Staatsvertrag für elektronische Fußfessel unterschrieben

Am 29.08.2011 unterzeichneten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg – Vorpommern den Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder (GÜL). Hessen und Bayern haben ihn bereits zuvor unterzeichnet.

Staatsvertrag für elektronische Fußfessel unterschrieben

Ziel des Staatsvertrages ist es, mit Hilfe einer sogenannten elektronischen Fußfessel bei entlassenen Straftätern deren Aufenthaltsort mittels GPS festzustellen. So sollen die eingehenden Ereignismeldungen aus der elektronischen Aufenthaltsüberwachung rund um die Uhr entgegen genommen und bewertet werden. Notwendige Maßnahmen der zuständigen Stellen können so umgehend in die Wege geleitet werden, um auf Gefahrensituationen zu reagieren. Zugleich übernimmt die Überwachungsstelle eine wichtige Filterfunktion, um die Anzahl unnötiger Einsätze der Polizei oder der Bewährungshilfe so gering wie möglich zu halten.

Angesiedelt wird die GÜL in Hessen. Zum 1. Januar 2012 wird sie den Dienst aufnehmen und ihren Sitz in der Gemeinsamen IT-Stelle des Landes Hessen in Bad Vilbel haben. In Hessen hat man schon seit über zehn Jahren Erfahrung mit dem Projekt ‚Elektronische Fußfessel‘, die beim Aufbau der Überwachungsstelle nützlich ist.

Durch die länderübergreifende Zusammenarbeit soll, so die Justizminister bei der Unterzeichnung, auf effiziente Weise möglichst schnell ein flächendeckendes elektronisches Überwachungssystem aufgebaut werden. Die Aufnahme des Echtbetriebs der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle ist für Januar 2012 geplant.

Die Kosten für Überwachung und Personal werden auf die einzelnen Bundesländer umgelegt. Sie sind auf knapp zwei Millionen Euro im Jahr veranschlagt.

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Zur Anwendung gelangt die elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ), nachdem durch ein Gericht sie im Rahmen der Führungsaufsicht angeordnet hat. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Straftäter eine mindestens dreijährige Strafe vollständig verbüßt bzw. die Erledigung einer Maßregel wie der Sicherungsverwahrung eingetreten ist und weiter die Gefahr schwerer Straftaten, insbesondere Gewalt- und Sexualstraftaten besteht.

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist kein Ersatz für den Straf- oder Maßregelvollzug, sondern kommt erst dann zum Einsatz, wenn dieser aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen beendet ist. Ziel ist die Hemmschwelle für die Begehung neuer Straftaten durch die Erhöhung des Entdeckungsrisikos heraufzusetzen und damit die Sicherheit der Bevölkerung im Allgemeinen und bestimmbarer möglicher Opfer im Besonderen zu verbessern.
Erreicht werden soll dies durch eine GPS-gestützte Überwachung.

Hier sind unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten vorgesehen:
1. Eine allgemein vorbeugend wirkende, elektronische Aufenthaltsüberwachung. Sie ist nicht mit aufenthaltsbeschränkenden Weisungen verbunden. Sie hat aber zur Folge, dass bei einem späteren Tatverdacht die Aufenthaltsdaten ausgewertet werden können. Diese sind dann einem DNA- oder Fingerabdruck vergleichbar. Dieser Umstand stärkt die Selbstkontrolle der entlassenen Person.

2. Die zweite Möglichkeit ist speziell vorbeugend. Hier legt das Gericht entweder Einschlusszonen, die der zu Überwachende nicht verlassen darf oder Ausschlusszonen fest, die der zu Überwachende nicht betreten darf. Hierdurch sollen bestimmte Opfer geschützt oder erreicht werden, dass ein gefahrgeneigtes Umfeld nicht betreten werden kann.

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Die elektronische Fußfessel ähnelt auf den ersten Blick einer Armbanduhr. Das Gerät ist wasserdicht und stoßfest. Es wird über einen Akku betrieben, der regelmäßig
aufgeladen werden muss. Der Proband wird über LED-Leuchten und einen Vibrationsalarm im Gerät über Ereignisse, wie z.B. den niedrigen Ladezustand des Akkus informiert.
Beim Anlegen oberhalb des Knöchels und unterhalb der Wade wird das Band verschlossen. Es kann jetzt nicht mehr ohne Zerstörung des Bandes abgenommen werden.

Sollte der Proband z.B. das Band zerstören, läuft (ab Januar 2012) auch ein Alarm in der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Bad Vilbel auf. Die mit der Überwachung befassten Beamten sehen alle Ereignismeldungen des Systems für alle angeschlossenen Probanden. Sobald eine kritische Benachrichtigung erscheint, wird die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder zusätzlich auch automatisch per SMS verständigt. Mit Hilfe von GPS (Global Positioning System) kann der Proband jederzeit geortet werden. Diese Ortung darf aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ständig, sondern lediglich im Alarmfall eingesehen werden. Dann erscheint auf einer Karte ein roter Alarmpunkt. Er zeigt den Standort des Probanden an. Gleichzeitig erscheinen grüne Pfeile, die den Weg des Probanden zum Ort des Alarms nachzeichnen. Sollte er sich vom Alarmort wegbewegen, zeigt das System den weiteren Weg des Probanden auf.

In dieser Ansicht kann also der Aufenthalt eines Probanden zu jedem Zeitpunkt seit Anlegen der Fußfessel nachvollzogen werden. Damit lässt sich im Nachhinein auch nachweisen, wann der Proband sich an welchem Ort aufgehalten hat.

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Es lassen sich Zonen einrichten, die der Proband zu bestimmten Zeiten nicht verlassen oder betreten darf. Wenn er den Weisungen nicht nachkommt, wird ein Alarm ausgelöst. Die Überwachungszentrale kann dann nachverfolgen, dass sich der Proband aus der Verbotszone bewegt. Aufgrund des kurzen Ortungsintervalls ist auch die Richtung, die er einschlägt, festzustellen.

Besteht der Verdacht, der Proband hat an der Befestigung seiner Fußfessel manipuliert, so ist eine Ansprache via Handy nicht mehr angemessen. Nun würde über das Datenblatt des Probanden die zuständige Polizeidienstleitstelle ermittelt. Wenn es sich z.B. um einen Probanden in NRW handelt, würde die in der Gemeinsamen Überwachungsstelle für den Probanden hinterlegte Polizei-Leitstelle verständigt. Diese würde sich auf das System aufschalten und anhand der eingesehenen Bewegungsdaten unmittelbar die nächstgelegene Dienststelle alarmieren.

Im Vergleich mit Frankreich, wo fast 7000 Fußfesseln im Einsatz sind, oder den USA, wo es fast 20 000 sein sollen, ist das hessische Überwachungssystem bislang auf etwa 500 Probanden ausgelegt. Die Zukunft wird zeigen, in wie weit die Justiz das Angebot nutzen wird.