§ 58 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB III BW ist mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG vereinbar. Ein Strafgefangener kann sich jedenfalls dann nicht auf einen Bestandsschutz in Bezug auf die genehmigte Nutzung eines eigenen Fernsehgerätes berufen, wenn er wegen Entweichens in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt wird, in der der Besitz eines eigenen Fernsehgerätes nicht zulässig ist.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat keine Bedenken, dass § 59 JVollzGB III verfassungsgemäß ist. Die vom Strafgefangenen begehrte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. Der Zweck des Strafvollzugs rechtfertigt es, dem Gefangenen die persönliche Benutzung seiner ihm gehörenden Sachen als Folge seiner Inhaftierung grundsätzlich vorzuenthalten und hierdurch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, der insbesondere die Aufgabe zukommt, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen1, einzuschränken. Von daher begegnet es keinen Bedenken, wenn aufgrund einer gesetzlichen Regelung2 ein Anspruch auf den Besitz und die Nutzung eigener Fernsehgeräte ausgeschlossen wird, wenn die Justizvollzugsanstalt die Ausgabe von Fernsehgeräten einem Dritten – gegen eine Mietgebühr – überträgt. Dies bietet vor allem eine praktikable Möglichkeit eine missbräuchliche Verwendung von Fernsehgeräten auszuschließen und dies mit verhältnismäßigem Aufwand zu kontrollieren3. Angesichts der Zusatzausstattungen, über die Fernsehgeräte mittlerweile regelmäßig verfügen, insbesondere drahtlosem Internetzugang und zahlreichen Schnittstellen, die den Fernseher gleichzeitig zu einem Kommunikationsmedium machen, droht beim Besitz eigener Fernsehgeräte eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr, der – ohne die Übertragung der Ausgabe von Fernsehgeräten auf Dritte nach § 59 Abs. 2 JVollzGB III – nur durch umfangreiche Kontrollen und Vorkehrungen im Einzelfall – etwa die Versiegelung bzw. Verplombung von Schnittstellen4 – begegnet werden kann.
Daneben hat die Ausgabe von Fernsehgeräten gegen eine Mietgebühr auch den Zweck allen Gefangenen, unabhängig davon, ob sie sich ein eigenes Fernsehgerät leisten können, Fernsehempfang zu ermöglichen5 und eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ unter den Gefangenen im Hinblick auf das jeweils im Haftraum befindliche Fernsehgerät zu verhindern.
Da die Justizvollzugsanstalt O. von der in § 59 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB III geregelten Möglichkeit, die Ausgabe von Fernsehgeräten einem Dritten zu übertragen, Gebrauch gemacht hat, kann der Gefangene nicht mehr den Besitz eines eigenen Geräts nach Maßgabe von § 59 Abs. 1 JVollzGB III in Verbindung mit § 58 JVollzGB III verlangen. Er hat lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, ob ihm der Besitz eines eigenen Geräts zu ermöglichen ist. Die eine Beschränkung von Rechten der Gefangenen erlaubende Anwendung des § 59 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB III unterliegt insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit6.
In der Regel ist einem Gefangenen der Besitz eines eigenen Fernsehgeräts nicht zu erlauben, wenn die Justizvollzugsanstalt unter Berufung auf § 59 Abs. 2 JVollzGB III auch anderen Gefangenen den Besitz eigener Geräte nicht gestattet. Insoweit kommt dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gefangenen7 eine das Ermessen der Justizvollzugsanstalt bindende Wirkung zu, so- dass einem Gefangenen dann der Besitz eines eigenen Fernsehgeräts nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ermöglicht werden darf. Ohne Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls bedarf es daher auch keiner weiteren Begründung, wenn die Justizvollzugsanstalt den Besitz eines eigenen Fernsehgeräts ablehnt.
Ein Ausnahmefall, der den Besitz eigener Fernsehgeräte rechtfertigt, ist vorliegend der Verkauf der Fernsehgeräte seitens des Drittanbieters an einzelne Gefangene. Dieser kann auch dann zum weiteren Besitz berechtigen, wenn die Justizvollzugsanstalt die Ausgabe der Fernsehgeräte auf einen neuen Anbieter überträgt. Dass deswegen Gefangene in der Justizvollzugsanstalt O. ausnahmsweise über eigene Fernsehgeräte verfügen, führt aber nicht zu der vom Strafgefangenen gerügten Ungleichbehandlung der übrigen Gefangenen.
