34c Abs. 6 Satz 1 EStG). Als Ausnahme von dieser Regel bestimmt aber § 34c Abs. 6 Satz 6 EStG, dass § 34c Abs. 3 EStG anzuwenden ist, wenn in dem anderen Vertragsstaat nicht aus diesem Staat stammende Einkünfte besteuert werden3. § 34c EStG ist auch dann anwendbar, wenn das betreffende DBA die Doppelbesteuerung nicht beseitigt, hat also insofern eine Auffangfunktion. Diese Vorschrift ist demnach grundsätzlich so zu verstehen, dass die Anrechnung nur soweit zur Anwendung kommen soll, als sie sich mit dem Abkommensmechanismus vereinbaren lässt4.

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Es ist bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, was unter „aus einem ausländischen Staat stammenden“ Einkünften i. S. des § 34c Abs. 6 EStG zu verstehen ist. Der BFH hat diese Frage in mehreren Verfahren offen gelassen5. Insbesondere ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob die Begriffe der „ausländischen Einkünfte“ und der „Einkünfte, die aus einem ausländischen Staat stammen“ inhaltsgleich sind6. Grundsätzlich kommt als wesentlicher Anknüpfungspunkt sowohl der Ort der Tätigkeit als auch der Ort der Ansässigkeit des Arbeitgeberunternehmens in Frage. Da hier jedoch Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan eine spezielle Regelung für Luftfahrzeuge beinhaltet, legt der Senat im Streitfall den Begriff dahingehend aus, dass für diese speziellen Einkünfte, die auf einem Luftfahrzeug erzielt werden, gerade nicht der Ort der Tätigkeit maßgeblich ist, sondern der Ort des Sitzes oder der Geschäftsleitung des Unternehmens, für das der Steuerpflichtige tätig wird. Denn Art. 15 Abs. 3 DBA ist lex specialis gegenüber Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Japan. Letztendlich kann diese Frage aber auch hier offen bleiben, denn die Anwendung von § 34c Abs. 3 EStG scheitert bereits aus einem anderen Grund.

Die japanische Steuer ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit deshalb nicht gemäß § 34c Abs. 3 EStG abzuziehen, weil ein Ausschlusstatbestand i. S. d. § 34c Abs. 6 Satz 6 EStG vorliegt.

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Gemäß § 34c Abs. 6 EStG ist § 34c Abs. 3 EStG anzuwenden, wenn der Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, Einkünfte besteuert, die nicht aus diesem Staat stammen, es sei denn, die Besteuerung hat ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, oder das Abkommen gestattet dem Staat die Besteuerung der Einkünfte.

Mit Japan besteht ein DBA. Auch besteuert Japan, wie bereits oben dargelegt, Einkünfte, die nicht aus Japan stammen. Allerdings wird diese Besteuerung Japan durch das DBA gestattet. Nach Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan können Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges ausgeführt wird, das ein Unternehmen eines Vertragsstaates im internationalen Verkehr betreibt, in diesem Vertragsstaat besteuert werden. Eine Einschränkung, dass sie „nur“ in diesem Staat besteuert werden dürfen, lässt sich dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Japan nicht entnehmen. Diese Vorschrift spricht allein das Besteuerungsrecht des Unternehmensstaats an. Sie ist auch nur hinsichtlich derjenigen Regelungen in Abs. 1 und 2 lex specialis, die das Besteuerungsrecht des Vertragsstaats regeln, der der Unternehmensstaat ist. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wird von Art. 15 Abs. 3 DBA-Japan nicht berührt7. Damit sind nach dem DBA-Japan sowohl Deutschland als auch Japan berechtigt, die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu besteuern.

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§ 34c Abs. 6 Satz 6 EStG erfordert auch nicht eine Auslegung zu Gunsten der Klägerin dahingehend, dass alle Fälle der Doppelbesteuerung zu vermeiden wären. Denn grundsätzlich ist der Ansässigkeitsstaat verpflichtet, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (vgl. Art. 23 DBA-Japan). Dieser Verpflichtung ist Japan auch zu einem Teil nachgekommen, denn es ergibt sich aus den vorliegenden japanischen Steuerbescheiden, dass Japan die in Deutschland gezahlte Steuer auch zum Teil angerechnet hat. Das Begehren der Klägerin würde insoweit eine Doppelanrechnung bzw. -berücksichtigung bewirken.

Sollte die Klägerin darüber hinaus eine Doppelbesteuerung verhindern wollen, stünde es ihr frei, sich gegen die japanischen Steuerbescheide zu wenden oder aber ein Verständigungsverfahren einzuleiten.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 17. Mai 2013 – 6 K 73/12

  1. BFH, Beschluss vom 19.04.1999 – I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 15.03.1995 – I R 98/94, BFHE 177, 269, BStBl II 1995, 580 m. w. N.; BFH, Beschluss vom 19.04.1999 – I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317; Gesetzesbegründung BT-Drs. 8/3648[]
  3. BFH, Urteil vom 17.11.2010 – I R 76/09, BStBl II 2012, 276[]
  4. Kirchhoff/Söhn-Prokisch § 34c EStG Rn. C 4[]
  5. BFH, Beschluss vom 19.04.1999 – I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317; BFH, Urteil vom 17.11.2010 – I R 76/09, BStBl II 2012, 276; BFH, Urteil vom 02.03.2010 – I R 75/08, BFH/NV 2010, 1820[]
  6. so z. B. FG Baden-Württemberg vom 19.03.1997 – 3 K 171/92[]
  7. vgl. zum inhaltsgleichen DBA Schweiz BFH, Urteil vom 10.01.2012 – I R 36/11, BFH/NV 2012, 1138; HFR 2012, 823[]