Wer sein Opfer mit Nötigungsmitteln zu einer Geldzahlung bewegt, auf die zum Teil ein Anspruch besteht, begeht neben der Erpressung eine tateinheitliche Nötigung.
Eine räuberische Erpressung liegt insoweit vor, als die Angeklagten in der Bar unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben den Teilbetrag von 800 € beziehungsweise als Pfand (auch) hierfür das Handy des Nebenklägers verlangten. Denn auf diesen Teil ihrer Forderung hatten sie keinen Anspruch. Der Tatbestand war vollendet, als der Nebenkläger ihnen sein Mobiltelefon übergab; denn ein Pfandgegenstand für eine nicht bestehende Forderung ist im Verhältnis zum Ursprungsgegenstand ein stoffgleicher Vermögensvorteil1.
Die spätere Zahlung durch die Mutter (Erpressung durch sog. Dreiecksnötigung)2 bildet hiermit eine rechtliche Bewertungseinheit und war deshalb Teil derselben Tat. Sie geht auf denselben Angriff auf die Willensentschließung des Nebenklägers und seiner Mutter zurück, der durchweg auf dieselbe Leistung gerichtet war.
Dass die Angeklagten mangels sofortiger Realisierbarkeit der Geldforderung vorläufig auf den Pfandgegenstand auswichen und diesen herausverlangten, steht dem nicht entgegen3.
Keine räuberische Erpressung, sondern eine Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und 2 StGB ist gegeben, soweit die Angeklagten (im hier entschiedenen Fall) die tatsächlich geschuldeten 1.700 € beziehungsweise die Herausgabe des Mobiltelefons verlangten, das die Forderung (auch) in Höhe dieses Teilbetrags absichern sollte. Denn der Tatbestand der räuberischen Erpressung setzt die Absicht des Täters voraus, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Der Täter muss mithin einen Vermögensvorteil anstreben, auf den er materiellrechtlich keinen Anspruch hat.
Besteht ein solcher Anspruch und ist dieser – wie vorliegend – fällig und einredefrei, so wird der Vermögensvorteil nicht dadurch rechtswidrig, dass er durch rechtswidrige oder unlautere Mittel erlangt oder erstrebt wird. Auch das vom Inhaber einer Geldforderung zu deren Durchsetzung angewandte strafbare Mittel der Nötigung bewirkt nicht, dass der erlangte Vermögensvorteil rechtswidrig wird4. Die Beitreibung einer bestehenden Forderung mit Mitteln der Drohung oder des Zwangs ist deshalb „nur“ verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB; Gläubiger haben sich insoweit staatlicher Hilfe zu bedienen5.
Nichts anderes gilt, wenn ein Gläubiger seinen Schuldner – wie hier – mit Drohmitteln zwingt, zur Sicherung der Forderung ein werthaltiges Pfand herauszugeben. Ein solches Verhalten erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen einer Nötigung.
Die räuberische Erpressung und die Nötigung stehen hier im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB). Zwar ist die Nötigung dem Tatbestand der (räuberischen) Erpressung immanent und deshalb in der Regel nicht zusätzlich auszuurteilen; es besteht grundsätzlich Gesetzeskonkurrenz6. Art und Intensität der angewandten Nötigungsmittel sind regelmäßig lediglich bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Anders liegt es aber, wenn der Nötigung ein eigenständiger Unrechtsgehalt zukommt, etwa wenn sie über die Vollendung der Erpressung hinaus andauert oder der Täter mit ihr einen anderen, von § 253 StGB nicht erfassten Zweck verfolgt7.
Allein durch die Verurteilung wegen räuberischer Erpressung ist der Unrechtsgehalt der Nötigung dann nicht erfasst.
So war es in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall. Denn die Angeklagten zwangen den Nebenkläger und seine Mutter auch zu einem Verhalten, auf das sie einen Anspruch hatten. Sie verfolgten also mit der Drohung ebenso ein von § 253 StGB nicht umfasstes Ziel. Wer sein Opfer – wie die Angeklagten – mit Nötigungsmitteln zu einer Zahlung bewegt, auf die zum Teil ein Anspruch besteht, begeht deshalb neben der Erpressung eine tateinheitliche Nötigung. Dem steht angesichts der Teilbarkeit einer Geldleistung nicht entgegen, dass die Angeklagten hier mit demselben Angriff auf die Willensrichtung des Opfers von diesem ein einziges Verhalten – nämlich zunächst die Übergabe des Pfandgegenstands, letztlich aber die Zahlung einer Gesamtsumme – anstrebten und erlangten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Juni 2025 – 3 StR 561/24
- st. Rspr.; s. BGH, Beschlüsse vom 13.04.2011 – 3 StR 70/11, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 19; vom 05.07.2017 – 2 StR 512/16, NStZ 2017, 642 f.; vom 03.05.2018 – 3 StR 148/18, NStZ 2018, 712, 713; vom 12.11.2024 – 3 StR 301/24, StV 2025, 466 Rn. 14[↩]
- s. etwa LK/Vogel/Burchard, StGB, 13. Aufl., § 253 Rn. 18 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 12.11.2024 – 3 StR 301/24, StV 2025, 466 Rn. 16[↩]
- st. Rspr.; s. BGH, Beschluss vom 14.06.1982 – 4 StR 255/82, NJW 1982, 2265; Urteil vom 17.12.1987 – 4 StR 628/87, NStZ 1988, 216; Beschlüsse vom 26.02.1998 – 4 StR 54/98, NStZ-RR 1998, 235; vom 05.07.2017 – 2 StR 512/16, NStZ 2017, 642, 643; vom 31.10.2023 – 3 StR 282/23, NStZ 2024, 169 Rn. 7 mwN[↩]
- st. Rspr.; s. BGH, Urteil vom 20.03.1953 – 2 StR 60/53, BGHSt 4, 105, 107; Beschluss vom 14.06.1982 – 4 StR 255/82, NJW 1982, 2265, 2266; Urteil vom 15.12.2021 – 6 StR 312/21, NStZ-RR 2022, 47, 48[↩]
- st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 19.10.1999 – 4 StR 467/99, NStZ-RR 2000, 106; vom 12.11.2024 – 3 StR 301/24, StV 2025, 466 Rn.19[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1990 – 4 StR 512/90, BGHSt 37, 256, 259; Beschlüsse vom 19.10.1999 – 4 StR 467/99, NStZ-RR 2000, 106; vom 27.08.2002 – 1 StR 287/02, NStZ-RR 2002, 334; vom 24.02.2005 – 1 StR 33/05, NStZ 2005, 387; LK/Vogel/Burchard, StGB, 13. Aufl., § 253 Rn. 62; MünchKomm-StGB/Sander, 4. Aufl., § 253 Rn. 42; TK-StGB/Bosch, 31. Aufl., § 253 Rn. 30a; zum Verhältnis Nötigung/Vergewaltigung vgl. auch BGH, Beschluss vom 15.02.1996 – 1 StR 32/96, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Konkurrenzen 12; Urteil vom 06.02.2014 – 3 StR 315/13, NStZ-RR 2014, 139[↩]
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