Die Verschaffung passender Bundeswehrstiefel

Hat sich ein Stabsfeldwebel moderne, gebrauchte Einsatzstiefel besorgt, ist es durch den Erhalt und die Nutzung der Stiefel für dienstliche Zwecke zu keinem  Vermögensvorteil gekommen.

Die Verschaffung passender Bundeswehrstiefel

Mit dieser Begründung hat das Bayerische Oberste Landesgericht in dem hier vorliegenden Fall die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen und gleichzeitig die Entscheidung des Landgerichts Kempten (Allgäu) bestätigt, mit dem ein Stabsfeldwebel vom Vorwurf des Diebstahls und Betruges freigesprochen worden ist. Ab dem 12.02.2018 war der angeklagte Stabsfeldwebel der Bundeswehr als Mitglied des 7. deutschen Einsatzkontingents auf einer Auslandsmission in Mali. Im Verlauf seines Aufenthaltes in Mali zeigte sich, dass die ihm zur Verfügung gestellten Einsatzstiefel im Auslandseinsatz Trageprobleme auslösten. Bemühungen des Angeklagten, modernere Einsatzstiefel zu erhalten, blieben erfolglos. Am 22.03.2018 nahm der Angeklagte schließlich gebrauchte Einsatzstiefel modernerer Bauart von einer ebenfalls in Mali stationierten Oberstabsärztin an sich. Nachdem sich die Stiefel der Oberstabsärztin als zu klein herausgestellt hatten, wandte sich der Angeklagte an Mitarbeiter der Materialverwaltung und erhielt schließlich im Tausch moderne Einsatzstiefel seiner Größe.

Vom Amtsgericht Kempten (Allgäu) ist der Angeklagte wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 4500,00 € (75 Tagessätze zu je 60,00 €) verurteilt worden. Damit war der Stabsfeldwebel nicht einverstanden und hat sich mit der Berufung dagegen gewehrt. Nach den Feststellungen des Landgerichts Kempten standen die Stiefel der Stabsärztin wie auch die eingetauschten Stiefel im Eigentum der Bundeswehr. Dem Angeklagten war nicht nachzuweisen, dass er die Stiefel der Stabsärztin dauerhaft für sich behalten oder außerhalb des Dienstes nutzen wollte. Das Landgericht Kempten ging vielmehr zu seinen Gunsten davon aus, dass er die eingetauschten Stiefel spätestens nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst an die Bundeswehr zurückgeben wollte. Aus diesen Gründen ist der Angeklagte mit Urteil vom 9. Dezember 2019 freigesprochen worden. Hiergegen ist die Staatsanwaltschaft mit der auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision vorgegangen.

Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts wollte sich der Angeklagte die im Eigentum der Bundeswehr stehenden Stiefel nicht dauerhaft zueignen. Sie waren der Oberstabsärztin von der Bundeswehr nur zum vorübergehenden Gebrauch überlassen worden. Der Angeklagte wollte die Stiefel anstelle der Oberstabsärztin ebenfalls nur vorübergehend nutzen oder passende Stiefel zum vorübergehenden Gebrauch eintauschen. 

Weiterhin hat das Bayerische Oberste Landesgericht den Freispruch des Angeklagten bestätigt, soweit ihm mit der Anklage ein Betrug zur Last gelegt wurde. Nach seinen Ausführungen hat sich der Angeklagte durch den Erhalt bequemerer Schuhe keinen Vermögensvorteil verschafft. Denn vorübergehend überlassene Ausrüstungsgegenstände müssen spätestens bei der Abmusterung an die Bundeswehr zurückgegeben werden. Die Nutzung der Stiefel für dienstliche Zwecke führte deswegen auch nicht zu einem Vermögensvorteil bei dem Angeklagten. 

Von dem Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts bleiben etwaige disziplinarische Maßnahmen der Bundeswehr unberührt. 

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 23. Juli 2020 – 207 StRR 230/20

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