Die Garantie des Art. 103 Abs. 1 GG umfasst auch das Recht des Betroffenen auf Information über entscheidungsrelevante Tatsachen1. Der Gewährleistung dieses Rechts dient im Verfahren gemäß § 349 Abs. 2 StPO auch die durch § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO zwingend vorgesehene Übermittlung der mit Gründen versehenen Antragsschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht2; und vom 12.11.2013 – 3 StR 135/13, StraFo 2014, 121)).

Bei einem verteidigten Angeklagten erfolgt die Mitteilung gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO nach allgemeiner Auffassung im Hinblick auf § 145a Abs. 1 StPO allein gegenüber dem Verteidiger3, bei mehreren Verteidigern gegenüber demjenigen, der sich bisher im Revisionsverfahren beteiligt hat4.
Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, verlangt § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO eine Mitteilung auch gegenüber dem Verteidiger nicht, dessen Vollmacht zwar bereits zu den Akten gelangt war, der sich aber nicht am Revisionsverfahren beteiligt hat5.
Diesem in Art. 103 Abs. 1 GG enthaltenen Informationsanspruch ist im hier entschiedenen Fall jedoch genügt worden: Die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ist dem im Revisionsverfahren bis dahin aufgetretenen Verteidiger, Rechtsanwalt G., der die Revision eingelegt und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat, zugestellt worden.
Da hier bereits die Mitteilung gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO gegenüber dem bis dahin sich im Revisionsverfahren ausschließlich beteiligenden Rechtsanwalt G. erfolgt war, bedurfte es keiner weiteren Mittteilung ge- genüber den neu in das Revisionsverfahren eintretenden Verteidigern.
Sie war hier auch von Verfassungs wegen im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG nicht geboten. Dem Verurteilten wie seinen neu mandatierten Verteidigern war die Einlegung und Begründung der Revision durch Rechtsanwalt G. bekannt. Der genannte „Revisionsergänzungsschriftsatz“ nimmt ausdrücklich darauf Bezug und soll auch ausweislich seines Inhalts, im Übrigen die bereits begründete Revision ergänzende, rechtliche Ausführungen enthalten. Die Beendigung des Mandatsverhältnisses zu Rechtsanwalt G. ist gegenüber dem Landge- richt München – I erstmals nach der dem Gesetz entsprechenden Zustellung der Antragsschrift an den bisherigen Verteidiger angezeigt worden. Es war daher Aufgabe des Verurteilten und seiner Verteidigung nach dem Verteidigerwechsel dafür Sorge zu tragen, dass der Inhalt des dem bisherigen Verteidiger wirksam bekannt gemachten Antrags auf Verwerfung gemäß § 349 Abs. 2 StPO dem Verurteilten und seiner neuen Verteidigung zur Kenntnis gelangt. Angesichts der durch das Gesetz in § 349 Abs. 3 StPO geregelten Abläufe des einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO vorausgehenden Verfahrens bestand auch Anlass, nach dem Wechsel der Verteidigung den Stand des Revisionsverfahrens bei dem bislang mandatierten Verteidiger in Erfahrung zu bringen. Insoweit gilt nichts anderes als bei unzureichenden Vorkehrungen des Revisionsführers dafür, dass ihn Mitteilungen der Justizbehörden überhaupt erreichen6.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 03.11.19927 steht nicht entgegen. In dem dort zugrundeliegenden Revisionsverfahren war auch einem zweiten Verteidiger die Antragsschrift mitgeteilt worden. Da der Bundesgerichtshof die Revision des Angeklagten verworfen hatte, bevor die Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO nach Zustellung an den zweiten Verteidiger verstrichen war, hat er eine mögliche Gehörsverletzung angenommen und eine Anhörung des Beschwerdeführers nachgeholt8. Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben, weil sich zum Zeitpunkt der Mitteilung lediglich Rechtsanwalt G. als Verteidiger des Verurteilten am Revisionsverfahren beteiligt hatte.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. November 2015 – 1 StR 386/15
- vgl. BVerfGE 89, 28, 35; Radtke in Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 103 Rn. 8[↩]
- siehe BVerfG, Beschluss vom 20.06.2007 – 2 BvR 746/07, in StraFo 2007, 370 teilweise abgedruckt; BGH, Beschlüsse vom 03.09.2013 – 1 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 385 ((nur LS[↩]
- siehe nur Wohlers in SK-StPO, 4. Aufl., Band VII, § 349 Rn. 29 mwN[↩]
- Wohlers aaO; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 349 Rn. 15; Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 349 Rn.19; Nagel in Radtke/Hohmann, StPO, § 349 Rn. 22[↩]
- BGH, Beschluss vom 12.01.1988 – 5 StR 547/87, NStE Nr. 5 zu § 349 StPO[↩]
- vgl. dazu LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 349 Rn.19[↩]
- BGH, Beschluss vom 03.11.1992 – 4 StR 472/92[↩]
- BGH aaO[↩]