Bereits die elektronische Einreichung der für einen Dritten erstellten unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen bei den Finanzbehörden kann eine Verurteilung wegen täterschaftlich begangener Steuerhinterziehung tragen.

Sofern nicht ein Tatbeteiligter bereits alle Tatbestandsmerkmale in eigener Person verwirklicht, handelt er bei Beteiligung mehrerer täterschaftlich, wenn er seinen eigenen Tatbeitrag dergestalt in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint1.
Angaben im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO macht, wer eine Tatsache gegenüber den bezeichneten Behörden bekundet. Gegenüber den Finanzbehörden dienen dazu in der Regel die nach §§ 149 ff. AO vorgesehenen Erklärungen, die der Steuerpflichtige (§ 33 AO) oder sonst Erklärungspflichtige (§§ 34, 35 AO) auszufüllen und abzugeben hat2. Der Straftatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist kein Sonderdelikt und setzt die Eigenschaft als Steuerpflichtiger nicht voraus. Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) kann daher auch derjenige sein, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen3. Ausreichend ist, dass er durch unrichtige Angaben auf ein steuerliches Verfahren Einfluss nimmt4.
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 1 StGB – „wer die Straftat selbst … begeht“ – ist derjenige, der einen Tatbestand eigenhändig verwirklicht, stets Täter und nicht Gehilfe5. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass wer den Tatbestand mit eigener Hand erfüllt, grundsätzlich selbst dann Täter ist, wenn er es unter dem Einfluss und in Gegenwart eines anderen nur in dessen Interesse tut6.
Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt: Der Angeklagte hatte nicht nur die Daten für die Umsatzsteuervoranmeldungen eigenständig zusammengestellt und war für die Kommunikation mit den Finanzbehörden zuständig, sondern hatte auch die alleinige Tatherrschaft über die elektronische Einreichung der inhaltlich unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen. Ihm sind die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen daher als eigene, für die X. abgegebene, Erklärungen zuzurechnen. Demgegenüber lieferte der Hintermann M. , welcher die deutsche Sprache nicht beherrschte, lediglich inhaltlich unrichtige Unterlagen über den angeblichen Kauf von Kraftfahrzeugen, wobei der Angeklagte die Unterlagen erst noch mit seiner Unterschrift versehen musste, bevor er sie – wiederum in eigener Person – bei den Finanzbehörden einreichte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. September 2017 – 1 StR 198/17
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 07.10.2014 – 1 StR 182/14, Rn. 35, wistra 2015, 188[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 03.08.1995 – 5 StR 63/95, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Angaben 5[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 06.06.2007 – 5 StR 127/07, Rn. 17, BGHSt 51, 356, 359 und Beschluss vom 03.09.1970 – 3 StR 155/69, BGHSt 23, 319, 322 zu § 392 RAO; Jäger in Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 25; jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH aaO, BGHSt 51, 356, 359[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 26.11.1986 – 3 StR 107/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 1; vom 15.09.1988 – 4 StR 352/88, BGHSt 35, 347; vom 19.02.1992 – 2 StR 568/91, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Täter 1; und vom 17.08.1993 – 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3; OLG Stuttgart, Urteil vom 16.09.1977 – 3 Ss (10) 497/77, NJW 1978, 715; Schünemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 25 StGB Rn. 53; Fischer, StGB, 64. Aufl., Vor § 25 Rn. 4a; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 369 Rn. 75; Joecks in MünchKomm-StGB, 3. Aufl., § 25 Rn. 37[↩]
- BGH, Urteile vom 10.01.1956 – 5 StR 529/55, BGHSt 8, 393; vom 22.07.1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 317 mwN; vom 14.10.1992 – 3 StR 311/92, NStZ 1993, 138; vom 25.05.1994 – 3 StR 79/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 34; und vom 12.08.1998 – 3 StR 160/98, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 36[↩]