Aufgrund von § 59 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB III hat ein Gefangener auch dann keinen Anspruch auf den Besitz eines eigenen Fernsehgeräts, wenn dieser ihm in einer anderen Justizvollzugsanstalt nach § 59 Abs. 1 JVollzGB III genehmigt wurde und er im Folgenden in eine Justizvollzugsanstalt verlegt wird, die von der Regelung des § 59 Abs. 2 JVollzGB III Gebrauch gemacht hat. Angesichts der gesetzlichen Regelung in § 59 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB III, die einen Anspruch nach § 59 Abs. 1 JVollzGB III ausschließt, kann der Gefangene nicht darauf vertrauen, dass er das Fernsehgerät, dessen Besitz ihm genehmigt wurde, auch in Justizvollzugsanstalten nutzen darf, welche die Ausgabe von Fernsehgeräten gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB III einem Dritten übertragen haben. Die dem Gefangenen gewährte Besitz- und Nutzungserlaubnis kann sich grundsätzlich nur auf solche Vollzugsanstalten beziehen, welche die Ausgabe von Fernsehgeräten nicht gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB III übertragen haben. Es kommt somit vorliegend – im Gegensatz zu anderen Gegenständen der Freizeitbeschäftigung8 – nicht darauf an, ob die Erlaubnis der Nutzung des Fernsehgeräts auf die Justizvollzugsanstalt U. beschränkt worden ist, was im Übrigen eindeutig und ausdrücklich zu geschehen hätte und sich nicht im Hinweis darauf beschränken darf, dass eine Genehmigung bei einer Verlegung erlöschen kann.
Der Gefangene hat bei einer Verlegung folglich auch nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, ob ihm – ausnahmsweise – die weitere Nutzung des eigenen Fernsehgeräts zu ermöglichen ist. Dies könnte vor dem Hintergrund des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebots des Bestandsschutzes in Betracht zu ziehen sein, wenn der Gefangene die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt, die von der Regelung des § 59 Abs. 2 JVollzGB III Gebrauch gemacht hat, nicht zu vertreten hat, etwa weil diese aus vollzugsorganisatorischen Gründen erfolgt. Beim Beschwerdeführer liegt ein solcher Fall allerdings vor. Er hat durch sein Entweichen aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt U. selbst die Ursache für seine Verlegung gesetzt, mithin diese verschuldet. Er musste aufgrund seines Entweichens aus dem offenen Vollzug und dem damit verbundenen Missbrauch des ihm entgegengebrachten Vertrauens damit rechnen, dass der weitere Vollzug der Strafhaft in einer geschlossenen Vollzugsanstalt mit deutlich höherem Sicherheitsgrad erfolgen wird, sodass – auch aufgrund der unterschiedlichen Vollzugsarten – sein Vertrauen auf einen Fortbestand seines Besitzrechts am Fernsehgerät nicht mehr schutzwürdig ist9. Infolgedessen kann er kann unter keinen Umständen mehr auf den Fortbestand seiner ihm in der Justizvollzugsanstalt U. gewährten Rechtsposition, dem Besitz und der Nutzung eines eigenen Fernsehgeräts, auch in der nunmehr für ihn zuständigen Justizvollzugsanstalt O. vertrauen. Auf die Möglichkeit des Erlöschens der Nutzungsgenehmigung im Falle einer Verlegung war er zudem ausdrücklich hingewiesen worden, so dass ihm dieses Risiko bewusst war, als er sich dem weiteren Vollzug der Strafhaft entzogen hatte. Von daher kam eine andere Entscheidung der Antragsgegnerin als die Versagung der Genehmigung des weiteren Besitzes des Fernsehgeräts nicht in Betracht.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 7. Oktober 2015 – 2 Ws 328 – 329/15; 2 Ws 328/15; 2 Ws 329/15
- vgl. BVerfG, NVwZ 2014, 211 m.w.N.[↩]
- zur Notwendigkeit einer solchen Rechtsgrundlage vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 27.06.2007, 2 Ws 38/07; OLG Naumburg, Beschluss vom 20.07.2011, 1 Ws 70/11[↩]
- vgl. Beck-OK/Spieth, JVollzGB III, § 59, Rn. 5; LNNV/Laubenthal, StVollzG, 12. Aufl.2015, Abschnitt G, Rn.19[↩]
- vgl. OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2006, 155; OLG Naumburg, Beschluss vom 20.07.2011, 1 Ws 70/11[↩]
- vgl. Beck-OK/Spieth, JVollzGB III, § 59, Rn. 2[↩]
- vgl. BVerfG, NJW 2003, 2447[↩]
- vgl. BVerfG, NJW 2003, 2447; OLG Naumburg, Beschluss vom 20.07.2011, 1 Ws 70/11[↩]
- vgl. Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.04.1990, 2 Ws 40/90, NStZ 1990, 408[↩]
- vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14.02.2013, III-1 Vollz (Ws) 2/13[↩]