Nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum, der sich der Bundesgerichtshof anschließt, bestimmt sich das Verhältnis zwischen dem Bewirken einer falschen Beurkundung (§ 271 Abs. 1 StGB) und dem anschließenden Gebrauch (§ 271 Abs. 2 StGB) der falschen Beurkundung nach denselben Regeln, die für das Verhältnis zwischen dem Herstellen einer unechten Urkunde und dem späteren Gebrauch des Falsifikats im Rahmen der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB gelten1.

Im Rahmen der Urkundenfälschung entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Täter, der eine unechte Urkunde herstellt, um sie zu einer bestimmten Täuschung zu gebrauchen, und sie nachfolgend entsprechend gebraucht, nur eine Straftat der Urkundenfälschung begeht. Maßgebend ist insofern der Täuschungsvorsatz, den der Täter bei der Herstellung der Urkunde hat2. Ausgehend vom Abgrenzungskriterium der Tätervorstellung beim „ersten Akt“ der Tatbestandsverwirklichung lassen sich vier verschiedene Konstellationen unterscheiden:
- Hat der Täter eine oder mehrere unechte Urkunden zu einer ganz bestimmten, schon konkretisierten Täuschung hergestellt und sie entsprechend diesem Tatplan als Täuschungsmittel eingesetzt, liegt eine tatbestandliche Handlungseinheit und damit nur eine Urkundenfälschung vor3.
- Entschließt sich der Täter im gerade genannten Fall später, die Urkunde zu einer weiteren Täuschung zu gebrauchen, liegen zwei tatmehrheitliche Urkundenfälschungen vor4.
- Gleiches gilt, wenn der Täter eine unechte Urkunde zu einem bestimmten Täuschungszweck herstellt, die Urkunde später aber zu einem anderen Täuschungszweck gebraucht5.
- Besitzt der Täter zum Zeitpunkt der Herstellung der Urkunde noch keine bestimmten Vorstellungen über den späteren Gebrauch, sondern plant die spätere Verwendung nur in allgemeinen Umrissen, liegt beim späteren Einsatz der Urkunde ebenfalls Tatmehrheit vor6.
Im Übrigen scheidet eine Verklammerung der verschiedenen Täuschungshandlungen zu einer rechtlichen Einheit – ungeachtet des Umstands, dass zwischen den besonders schweren Fällen des Betrugs und der Urkundenfälschung und der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 StGB keine annähernde Wertgleichheit vorliegt7 – auch schon aus, wenn es an einer tatbestandlichen Handlungseinheit der mittelbaren Falschbeurkundung mangelt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. September 2018 – 2 StR 400/17
- vgl. etwa Zieschang in LKStGB, 12. Aufl., § 271 Rn. 109, 111; Heine/Schuster in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 271 Rn. 37; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 271 Rn. 12, jeweils mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1953 – 1 StR 318/53, BGHSt 5, 291, 293; Beschluss vom 21.05.2015 – 4 StR 164/15, Beck RS 2015, 12689; Beschluss vom 26.10.2016 – 4 StR 354/16, NStZ-RR 2017, 26 f.; Erb in MünchKomm-StGB, 2. Aufl., § 267 Rn. 217; Heine/Schuster in Schönke/Schröder, § 267 Rn. 79 ff.; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 267 Rn. 58, jeweils mwN[↩]
- vgl. insoweit auch BGH, Beschlüsse vom 30.10.2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; vom 21.05.2015 – 4 StR 164/15, BeckRS 2015, 12689; vom 16.06.2015 – 4 StR 279/15, BeckRS 2015, 13754; für den Sonderfall, dass zwischen dem Herstellen und Gebrauchen ein langer Zeitraum liegt, wird teilweise Tatmehrheit angenommen, vgl. KG, Beschluss vom 21.12 2011 – (4) 1 Ss 456/11, StraFo 2012, 375; Heger in Lackner/Kühl, aaO, § 267 Rn. 27[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.12 1989 – 1 StR 629/89, BeckRS 1989, 31099817[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1953 – 1 StR 318/53, BGHSt 5, 291, 293; Urteil vom 13.11.1997 – 1 StR 323/97, NStZ-RR 1998, 269, 270[↩]
- BGH, Urteil vom 23.01.1962 – 1 StR 455/61, BGHSt 17, 97, 99; Zieschang in LKStGB, aaO, § 267 Rn. 287 f. mwN; Erb in MünchKomm-StGB, aaO, § 267 Rn. 218; Wittig in SSWStGB, 3. Aufl., § 267 Rn. 91[↩]
- vgl. dazu Rissingvan Saan in LKStGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff.[↩]
Bildnachweis:
- Petschaft: Wolfgang Claussen | Pixabay-Lizenz